Stephan Knösel — Panic Hotel: Letzte Zuflucht

Kasimira24.Juli 2021

Panic Hotel: Letz­te Zuflucht” ist der fünf­te Roman des deut­schen Autoren Ste­phan Knö­sel, der erst­mals nicht in sei­ner Hei­mat­stadt Mün­chen spielt, son­dern in Frank­furt am Main. Im Jah­re 2032 ist ein welt­wei­ter ato­ma­rer Krieg aus­ge­bro­chen, der weni­ge rei­che Men­schen in Luxus­bun­ker flüch­ten lässt. Mit­ten im Gesche­hen ein Jun­ge und ein Mäd­chen, deren Lie­be sich zu einem denk­bar ungüns­ti­gen Zeit­punkt ent­wi­ckelt. Ein Kam­mer­spiel. Bewe­gend und unter­halt­sam. Mit klei­nen erzäh­le­ri­schen Schwä­chen. Jetzt neu als Taschen­buch erschie­nen. Für Jungs und Mäd­chen ab 14 Jah­ren glei­cher­ma­ßen gut geeig­net. Und für inter­es­sier­te Erwachsene.

Durch Kli­ma­wan­del, Dür­re­pe­ri­oden, einen unauf­halt­sa­mem Flücht­lings­strom, der sich vom Süden her nach oben dräng­te, ist es gesche­hen: ein eigent­lich nur von der west­li­chen Alli­anz abge­ge­be­ner Warn­schuss mit Mit­tel­stre­cken­ra­ke­ten den Flücht­lin­gen gegen­über wur­de vom Iran fehl­in­ter­pre­tiert und lös­te einen Gegen­an­griff aus. “So stieß ein Domi­no­stein den nächs­ten um: Der Gegen­an­griff des Iran muss­te ver­gol­ten wer­den — was wie­der­um Russ­land als Ver­bün­de­ten Irans in Zug­zwang brach­te. Danach gab es kein Zurück mehr.” (Zitat aus “Panic Hotel: Letz­te Flucht” S.14) Ein ato­ma­rer Welt­krieg mit unge­ahn­ten Fol­gen. Ein Kampf ums Über­le­ben ent­bricht. Doch es gibt Hoff­nung. Zumin­dest für die KasimiraRei­chen der Rei­chen. Denn im Vor­feld wur­de in Frank­furt am Main ein Bun­ker gebaut: “Hotel war nicht der offi­zi­el­le Name des Bun­kers. Er hat­te kei­nen Namen. Aber der Bun­ker war hin­ter dem Le Grand in den Berg gebaut wor­den und ähnel­te sel­ber einem Hotel. Das war Absicht. Die zukünf­ti­gen Bewoh­ner — wie die Theis­sens — gehör­ten zu den reichs­ten Men­schen Deutsch­lands. Weil die­se Men­schen den Bun­ker finan­ziert hat­ten, nann­te man sie die Grün­der. Der Auf­ent­halt kos­te­te pro Per­son eine zwei­stel­li­ge Mil­lio­nen­sum­me.” (Zitat S.10) Für die­sen Preis erhielt man eine min­des­tens 30-jäh­ri­ge Wohl­fühl­ga­ran­tie. Genoss das Leben wie in einem Luxus­re­sort. Auch die Fami­lie Theis­sen, für die die 16-jäh­ri­ge Jan­ja als Bediens­te­te arbei­tet, hat dort selbst­ver­ständ­lich einen Platz: Herr und Frau Theis­sen und ihre 17-jäh­ri­ge Toch­ter Vanes­sa. Und Jan­jas Mut­ter, die in der Vil­la der Theis­sens mit dem rest­li­chen Per­so­nal zurück­bleibt, hat dafür gesorgt, dass auch Jan­ja in dem Luxus­bun­ker unter­kommt: “Sie hat­te ihren Platz im Bun­ker Jan­ja über­las­sen. Wie sie die Theis­sens dazu gebracht hat­te, zuzu­stim­men, war Jan­ja ein Rät­sel. Sie hat­te sie wie­der­holt gefragt, und ihre Mut­ter hat­te nie dar­auf geant­wor­tet — und das, ohne ihrem for­schen­den Blick dabei aus­zu­wei­chen.” (Zitat S.12ff) Doch kurz vor dem Lock­down ist Vanes­sa nicht zu fin­den. Ein KasimiraAnge­stell­ter des Wach­diens­tes — der 20-jäh­ri­ge Gabri­el, ein aus­ge­bil­de­ter Sol­dat — bie­tet der Fami­lie Theis­sen an, ihre Toch­ter zu fin­den. Die Eltern stim­men zu, nichts ahnend, dass es aus­ge­rech­net Gabri­el ist, mit dem Vanes­sa seit eini­ger Zeit — seit sie ihn auf einer Füh­rung durch den Bun­ker ken­nen­ge­lernt hat — zusam­men ist. Doch bei sei­nem Ver­such Vanes­sa zu ret­ten und auch noch sei­nen jün­ge­ren Bru­der Wes­ley ille­gal in den Bun­ker zu schleu­sen, stirbt Gabri­el und Wes­ley nimmt Gabri­els Platz ein. Und dort tref­fen Jan­ja und Wes­ley schließ­lich auf­ein­an­der. Wes­ley stellt sich ver­se­hent­lich mit sei­nem ech­ten Namen vor. Jan­ja erkennt den Namen auf sei­ner Uni­form: “G. Mey­er” und weiß, dass er nicht der ist, der er vor­gibt zu sein. Wird sie ihn ver­ra­ten? Das muss Wes­ley auf jeden Fall verhindern…

Das Cover ist in leuch­ten­der Signal­far­be gestal­tet, dazu das abge­wan­del­te Atom­kraft-Sym­bol in Ver­bin­dung mit einer für Frie­den ste­hen­den Tau­be — pas­send gemacht. Der Roman ist durch­gän­gig in per­so­na­ler Erzähl­per­spek­ti­ve geschrie­ben, meist abwech­selnd sowohl aus Jan­jas als auch aus Wes­leys Sicht. Von Anfang an befin­det man sich bereits mit­ten im Gesche­hen: “Es war wie ein Alb­traum — doch es pas­sier­te wirk­lich, selbst weKasimirann es immer noch unvor­stell­bar war. Der Krieg hat­te Euro­pa erreicht. Wie ein gigan­ti­scher Wald­brand hat­te er sich vom Nahen Osten aus von Land zu Land gefres­sen und die Welt­mee­re über­sprun­gen — alles inner­halb weni­ger Stun­den.” (Zitat S.9) Ein­drucks­voll schreibt der Autor die sich zuspit­zen­de Situa­ti­on, die all­mäh­lich ent­ste­hen­de Panik der Men­schen und die Ret­tung in den Bun­ker. Die­ser selbst ist auch äußerst beein­dru­ckend: Es gibt einen inne­ren und einen äuße­ren Bereich. Der Kern: Das Luxus­ho­tel. Bediens­te­te dür­fen nur umständ­li­che Umwe­ge außen her­um neh­men, um die Rei­chen nicht zu stö­ren, die dar­in aller­lei Annehm­lich­kei­ten wie Well­ness, Unter­hal­tung in einem Medi­en­be­reich und ver­schie­de­ne Restau­rants genie­ßen kön­nen. Im Bun­ker gibt es sogar eine Hüh­ner­farm, ein Forel­len­be­cken, rie­si­ge Was­ser­tanks, die bewacht wer­den und ein mehr­stö­cki­ges Kran­ken­haus — alles auf ins­ge­samt 30 Eta­gen. Für Jan­ja heißt das eine Men­ge Arbeit: “Zwölf Stun­den­schich­ten plus vier Stun­den Bereit­schaft am Tag.” (Zitat S.64) Aber sie soll froh sein, über­haupt über­lebt zu haben. Drau­ßen — so hört man Gerüch­te — ist alles in Schutt und Asche gelegt wor­den. Mitt­ler­wei­le gibt es kei­ne Ver­bin­dung mehr zur Außen­welt. Das in so einem abge­schlos­se­nen Raum und mit Men­schen, die eng auf­ein­an­der hocken, viel pas­sie­ren kann, wird schnell klar: “Die­ser Bun­ker hat­te von der KasimiraBewoh­ner­an­zahl her die Grö­ße eines Dorfs. Aber es gab kei­ne poli­ti­schen Struk­tur, noch nicht. Es gab kei­nen Bür­ger­meis­ter oder Gemein­de­rat, auch kein Rechts­sys­tem. All die­se Über­le­gun­gen hat­te man auf den Ernst­fall ver­scho­ben, der jetzt ein­ge­tre­ten war.” (Zitat S.65) Die Span­nung könn­te manch­mal noch ein klei­nes biss­chen mehr sein. Erzäh­le­risch gab es so ein paar Klei­nig­kei­ten, die mich gestört haben: Ein­mal wird etwas unnö­tig wie­der­holt: “Wes­ley muss­te an Gabri­el den­ken. Dann kam ihm Jan­ja in den Sinn. War­um hat­te sie ihm gehol­fen mit die­sem Ham­lin?” (Zitat S.101ff) und eine Sei­te spä­ter wie­der: “War­um hat­te die­se Jan­ja ihm gegen Ham­lin gehol­fen, frag­te Wes­ley sich jetzt.” (Zitat S.103) Auch bei Jan­jas Ent­wick­lung wird an einer Stel­le eine span­nen­de Andeu­tung gemacht, hin­sicht­lich der Grün­de, war­um aus­ge­rech­net sie einen Platz im Bun­ker bekom­men hat, aber dann nichts mehr groß dazu auf­ge­klärt. Manch­mal gibt es auch unpas­sen­de Sprün­ge im Text. Da sind Jan­ja und Wes­ley gera­de zusam­men und schon will er sich von ihr tren­nen. Spä­ter wer­den dann sämt­li­che Grün­de auf­ge­zählt, die dage­gen­spre­chen, dass sie zusam­men sein kön­nen und schwups — schon sind sie wie­der zusam­men, ohne das dar­auf wei­ter ein­ge­gan­gen wird. Den­noch ist die Geschich­te an sich unter­halt­sam zu lesen, ist so eine Mischung aus End­zeit­ro­man, Lie­bes­ge­schich­te und am Ende kommt sogar noch ein klei­ner Kri­mi­nal­fall dazu.

DirLesealternativen gefällt Ste­phan Knö­sels Erzähl­stil? Dann lies noch sei­ne ande­ren Bücher: “Ech­te Cow­boys”Jack­pot”, “Das abso­lut schöns­te Mäd­chen der Welt und ich” und “Mas­ter of Dis­as­ter: Cha­os ist mein zwei­ter Name”. Du magst noch mehr Roma­ne lesen, die in einem Bun­ker spie­len? Dann greif unbe­dingt zu “Über uns Stil­le” von Best­sel­ler­au­tor Mor­ton Rhue, dem span­nen­den “Über­le­ben” von S.A.Bodeen, dem hef­ti­gen “Bun­ker Dia­ry” von Kevin Brooks. Hin­sicht­lich des Kampfs ums Über­le­ben könn­te ich mir auch sehr gut die “God­sped”-Rei­he von Beth Revis, “Dry” von Neal & Jar­rod Shus­ter­man oder “New Earth Pro­ject: Töd­li­che Hoff­nung” von David Moi­tet vor­stel­len. Ein Bun­ker spielt auch eine klei­ne­re Rol­le in “Sein Reich” von Mar­tin Schäuble.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: Beltz & Gelberg
ISBN: 978-3-407-81270-4
Erscheinungsdatum: 21.Juli 2021
Einbandart: Taschenbuch
Preis: 9,90€
Seitenzahl: 360
Übersetzer: -
Originaltitel: -
Originalverlag: -
Originalcover: -

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Kasimiras Bewertung:

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(3,5 von 5 mög­li­chen Punkten)

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