“Gameshow: Der Preis der Gier” ist das Debüt der deutschen Autorin Franzi Kopka. Ein dystopischer Roman, der in eine Welt in der Zukunft entführt, in welcher Wettspiele hoch im Kurs stehen und Klassenunterschiede durch hohen Einsatz überwunden werden können. Verliert man, kann man jedoch auch ganz tief fallen und selbst zur Spielfigur in einer Arena werden und mit dem eigenen Leben bezahlen. Die “Casino-Version” von “Tribute von Panem” — ein vielversprechender Auftakt einer zweiteiligen Reihe. Eine Geschichte über menschliche Gier. Ein äußerst faszinierendes, einfallsreiches Setting mit jeder Menge Spannung! Für taffe Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.
New London. Im Jahr 2126. Hier lebt die 17-jährige Cass mit ihrem Vater in der relativ luxoriösen Platin-Zone. Die Menschen sind in unterschiedliche Klassen eingeteilt, je nachdem wie viele Coins sie besitzen, beziehungsweise sich durch Wetten erspielt haben. Das höchste Ziel: die weiße Zone. Dorthin hat es jetzt auch endlich Cass’ beste Freundin Eliza mit ihrer Familie geschafft, von der sie sich bald verabschieden muss. “Ich weiß, dass ich mich freuen sollte. Elizas Eltern haben geschafft, wonach wir alle streben. Sie haben genug Coins erspielt, um sich ein Ticket für die weiße Zone kaufen zu können. In einer Woche wird Eliza das Leben als Gamblerin hinter sich lassen, alle blutigen Wetten, aber auch mich.” (Zitat S.14) Das neu erschaffene London lebt vom Wettgeschäft. Sein erspieltes Vermögen trägt man direkt aufeinem Chip in seiner Hand, bezahlt auch damit. Cass, die eine Pflichtwette absolvieren muss, aber eher auf nicht blutige Spiele setzt, wie Tanzturniere, Golf- oder Schwimmwettbewerbe, ist kein Freund der Wettspiele, vor allem nicht von dem der einmal jährlich stattfinden Gameshow. “Es läuft der brandneue Werbetrailer für die 84. Gameshow, eingeleitet vom Countdown. Noch acht Tage, bis wieder eine Saison der Grausamkeiten zu Ende geht. Zum Glück kann niemand meine Gedanken lesen. Für das Wort Grausamkeiten würde man mich nicht nur aus dem Laden werfen, man würde mich direkt zu einem Mnestika bringen, um mein Implantat checken zu lassen.” (Zitat S.17) Cass’ Vater behauptet, wer die Spiele nicht liebt, der muss einen technischen Defekt haben. Denn alle lieben das Wetten. Und die größten Gewinne kann man nun mal bei der Gameshow einsacken. Einer Show, bei der Menschen in einer Arena bei Spielen kämpfen, bei denen sie auch ihr Leben verlieren können. “Aber Horace Scott [der Gründungsvater] hat uns etwas gegeben, für das es wieder zu leben lohnt, etwas, nach dem wir alle streben können. Denn egal, in welcher Zone sie aktuell wohnen bei der 84.Gameshow haben Sie alle die Chance aufzusteigen. Mit nur einer Wette können Sie nicht nur Ihr Leben verbessern, sonder das Ihrer ganzen Familie!” (Zitat S.20) So zerrt Cass’ Vater das Mädchen auf das Pre-Dinner, zu dem er eingeladen wurde, setzt alles auf einen Spieler, von dem er meint, dass dieser die grausamen Spiele überleben wird — und verliert sein ganzes Guthaben! Doch gerade als die Wachen ihn abführen und in die niedrigste rote Zone schleppen wollen, greif er nach Cass’ Arm und stiehlt ihre Coins. “Entsetzt sehe ich auf meine Rechte, die Dad gerade loslässt. Mein Chip verfärbt sich blutrot. Darin die große Null. “Es… Es tut mir so leid, Spätzchen, so leid.” Sofort lassen die Wachen von ihm ab, um sich auf mich zu stürzen. “So leid”, wiederholt er immer wieder. Mein Vater, der kein Stück besser ist als die Lower, die ihren Kindern am zwölften Geburtstag das Startguthaben stehlen. Ihren Kindern, die nie einen Chip bekommen und sofort in die rote Zone gebracht werden.” (Zitat S.69) Jetzt ist es Cass, die in die rote Zone abgeschoben wird. Sie wird nun nicht mehr wetten können, welcher der Spieler gewinnen wird, sondern wird gezwungenermaßen selbst zur Spielerin. Ein Kampf um Leben und Tod beginnt…
Das Cover von “Gameshow: Der Preis der Gier” macht ordentlich was her und ist ebenso wie der Titel sehr gut gelungen. Der dystopische Roman entführt in ein Leben nach dem 4.Weltkrieg, in dem ein neues London aufgebaut wurde. Das Setting mit den unterschiedlichen Klassengesellschaften und Zonen ist äußerst faszinierend. “Direkt an Purpur schließt Platin an, hier leben Dad und ich, seitdem Mum ausgestiegen ist. Die Häuser haben weniger außgewöhliche Formen und sind ein paar Stockwerke niedriger. Doch auch bei uns gibt es noch ein paar grüne Flecken, die erst in der goldenen Zone ganz verschwinden. Bevor uns die Kamera Silber, Bronze oder gar den großen Zaun zeigt, der uns Gambler von den Gamern trennt” (Zitat S.19ff) Bis man die drei verschiedenen Klassen von Gamern, Gamblern und Neutrals einordnen kann und auch den Zusammenhang mit den unterschiedlichen Zonen versteht, braucht es ein bisschen, die Informationen werden eher beiläufig in die Geschichte eingestreut, aber man versteht eigentlich alles recht gut. Cool fand ich auch die Idee mit dem Chip, den die Menschen in ihrer Hand tragen: “Unter seiner Haut zeichnen sich in einem Platinschimmer die Ziffern ab, siebenstellig, was er allein Mum zu verdanken hat. Und trotzdem müsste er seine Coins verdoppeln, um zu den Purpurnen zu kommen. Vervierfachen, um uns aus dem Leben als Gambler zu befreien.” (Zitat S.33) Außerdem hat jeder noch ein Implantat im Kopf, bei welchem die Erinnerungen manipuliert werden können, wenn man in die rote Zone absteigt, um Rebellion zu unterdrücken und die Person ihr altes Leben vergessen zu lassen. Der Prolog zu Beginn, den man zunächst gar nicht einordnen kann, wirkt ziemlich geheimnisvoll. Dann startet der Hauptteil, welcher durchgehend aus Sicht der sympathischen, taffen Protagonistin Cass in der Ich-Perspektive erzählt wird. Die Idee mit dem Wetten ist höchst interessant und die Abgründe menschlicher Gier werden erlebbar umgesetzt, wie zum Beispiel bei Cass’ Vater: “Als ich Dad in die Augen sehe, zucke ich zusammen. Früher sah das Blau meinem Saphirblau sehr ähnlich. Jetzt ist es überschattet von Gier, aber das ist es nicht, was mir Angst macht. Es ist die Bereitschaft, uns beide in den Abgrund zu stürzen.” (Zitat S.33ff) Ein Vater, der seine eigene Tochter bestiehlt, um zu gewinnen. “Hat er mich deshalb zur Gameshow mitgenommen? War ich nur seine Versicherung?” (Zitat S.70) Während Cass zunächst noch auf der anderen Seite des Wettbewerbs steht und nur Wetten abschließt, wird sie schließlich unfreiwillig selbst zur Spielerin. Muss sich in einem Labyrinth beweisen, das mit tödlichen Fallen gespickt ist. Natürlich lässt “Gameshow: Der Preis der Gier” an dieser Stelle an die “Tribute von Panem” denken, allerdings sind es zunächst eher kürzere Episoden/Spiele, die die Gamer durchleben müssen, auch wenn diese nicht weniger tödlich sind, da sie auch von ihren Mitspielern getötet werden können. Erst gegen Ende des Buches landet Cass dann wirklich in einer Arena, in der sie mehrere Tage überleben muss und die mit allerlei Fallen/Hilfsgegenständen gespickt ist. Etwas brutal wird es dadurch schon auch mal ab und zu. “Sie hat sich absichtlich fallen lassen. Reflexartig halte ich den Atem an. Wenn sie Jax tödlich trifft, kriegt sie 100 Extrapunkte für den Kill, doch er gibt nicht auf. Er wirft sich mit aller Kraft zur Seite, so dass ihre Klinge im Nichts landet, dann zückt er selbst ein Messer und treibt es der Fremden direkt in den Bauch.” (Zitat S.23) Und selbstverständlich gibt es auch einen Love Interest, auch wenn dieser anfangs noch recht spärlich präsentiert wird und auch später eher etwas blass wirkt. Von der Spannung her hätte es manchmal noch etwas mehr sein dürfen, es gibt zwar schon einige actionreiche Szenen, aber auch immer wieder ruhigere Momente. Das Ende ist schön dramatisch und endet mit einem fiesen Cliffhänger, der neugierig auf Band 2 macht.
Dir gefällt “Gameshow: Der Preis der Gier”? Dann freu dich auf die Fortsetzung, die im Herbst 2023 erscheinen wird. Der Titel steht bisher leider noch nicht fest. Inhaltliche Alternativen zu “Gameshow: Der Preis der Gier” wären auf jeden Fall die “Tribute von Panem”-Reihe von Suzanne Collins, die “Labyrinth”-Reihe von Rainer Wekwerth, die “Auslese”-Reihe von Joelle Charbonneau. Gut könnte ich mir auch “Marthas Widerstand” von Kerry Drewery, “Rotes Licht, grünes Licht: Wie weit würdest du gehen?” von Lou Allori und die “Prison Healer”-Reihe von Lynette Noni vorstellen.
Bibliografische Angaben: Verlag: Fischer Sauerländer ISBN: 978-3-7373-5947-4 Erscheinungsdatum: 29.März 2023 Einbandart: Hardcover Preis: 18,00€ Seitenzahl: 432 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: -
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