Die ameÂriÂkaÂniÂsche Autorin LinÂda Sue Park hat mit âDer lanÂge Weg zum WasÂserâ einen Roman geschrieÂben, der auf einer wahÂren GeschichÂte beruht. EinÂfĂŒhlÂsam und sehr ergreiÂfend erzĂ€hlt sie die GeschichÂte zweiÂer MenÂschen, die zu unterÂschiedÂliÂchen ZeiÂten im sĂŒdÂliÂchen Sudan ums ĂberÂleÂben kĂ€mpÂfen. Ein Buch ĂŒber die GrundÂbeÂdĂŒrfÂnisÂse des MenÂschen, ĂŒber Flucht, HoffÂnungsÂloÂsigÂkeit, ĂngsÂte, Nöte und SorÂgen. Und ĂŒber die SehnÂsucht nach einem besÂseÂren Leben. Ein lesensÂwerÂtes Buch! FĂŒr JugendÂliÂche ab 12 JahÂren und Erwachsene.
AfriÂka. SĂŒdÂliÂcher Sudan. 1985. Der 11-jĂ€hÂriÂge SalÂva sitzt geraÂde im SchulÂunÂterÂricht, als die SchĂŒsÂse ertöÂnen. âDie meisÂten MenÂschen, die im NorÂden lebÂten, waren MosÂlems, und die RegieÂrung wollÂte, dass der gesamÂte Sudan zu einem musÂliÂmiÂschen Land wurÂde â zu einem Land, in dem die Regeln des Islam befolgt wĂŒrÂden. Aber die MenÂschen im SĂŒden hatÂte andeÂre ReliÂgioÂnen und wollÂten nicht gezwunÂgen werÂden, sich zum Islam zu bekenÂnen. Sie beganÂnen damit, um die UnabÂhĂ€nÂgigÂkeit vom NorÂden zu kĂ€mpÂfen. Die KĂ€mpÂfe fanÂden ĂŒberÂall im sĂŒdÂliÂchen Sudan statt, und nun war er Krieg auch dort angeÂkomÂmen, wo SalÂva lebÂte.â (Zitat aus âDer lanÂge Weg zum WasÂserâ S.12) Der LehÂrer ruft den SchĂŒÂlern zu, dass sie keiÂnesÂwegs in ihre DörÂfer zurĂŒck, sonÂdern in den Busch hinÂeinÂlauÂfen solÂlen. Weg von seiÂner FamiÂlie? Das gefĂ€llt SalÂva gar nicht, doch es ist die einÂziÂge MögÂlichÂkeit sich vor den AngrifÂfen zu retÂten. Die DörÂfer sind die ersÂten SchauÂplĂ€tÂze des KrieÂges. Doch die groÂĂe GrupÂpe von flĂŒchÂtenÂden MenÂschen wird im Busch von den RebelÂlen aufÂgeÂgrifÂfen. Die MĂ€nÂner mĂŒsÂsen sich dem WiderÂstand anschlieÂĂen und werÂden gezwunÂgen zu kĂ€mpÂfen, die FrauÂen und KinÂder werÂden in dem Lager zurĂŒckÂgeÂlasÂsen und wanÂdern weiÂter. SalÂva ist in letzÂteÂrer GrupÂpe. Doch als die Nacht, die sie in einer ScheuÂne verÂbrinÂgen, vorÂĂŒber ist, stellt er fest, dass er allein ist und die andeÂren ihn einÂfach nicht mitÂgeÂnomÂmen haben. Wer will sich schon um ein Kind kĂŒmÂmern, das HunÂger und Durst haben könnÂte? SalÂva ist froh sich einer Ă€lteÂren Frau anzuÂschlieÂĂen und bald darÂauf in einer gröÂĂeÂren GrupÂpe FlĂŒchÂtenÂder aufÂgeÂnomÂmen zu werÂden. Doch wird er seiÂne FamiÂlie jemals wieÂderÂseÂhen? Wird er â der nun ein FlĂŒchtÂling ist â irgendÂwo jemals ankomÂmen und ZuhauÂse sein könÂnen? Vor allem â wird er ĂŒberleben?
AfriÂka. SĂŒdÂliÂcher Sudan. 2008. Der Krieg ist vorÂbei. Doch die LebensÂsiÂtuaÂtiÂon hat sich fĂŒr die MenÂschen nicht wirkÂlich verÂbesÂsert. Das muss die 11-jĂ€hÂriÂge Nya am eigeÂnen Leib, Tag fĂŒr Tag, mitÂerÂleÂben. Es ist vor allem das WasÂser, das ihre Lage so erschwert. Den ganÂzen Tag ist das junÂge MĂ€dÂchen unterÂwegs. Sie lĂ€uft zu einem weit entÂfernt lieÂgenÂden TĂŒmÂpel, um einen KanisÂter mit WasÂser zu fĂŒlÂlen. Ein KanisÂter, der nicht ausÂreicht. âNachÂdem sie geraÂde lanÂge genug zu HauÂse geweÂsen war, um etwas zu essen, wĂŒrÂde Nya nun ihren zweiÂten Gang zur WasÂserÂstelÂle unterÂnehÂmen. Zum TĂŒmÂpel und wieÂder zurĂŒck â zum TĂŒmÂpel und wieÂder zurĂŒck; insÂgeÂsamt war sie fast den ganÂzen Tag auf den BeiÂnen. Es war Nyas fesÂter Ablauf, sieÂben MonaÂte im Jahr. An jedem einÂzelÂnen Tag.â (Zitat S.26/ 27) In den restÂliÂchen fĂŒnf MonaÂten des JahÂres â in der TroÂckenÂzeit â muss Nyas FamiÂlie das Dorf verÂlasÂsen um sich in der NĂ€he einer gröÂĂeÂren WasÂserÂstelÂle nieÂderÂzuÂlasÂsen, die noch nicht verÂsiegt ist, so wie der TĂŒmÂpel. Aber auch an dieÂser StelÂle ist es schwer, WasÂser zu bekomÂmen. âDer Lehm wurÂde feuchÂter, je weiÂter sie grub, bis schlieĂÂlich WasÂser auf den Boden des Lochs drang. Das WasÂser, das das Loch nun fĂŒllÂte, war schmutÂzig, auch eher matÂschig als flĂŒsÂsig. Und es sickerÂte so langÂsam ein, dass es lanÂge dauÂerÂte, auch nur einiÂge weniÂge KaleÂbasÂsen abzuÂschöpÂfen. Also kauÂerÂte sich Nya neben dem Loch zusamÂmen und warÂteÂte. WarÂteÂte auf WasÂser. MehÂreÂre StunÂden lang. Jeden Tag, fĂŒnf MonaÂte hinÂdurchâŠâ (Zitat S.32) Und dann wird Nyas kleiÂne SchwesÂter plötzÂlich schwer krank. Es kommt vom WasÂser, sagen die ĂrzteâŠ
âDer lanÂge Weg zum WasÂserâ wird aus zwei sich abwechÂselnÂden PerÂspekÂtiÂven erzĂ€hlt, die sich mit einem unterÂschiedÂliÂchen SchriftÂbild vonÂeinÂanÂder abgrenÂzen. Die ErzĂ€hlÂrolÂle nimmt ein allÂwisÂsenÂder ErzĂ€hÂler ein, der in einem kĂŒrÂzeÂren Abschnitt von Nya und einem ausÂfĂŒhrÂliÂcheÂrem von SalÂva berichÂtet. Zudem werÂden die einÂzelÂnen TexÂte mit einer Orts- und ZeitÂanÂgaÂbe verÂseÂhen, was fĂŒr ĂberÂsichtÂlichÂkeit sorgt. Die SpraÂche ist einÂfach und klar. Den tĂ€gÂliÂchen Kampf ums ĂberÂleÂben mit zu verÂfolÂgen, liest sich sehr beweÂgend. Die GeschichÂte lĂ€sst nachÂdenkÂlich werÂden. Wie selbstÂverÂstĂ€ndÂlich ist es fĂŒr uns heutÂzuÂtaÂge geworÂden zum WasÂserÂhahn zu gehen und mit einer BeweÂgung flieÂĂenÂdes WasÂser zu erhalÂten? Ohne dafĂŒr stunÂdenÂlang zu einem TĂŒmÂpel gehen zu mĂŒsÂsen? Selbst Nyas kleiÂne SchwesÂter soll schon zur WasÂserÂstelÂle gehen: âNimm AkeÂer mit dirâ, sagÂte sie [die MutÂter] und deuÂteÂte mit einem Nicken auf Nayas SchwesÂter. Nya warf ihrer jĂŒnÂgeÂren SchwesÂter einen Blick zu, behielt aber fĂŒr sich, was sie dachÂte: AkeÂer, die geraÂde einÂmal fĂŒnf JahÂre alt war, war zu klein und sie ging auch zu langÂsam. âSie muss es lerÂnenâ, sagÂte ihre MutÂter.â (Zitat S.26) Als AkeÂer krank wird und die ĂrzÂtin ihnen rĂ€t, das WasÂser in Zukunft abzuÂkoÂchen und bis 200 zu zĂ€hÂlen, ehe sie es trinÂken, wird einem noch mehr bewusst, in welÂcher unmögÂliÂchen SituaÂtiÂon die FamiÂlie und vieÂle andeÂre MenÂschen steÂcken: wĂŒrÂden sie das weniÂge WasÂser, an das sie wĂ€hÂrend der TroÂckenÂzeit gelanÂgen, auch noch abkoÂchen, wĂ€re die gerinÂge MenÂge bereits verÂdampft, ehe sie die 200 ĂŒberÂhaupt erreicht hĂ€ttenâŠ
Auch SalÂvas Lage liest sich sehr draÂmaÂtisch. JahÂreÂlang auf der Flucht, immer unterÂwegs. Ohne Ziel. Ohne FamiÂlie. Zum GlĂŒck trifft er bald seiÂnen Onkel, der sich seiÂner annimmt. Doch die ĂngsÂte und SorÂgen kann ihm keiÂner nehÂmen. Sein besÂter Freund MariÂal stirbt mitÂten in der Nacht. Ist am andeÂren MorÂgen einÂfach nicht mehr da: âEiniÂge MĂ€nÂner hatÂten Wache gehalÂten, aber in der FinsÂterÂnis der Nacht, in der der Wind durch das hohe Gras strich, konnÂte sich der Löwe leicht anschleiÂchen, ohne geseÂhen zu werÂden. Er hatÂte sich eine BeuÂte ausÂgeÂsucht, die klein und beweÂgungsÂlos war: den schlaÂfenÂden MariÂal. Und er hatÂte ihn mit sich genomÂmen, hatÂte nur ein paar TropÂfen Blut nahe des Pfads zurĂŒkÂgeÂlasÂsen.â (Zitat S.45). Sich mit solÂchen GefahÂren und TheÂmen ausÂeinÂanÂderÂzuÂsetÂzen, ist nicht immer einÂfach. LinÂda Sue Park schreibt, was pasÂsiert ist. DeutÂlich und klar. Sie verÂschöÂnert nichts. Sie lĂ€sst ihre Leser teilÂhaÂben an SchickÂsaÂlen, die auch in der heuÂtiÂgen Zeit keiÂnesÂwegs an BriÂsanz verÂloÂren haben. VielÂleicht ist âDer lanÂge Weg zum WasÂserâ geraÂde desÂweÂgen eine LekÂtĂŒÂre, die angeÂsichts der akuÂtelÂlen FlĂŒchtÂlingsÂproÂbleÂmaÂtik geleÂsen werÂden sollÂte. Um mehr VerÂstĂ€ndÂnis zu entÂwiÂckeln. Um MenÂschen die MenschÂlichÂkeit entÂgeÂgenÂzuÂbrinÂgen, die sie verÂdient haben. Denn auch SalÂva lanÂdet in einem FlĂŒchtÂlingsÂlaÂger, in dem er lanÂge Zeit lebt. Bis er eine unerÂwarÂteÂte ChanÂce erhĂ€lt. Und sie ergreift. Und den MenÂschen letzÂten Endes etwas BesonÂdeÂres zurĂŒckgibt.
Fazit: Lesen, unbeÂdingt lesen!!
Dich hat dieÂses Buch beeinÂdruckt? Eine sehr gute AlterÂnaÂtiÂve hierÂzu ist âEs gibt DinÂge, die kann man nicht erzĂ€hÂlenâ von KirsÂten Boie, die in vier, wirkÂlich beweÂgenÂden KurzÂgeÂschichÂten vom Leid afriÂkaÂniÂscher KinÂder erzĂ€hlt. DieÂse beruÂhen ebenÂfalls auf wahÂren BegeÂbenÂheiÂten, spieÂlen aber in SwaÂsiÂland. Sehr einÂdringÂlich erzĂ€hlt auch JanÂne TelÂler in âKrieg: Stell dir vor, er wĂ€re hierâ davon auf einÂmal ein FlĂŒchtÂling zu sein. Dem TheÂma Flucht widÂmen sich in dieÂsem FrĂŒhÂjahr einiÂge NeuÂerscheiÂnunÂgen: âCheckÂpoint EuroÂpa: Flucht in ein neuÂes Lebenâ von ManÂfred TheiÂsen, âIm Jahr des Affenâ von Que Du Luu, âNeu in der FremÂde: Von MenÂschen, die ihre HeiÂmat verÂlasÂsenâ von CaroÂlin EichenÂlaub und âWalÂking Home: Der lanÂge Weg nach HauÂseâ von Eric WalÂters. Ăber afriÂkaÂniÂsche FlĂŒchtÂlinÂge haben auch folÂgenÂde Autoren etwas geschrieÂben: Robert KleÂment: â70 MeiÂlen bis zum ParaÂdiesâ und OrtÂwin RamaÂdan: âDer Schrei des Löwenâ. Etwas sehr BeeinÂdruÂckenÂdes gegen Armut in AfriÂka unterÂnimmt auch der ProtÂagoÂnist in â33 Cent um ein Leben zu retÂtenâ von LouÂis JenÂsen. Auf der Flucht zu sein (allerÂdings vor dem HinÂterÂgrund des zweiÂten WeltÂkriegs), das erleÂben ebenÂso die HauptÂfiÂguÂren in âWinÂterÂpferÂdeâ von PhilÂip Kerr (LeseÂtipp!) und âAnna und der SchwalÂbenÂmannâ von GavriÂel Savit. LinÂda Sue Park hat ĂŒbriÂgens noch ein weiÂteÂres JugendÂbuch mit neun andeÂren Autoren zusamÂmen geschrieÂben:âKlick!: Zehn Autoren schreiÂben einen Romanâ.
Bibliografische Angaben: Verlag: bloomoon ISBN: 978-3845812373 Erscheinungsdatum: 12.Januar 2016 Einbandart: Broschur Preis: 9,99⏠Seitenzahl: 128 Ăbersetzer: AndrĂ© Mumot Originaltitel: "A long walk to water" Originalverlag: Clarion Books Amerikanisches Originalcover: Linda Sue Park spricht ĂŒber ihr Buch mit Salva Dut: (auf Englisch)
Amerikanischer Trailer:
Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 mögÂliÂchen Punkten)
--------------------------------------------------------------------------------- Amerikanisches Cover: Homepage von Linda Sue Park