“Marienkäfertage” von Uticha Marmon fällt sogleich durch sein schönes Cover auf. Ein Roman über die Suche nach der eigenen Identität, Erinnerungen an eine Kindheit und dem Enden jener, als die Protagonistin zufällig entdeckt, dass sie adoptiert wurde. Mit einer besonders schönen Sprache. Für Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene.
In jeden Sommerferien fahren die junge Elin und ihre Eltern hierher. In ein kleines Kaff in Jüteland (Dänemark). In das kleine Ferienhaus, das sie das Marienkäferhaus nennen, weil es dort so viele Marienkäfer gibt. Nur dieses Jahr ist es anders. Dieses Jahr sind ihre Eltern für eine Woche nach Rhodos geflogen. Und Elin ist in dieser Zeit des Alleinseins von Zuhause abgehauen, aufgebrochen nach Jüteland. Weil sie eine schlimme Entdeckung gemacht hat. Es war ein Brief, der an eine Lykke adressiert war, nicht an sie. Von jemandem, der weiß, dass sie nicht Elin, sondern Lykke heißt. In den Unterlagen ihre Eltern hat sie ihre Geburtsurkunde gefunden. Dort auf der Rückseite ein handschriftlicher Zettel ihrer Mutter mit einem anderen Namen und ihrem Geburtsdatum: Lykke Elin Michelsen. Michelsen. Nicht Dahlberg. Sie wurde adoptiert! Drei Worte, die ein ganzes Leben verändern können. Wer ist sie jetzt? Alles Lüge, alles Verrat. Alles neu?
Viele Kindheitserinnerungen ziehen sich durch den Roman. Erinnerungen an die Sommer ihrer Kindheit. An das kleine Mini-Segelboot, das Elin im Alter von sechs Jahren gefunden hat. Besitzerlos. Das sie aufgehoben hat, bis heute. Sie hat dem Besitzer eine Flaschenpost an der Fundstelle hinterlassen. Und der meldet sich nun Jahre später tatsächlich mit einer neuen Botschaft. Er möchte sein Boot zurück. Doch Elin möchte es ihm so leicht nicht machen. Das Segelboot erscheint wie ein Symbol ihrer Kindheit, die es nun zu verteidigen gilt. Gleichzeitig muss das Mädchen erspüren, wer sie ist. Abschied nehmen von dem, was Elin war und suchen, wer sie jetzt sein möchte. Diese Suche liest sich äußerst authentisch. Elin ist ein sehr lebendig gezeichneter Charakter. Man spürt ihre Wut, ihre Verzweiflung, ihre Traurigkeit und gleichzeitig ihre Hoffnungen. Für etwas Spannung sorgen die in kursiver Schrift eingebundenen rätselhaften Andeutungen einer außenstehenden Person, die mit dem Segelboot, aber auch mit Elins Vergangenheit zu tun haben. Wer verbirgt sich dahinter? Ist es tatsächlich Rasmus, der Junge, den Elin kennenlernt und der unbedingt in ihr Haus zu wollen scheint? Die Sprache ist ausdrucksstark und sehr atmosphärisch: “Die Sonne steigt. Jetzt wirft sie ihre Strahlen durch die Bäume. An einigen Stellen dringen sie schon bis zum Waldboden vor. Der Wind schfft es nicht hier herunter, die Baumwipfel halten ihn fest. […] Gleich sind die Bäume zu Ende, und dann wird sie die Leere der Nacht, die noch wie eine dünne Milchhaut an ihr haftet, abwaschen.” (Zitat aus “Marienkäfertage”, Seite 12).
Das Ende einer Kindheit findet sich auch in “Das ist der Sommmer im Paradies, wie er eben aussieht, wenn man die Sonnenbrille absetzt” von Hilde Kvalvaag. Zwei ebenfalls sehr empfehlenswerte Sommergeschichten, in denen die Hauptperson mit einigem zurechtkommen muss, sind “Funkensommer” von Michaela Holzinger und “Lieder eines Sommers” von Cath Crowley. Total berührend fand ich auch (ebenfalls aus dem Magellan-Verlag, so wie “Marienkäfertage”): “Glücksdrachenzeit” von Katrin Zipse und “Bird und ich und der Sommer, in dem ich fliegen lernte” von Crystal Chan. Toll und anders ist auch “Into the blue” von Rusalka Reh.
Bibliografische Angaben:Verlag: Magellan ISBN: 978-3-7348-5005-9 Erscheinungsdatum: 20.Januar 2015 Einbandart: Hardcover Preis: 14,95€ Seitenzahl: 224 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: -
Kasimiras Bewertung:
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