Der Stuttgarter Autor Thomas Thiemeyer hat ein neues Jugendbuch neu als Taschenbuch veröffentlicht: “Evolution: Die Stadt der Überlebenden” ist der erste Teil einer geplanten Trilogie. Der Autor, der Geologie und Geographie studiert hat, nimmt den Leser mit in eine ungewisse Welt in der Zukunft, in der die Natur sich ihren Lebensraum zurückerobert hat. Ein dystopischer Spannungsroman, eine Abenteuergeschichte und ein Kampf ums Überleben. Unterhaltsam und faszinierend. Für Jugendliche ab 12 Jahren und interessierte Erwachsene.
Der 15-jährige Jerome, genannt Jem, hat sie im Zug kennengelernt. Die ebenfalls 15-jährige Lucie, die das selbe Reiseziel hat wie er. “Sie war ihm sofort aufgefallen, als er heute Morgen in den Zug nach Frankfurt gestiegen war. Er hatte noch nie ein fremdes Mädchen angesprochen, aber nachdem er den Sticker ihrer Reiseorganisation auf dem Koffer gesehen hatte, war er über seinen Schatten gesprungen.” (Zitat aus “Evolution: Die Stadt der Überlebenden”) Sie beide haben sich für einen Schüleraustausch nach Amerika angemeldet. In Los Angeles würden sie dann in ihre Gastfamilien verteilt werden. Doch während des Fluges geraten sie in ein Unwetter, seltsame Erschütterungen erfassen das Flugzeug, ein merkwürdiger Geruch durchdringt den Innenraum. Armbanduhren spielen plötzlich verrückt und drehen sich rasend schnell. Lucie wird sogar ohnmächtig. Jem erwacht kurze Zeit später, wie nach einem bizarren Traum. Auch den anderen Jugendlichen ihrer Austauschgruppe ist ähnlichen ergangen. Irgendetwas scheint hier absolut nicht in Ordnung zu sein. Der Verdacht bestätigt sich, als sie am International Airport von Denver notlanden: Dort ist überhaupt nichts mehr “international”. Der Flughafen gleicht einem Gewächshaus. Alles ist von Pflanzen überwuchert. “Schwerer Blütenduft durchströmte die Halle und das Zirpen und Zwitschern winziger Vögel war zu hören. Jem konnte ein paar von ihnen erkennen. Wie kleine blaue Blitze zischten sie hierhin und dorthin und tauchten in die weißen und rosafarbenen Blüten, um dort nach Nektar zu suchen. Bio gehörte nicht unbedingt zu seinen Lieblingsfächern, aber er wusste sicher, dass solche Tiere und Pflanzen nicht in diese Breitengrade gehörten.” (Zitat S.55) Die Landebahn ist in einem völlig verwahrlosten Zustand. Und: nirgendwo auch nur eine Menschenseele. Wohin sie auch gehen. “Fast wie ein Dornröschenschloss”, flüsterte sie. “Als wären hier alle durch einen Zauber in Tiefschlaf gefallen.” “Wenn sie wenigstens schlafen würden”, sagte Marek. “Aber es sieht aus, als hätten die Leute alles stehen und liegen gelassen und wären einfach verschwunden…” (Zitat S.67) Dann finden sie auch noch eine Zeitschrift aus einem besonders hochwertigen, fremdartigen Material, deren Erscheinungsdatum auf das Jahr 2035 datiert ist. “Wenn man die Größe mancher Bäume und den allgemeinen Verfall des Geländes mit einbezieht, tippe ich auf weitere zweihundert Jahre.” Arthur lächelte entschuldigend. “Vermutlich mehr.” Lucie hatte plötzlich einen trockenen Hals. “Das würde ja bedeuten, dass das…” Paul nickte. “…das Jahr 2235 wäre. Genau.” (Zitat S.82). Aber das sind bald ihre geringsten Probleme. Denn auf einer Erkundungsfahrt mit einem High-Tech-Bus stellen sie fest, dass sie hier überhaupt nicht willkommen sind und werden bald von Vögeln, Schlangen und Raubtieren attackiert…
Mit einem richtig tollen Cover macht “Evolution: Die Stadt der Überlebenden” bereits auf sich aufmerksam. Hier spürt man schon das Abenteuer, das Geheimnisvolle und erahnt die Gefahr. Denn Thomas Thiemeyer entführt seine Leser in eine faszinierende Welt: ohne Menschen, die Natur in der Übermacht? Exotische Tiere und fremdartige Organismen, die die Erde bevölkern? All das scheint auf einmal möglich zu sein. Doch wie kann das sein? Wie sind sie hier hergekommen? “Er wurde das Gefühl nicht los, dass es diesen Ort eigentlich nicht geben durfte. Alles wirkte so falsch, so verkehrt. Als hätte irgendein fehlgesteuerter Teleporter ihn in eine alternative Realität geschleudert.” (Zitat S.61) Und noch viel entscheidender: was ist mit den anderen Menschen passiert? Warum lebt keiner mehr von ihnen? Diesen Fragen geht der Autor auf unterhaltsame Weise nach. Das Buch ist zugleich Abenteuerroman, Liebesgeschichte (sehr am Rande) und Science-Fiction-Thriller. Es macht aber auch nachdenklich. “Früher hatte es immer geheißen, der Mensch müsse zur Natur zurückfinden, er müsse lernen, im Einklang mit ihr zu leben. […] Inzwischen war er aber nicht mehr so sicher, ob das alles noch stimmte. Wenn er darüber nachdachte, was die Menschen in jüngerer Vergangenheit alles so verbrochen hatten, war es mehr als fraglich, ob die Natur sie überhaupt noch zurückhaben wollte.” (Zitat S.158) So richtig packend wird es dann ab der Mitte des Romans, wenn der Feind greifbarer und die Bedrohung deutlich wird. Hierzu tragen vor allem die zuweilen vorkommenden, schwarz eingefärbten Buchseiten mit weißem Schrifttext bei, in denen eine unbekannte Spezies die Jugendlichen zunächst beobachtet und dann zu vernichten plant. Die Sprache ist einfach, die Erzählperspektiven liegen hauptsächlich bei Lucie und Jem in der personalen Sichtweise, wechseln aber gelegentlich auch zu anderen (eher stereotypen) Nebencharakteren. Das Buch ist für Jungs und für Mädchen daher gleichermaßen geeignet. Das Ende ist offen und macht neugierig auf Teil 2.
Wenn du wissen willst, wie es weitergeht, dann greif unbedingt zu den Fortsetzungen von “Evolution: Die Stadt der Überlebenden”: “Evolution: Der Turm der Gefangenen” und “Evolution: Die Quelle des Lebens” . Oder lies noch die zwei anderen Jugendbuchzyklen, die Thomas Thiemeyer geschrieben hat: “Chroniken der Weltensucher” (fünfbändig, plus Kurzgeschichte) und “Das verbotene Eden” (dreibändig). Bezüglich der Flugzeugthematik hat mich der Roman auch ein bisschen an “Langolier” von Horrormeister Stephen King denken lassen; hinsichtlich der fremdartigen, höheren Intelligenz und dem Kampf Jugendlicher ums Überleben aber auch an die “Gone”-Reihe von Michael Grant (sechsbändig, brillant! Aber erst ab 15 bzw 16 Jahren zu empfehlen).
Bibliografische Angaben: Verlag: Arena ISBN: 978-3-401-51041-5 Erscheinungsdatum: 6.Juni 2018 Einbandart: Broschur Preis: 12,99€ Seitenzahl: 360 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: -
Kasimiras Bewertung:
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