5.August 2016
Der deutsch-chilenische Autor und Journalist Thomas Feibel hat mit “#Selbstschuld: Was heißt schon privat” einen neuen Roman geschrieben, der sich erneut mit seinem Spezialgebiet (Jugendliche & die digitalen Medien) befasst. Eine Geschichte über Freundschaft, Schuld und Mobbing. Flott und unterhaltsam erzählt. Für Jugendliche ab 12 Jahren.
Josh ist schon seit längerer Zeit in ein Mädchen verliebt: “Ricarda >Rikki< Morales ist vielleicht der einzige Lichtblick in meinem Leben. Sie geht in meine Klasse. Rikki ist klug, ehrlich, völlig uneitel und vor allem einfach echt. In der Schule wage ich nur verstohlene Blicke. Denn kaum sehe ich in ihre dunklen Augen, gerate ich aus dem Tritt. […] Nur auf Friendbook kann ich sie mir ungestört ansehen.” (Zitat S.6ff) Sein Freund Alex ist da weniger schüchtern. Den Sommer über haben sie viel gemeinsam unternommen. Doch in letzter Zeit ist ihre Freundschaft irgendwie zum Erliegen gekommen. Auch auf die Party am See hat Alex ihn nicht eingeladen. Umso schockierter ist Josh, als er ein Foto auf Friendbook von Alex und Rikki entdeckt: “…es ist das Kopf-an-Kopf-Selfie von ihm und Rikki, das mir einen heftigen Stich versetzt. In unserer Klasse hat bestimmt schon jeder mitbekommen, dass Rikki Alex mag. Und damit ist sie nicht allein. Dem gut aussehenden, lässigen Alexander Schwarz fliegen einfach sämtliche Herzen zu. Auf einmal frage ich mich, ob die beiden möglichweise längst ein Paar sind und es nur geheim halten.” (Zitat S.8) Um das herauszufinden, loggt Josh sich heimlich auf Alex’ Friendbook-Account ein. Das Passwort seines Freundes zu knacken ist kein großes Problem. Interessanterweise hat Alex eine Nachricht von Anna bekommen, die alle nur “Nonne” nennen, da sie aus einer wohl streng katholischen Familie stammt und stets hochgeschlossene Kleidung trägt. Denn das Oben-Ohne-Foto, das Anna Alex geschickt hat, ist so gar nicht hochgeschlossen. Um Alex vor Rikki schlecht zu machen, postet er das Bild öffentlich in Alex’ Namen und mit einem blöden Kommentar. Was das Ganze für Anna bedeuten könnte, daran hat Josh allerdings nicht gedacht. Das Mädchen rennt am nächsten Tag total schockiert nach Hause und lässt sich in der Schule nicht mehr blicken. Übelste Kommentare begleiten bald Alex’ Post, der sich schnell mit fremden Federn schmückt und vor seinen Freunden damit angibt. Einzig Rikki wendet sich plötzlich von ihm ab. “Ich kann nur hoffen, dass die ganze Sache bald vergessen ist. Wenn ich am nächsten Morgen aufwache, sieht es vielleicht ganz anders aus. Aber ich irre mich gewaltig.” (Zitat S.31) Denn plötzlich erfährt Josh, dass Anna versucht hat sich das Leben zu nehmen…
Was mir gut an Bücher von Thomas Feibel gefällt, ist sein flüssiger Erzählstil. Er hat eine sehr lockere und angenehme Sprache und ist nah am Ton der Jugendlichen, ohne zu bemüht zu wirken. Cybermobbing, soziale Netzwerke — das sind genau seine Themen, die er in fesselnde Geschichten zu verpacken weiß. “#Selbstschuld: Was heißt schon privat” ist jedoch nicht nur ein Roman über digitale Medien, sondern auch der über eine Freundschaft. Während den ganzen überschaubaren 174 Seiten werden immer wieder Rückblenden über gemeinsame Unternehmungen und Gespräche zwischen Alex und Josh geschildert. Trotz allem ist es durchweg Joshs Ich-Perspektive, aus der berichtet wird. Besonders dessen Zerrissenheit und sein schlechtes Gewissen gegenüber Anna und Alex ist sehr gut beschrieben: “Tief im Inneren weiß ich, dass ich mich Alex stellen muss. Ich weiß auch, dass Alex ein Recht auf die Wahrheit hat. Und ich weiß, dass er sie auf jeden Fall von mir hören muss. Doch ich schaffe es einfach nicht. Ich ziehe mich stattdessen in mein Schneckenhaus zurück, höre Interpol und will nie wieder herauskommen.” (Zitat S.63) Die Folgen seiner Feigheit ziehen sich durch das ganze Buch und lassen den Leser atemlos mit verfolgen, wie alles mehr und mehr aus den Fugen gerät.
««««Achtung Spoiler!!!!»»»» Ein paar Aspekte (z.B. das Verdrängen einer ganz bestimmten Sache; Rikkis Gründe für eine gewisse Tätigkeit) konnte ich dem Autoren allerdings nicht ganz abkaufen, das wirkte leider etwas zu konstruiert. Auch war mir die Botschaft des Buches nicht ganz klar. Eine typische, mit-hoch-erhobenem-Zeigefinger-Geschichte mit der Aussage “Verschicke bloß keine intimen Fotos!” scheint Thomas Feibel (hinsichtlich des Endes) nämlich nicht geschrieben zu haben. Eventuell eine, die dazu auffordert mutiger zu sein? Zu seinen Fehlern zu stehen? Oder zu erkennen, dass manchmal nichts so ist, wie es scheint? Diese Fragen darf sich der Leser am Ende selbst stellen und vielleicht auch beantworten;-) ««««Spoiler Ende»»»»
Das Cover fand ich sehr ansprechend und passend zu Inhalt und Zielgruppe. Es gibt auch einen gewissen Wiedererkennungseffekt zu seinen beiden anderen Romanen.
Wenn dir “#Selbstschuld: Was heißt schon privat” gefallen hat, dann lies doch noch andere Bücher von Thomas Feibel. Sehr gut fand ich “Like me. Jeder Klick zählt” , das sich mit sozialen Netzwerken und Freundschaft auseinandersetzt. Relativ neu von ihm ist auch “Ich weiß alles über dich”. Er hat auch relativ viele Sachbücher über digitale Medien für Kinder geschrieben, wie zum Beispiel “Facebook und andere Netzwerke”, “Internet aber richtig!” und “Smartphones aber richtig!”. Um ein in sozialen Netzwerken verbreitetes “Oben ohne”-Foto geht es ebenfalls in “4YEO- For your eyes only” von Carolin Philipps (bewegend), “Hass gefällt mir” von Johanna Nilsson (heftig!) und in “Weil es nicht aufhört” von Manfred Theisen.
Bibliografische Angaben:Verlag: Carlsen ISBN: 978-3-551-31499-4 Erscheinungsdatum: 28.Juli 2016 Einbandart: Taschenbuch Preis: 6,99€ Seitenzahl: 176 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: -
Kasimiras Bewertung:
(4 von 5 möglichen Punkten)