“Vierzehn” ist ein Roman der deutschen Autorin Tamara Bach, die für ihre Werke mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde und auch den Deutschen Jugendliteraturpreis (für “Marsmädchen”) ihr eigen nennen darf. Ihr Buch erzählt die Geschichte eines einzigen Tages und stellt ein Mädchen in den Mittelpunkt, das nach den Sommerferien wieder zur Schule geht und mit einigen Veränderungen rechnen muss. Treffsicher und prägnant erzählt. Ein kurzweiliges (112 Seiten starkes), aber sehr intensives Leseerlebnis! Für Jugendliche ab 14 Jahren und für Erwachsene.
Beh ist 14. Vor den Sommerferien war sie längere Zeit krank und konnte deshalb auch an der Reise nach Polen nicht teilnehmen. Es ist acht Wochen her, dass sie ihre Freunde und Mitschüler das letzte Mal gesehen hat. Alles fühlt sich auf einmal verändert an. “Hannah flüstert Jeanette etwas ins Ohr, so dass man halb mitbekommt, “was denn noch mit” flüsterflüster. Jeanette mit ernstem Blick. Ein Nicken von beiden. Hannah schaut dich an. Gesicht sagt “Das verstehst du nicht”.” (Zitat aus “Vierzehn” S.15). Die Freundinnen behandeln sie anders. Es gibt vieles, das Beh verpasst hat in jener Zeit. Ihre Freundin Jeanette scheint auch den Jungen nicht mehr toll zu finden, für den sie noch vor den Ferien geschwärmt hat. Sie haben einen neuen Lehrer und eine neue Mitschülerin, mit dem Namen Maxima, die zudem neben Beh sitzen soll. Irgendwie scheint alles verändert zu sein. Auch in Beh’s Familie ist nichts mehr so wie es sein soll…
“Vierzehn” wird aus einer ungewohnten Erzählperspektive erzählt. Es ist die Du-Perspektive, die der allwissende Erzähler benutzt: “Sie lässt jetzt die Türe los, nimmt dich leicht in den Arm, du riechst nach Schlaf und Bett und denkst kurz an Elefanten. Sie riecht nach frischer Wäsche, nach Parfum, nach Haarspray und Zahnpasta. Sie gibt dir einen Kuss auf den Kopf, erwischt drei Millimeter Stirn. Du bist in den letzten sechs Wochen zwei Zentimeter gewachsen. Das weißt du noch nicht. Sie merkt es jetzt.” (Zitat S.7) Der Roman ist in Kapitel eingeteilt, die meist die Örtlichkeiten oder Schulstunden als Überschrift führen. Es wird ein ganzer Tag chronologisch nacherzählt. Von morgens bis abends. Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. In allen Details. Von den Aufstehritualen über den Inhalt der Schulstunden bishin zu Nachmittagsbeschäftigungen. Ich würde nicht behaupten, dass “Vierzehn” über besondere Dramatik oder Spannungsbögen verfügt, aber gleichzeitig dennoch so einnehmend ist, dass man sich der Geschichte einfach nicht entziehen kann, gerade weil sie so banal wirkt und in all ihrer Gewöhnlichkeit dann doch wieder besonders ist. Es sind die Feinheiten, die zählen. Die unscheinbaren Elemente, wie zum Beispiel der abblätternde Nagellack der Hauptfigur oder die Aufgabe des Lehrers verlassene Orte zu fotografieren, die sich wie ein roter Faden durch das Buch ziehen. Die Fragezeichen, die sich auftun. Wer ist Beh’s neuer Freund? Was für eine Krankheit hatte sie? Was ist mit ihrem Vater? Und was ist ihr eigentlicher Name? (Beh ist nur eine Abkürzung). Die Sprache ist ausdrucksstark und hektisch. Abgehackt und treffend. Aber auch distanziert und geheimnisvoll: “Du berührst deine Lippen. Vorgestern bist du geküsst worden. Du denkst an jemanden und lächelst.” (Zitat S.9) Tamara Bach beherrscht die Kunst des Auslassens. Um am Ende alle Fäden wieder passend zusammenzuführen. Sie reiht Sätze aneinander, knallt sie dem Leser ins Gesicht und sagt mit wenigen Worten so viel mehr: “Du schreibst, dass du im Verkehr feststeckst. Dass du nicht weißt, ob du es schaffst. Rechtzeitig. Fragst, ob man dir einen Platz frei halten kann, wenn es hart auf hart kommt. Du schreibst nicht hart auf hart. Dir wird ein Platz versprochen. Dir werden ein paar Emoticons geschickt. Du schickst welche zurück.” (Zitat S.12) “Vierzehn” ist nicht nur ein einzigartiges Porträt eines Tages, sondern auch der Ausschnitt aus dem Leben eines jungen Mädchens, das erwachsen werden, das Enttäuschungen erleben muss, aber auch freudvolle Momente geschenkt bekommt. Ein Roman, der zum Lehrerliebling werden könnte, weil in ihm außerordentlich viel Potential zur Interpretation steckt;-)
Fazit: Ein Buch abseits des Mainstreams. Individuell und authentisch.
Wenn du “Vierzehn” richtig gut fandest, dann kannst du noch die anderen Romane von Tamara Bach lesen (chronologisch nach Erscheinungsdatum): “Marsmädchen” (hierfür erhielt sie unzählige Preise, u.a. den Deutschen Jugendliteraturpreis 2004), “Busfahrt mit Kuhn” (nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2005), “Jetzt ist hier”, “Was vom Sommer übrig bleibt” (erhielt den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2013), “Marienbilder” (2014) und “Wörter mit L” (2019). Bücher, die einen ganzen Tag erzählen, sind zum Beispiel “Crazy games: Der perfekte Tag, der in der Hölle endet” von Mirjam Mous oder “Ein Tag ohne Zufall” von Mary E. Pearson. Andere Jugendbücher, die sehr ausdrucksstark vom Erwachsenwerden erzählen, sind zum Beispiel Romane von Hilde Kvalvaag (z.B. “Das ist der Sommer im Paradies, wie er eben aussieht, wenn man die Sonnenbrille absetzt”) oder “Ponderosa” von Michael Sieben. Abseits des Mainstreams und sehr authentisch ist auch “Rabensommer” von Elisabeth Steinkellner .
Bibliografische Angaben: Verlag: Carlsen ISBN: 978-3-551-31818-3 Erscheinungsdatum: 1.August 2019 Einbandart: Taschenbuch Preis: 5,99€ Seitenzahl: 112 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: -
Kasimiras Bewertung:
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