“Der Klang der Hoffnung” der australischen Autorin Suzy Zail ist ein absolut bewegender Roman über die Deportierung einer jüdischen Familie in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau im Sommer 1944. Der Erscheinungstermin dieses Buches ist passend zum 70. Jahrestag zur Befreiung dieses Internierungslagers, welcher am 27. Januar 2015 gedacht wird. Die Geschichte wird aus der Sicht der jungen Hanna erzählt, einem musikalischen Genie, die in Auschwitz um ihr Überleben kämpft und eine unmögliche Liebe erlebt. Für Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene.
Hanna ist 15. Sie liebt das Klavierspielen und Clara Schumann, ihr großes Vorbild, im Besonderen. Doch Hanna, die bereits die Chance auf ein Stipendium im Budapester Musikkonservatorin hat, lebt zur falschen Zeit am falschen Ort. Und sie ist Jüdin. Es ist der Sommer im Jahre 1944, als ihre Familie um Mitternacht aus dem Schlaf gerissen wird und sie alle umgesiedelt werden sollen. Nur einen Koffer mit seinen Habseligkeiten darf jeder mitnehmen. Dabei hat die Familie doch bereits alles getan, was man von ihnen verlangt hat: Sie haben gelbe Davidssterne auf ihre Kleidung genäht. Sie haben zugelassen, dass Mauern in ihrem Viertel errichtet wurden, haben die Wachleute respektiert, die Ausgangssperren, die vielen Verbote. Was jetzt? Die Ungewissheit nagt an Hanna. Erst werden sie in ein Lager in einer alten Ziegelei gebracht, wo sie in schlechtesten Verhältnissen leben, dann kommen sie in einen Viehwaggon und werden per Zug tagelang durch die Gegend gefahren. Eingepfercht in einem engen, dunklen Raum mit viel zu vielen Menschen. Nicht alle überleben die Fahrt. Dann die Endstation: das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Die Familie wird getrennt. Was aus dem Vater wird, das wissen Hanna, ihre ältere Schwester Erika und ihre Mutter nicht. Die Frauen selbst müssen harte Arbeit leisten, bekommen kaum zu essen und schlafen auf harten Pritschen. Meist zu mehreren in einem Bett. Die Blockwärterin ist streng. Wer weint, wird bestraft. Wer aus der Reihe tanzt, wird aussortiert. Manchmal müssen alle auf der Stelle hüpfen. Die Schwächsten werden aussortiert. Was mit ihnen geschieht, das weiß niemand, aber sie kommen nie wieder. Hanna bekommt schließlich die Möglichkeit für den Kommandanten von Birkenau täglich Klavier zu spielen. Das gibt ihr eine gewisse Sonderstellung in dem Konzentrationslager, schürt aber auch den Neid der anderen Frauen, die draußen den ganzen Tag im Kalten arbeiten müssen, während Hanna im Warmen sitzt. Doch auch im Haus
des strengen Kommandanten ist es nicht einfach. Sie ist den willkürlichen Wünschen des strengen Mannes ausgeliefert, macht sie einen Fehler, wird sie erschossen, so wie der Gärtner, den es bald darauf trifft. Einziger Lichtblick wird bald der Sohn des Kommandanten: Karl. Zunächst wirkt er auf Hanna völlig unnahbar und arrogant. Er scheint sich für die Musik, die sie spielt gar nicht zu interessieren, guckt sie nicht einmal an. Doch eines Tages macht Hanna eine überraschende Entdeckung…
“Der Klang der Hoffnung” wird komplett aus Hannas Perspektive in der Ich-Form erzählt. Die Eindringlichkeit, mit der die Geschichte erzählt wird, lässt den Leser zutiefst ergriffen zurück, angesichts dieses Leids, das die Menschen in jener Zeit erdulden mussten. Die Verzweiflung, die Angst, die Qualen ziehen sich wie ein roter Faden, wie ein blutiger Stacheldraht durch das Buch. Gerade die Sichtweise eines 15-jährigen Mädchen, das nicht weiß, wie ihm geschieht und dass in dieser Welt gezwungenermaßen erwachsen werden muss, ist besonders schockierend zu lesen. Für Hanna ist es die Musik, in die sie sich zuweilen vor ihren Ängsten flüchten kann. Die sich langsam anbahnende Beziehung zwischen ihr und dem Sohn des Kommandanten lassen Gefühle wir Schuld und Scham in ihr entstehen. Wie kann sie Glück empfinden, wenn er doch eigentlich der Sohn des Feindes ist? Und es ihrer Schwester doch so schlecht geht? Das sich allmählich wechselnde Rollenverhältnis zwischen Hanna und Erika wird besonders authentisch geschildert. So muss Hanna sich nun um ihre ältere Schwester kümmern, ihr heimlich Essen aus dem Haus des Kommandanten mitbringen und sie versorgen. Aber als Erika von Karl erfährt, ändert sich die Beziehung der Schwestern zueinander erneut…
Der Erzählstil ist sehr flüssig, die Worte sind einfach und klar. Jede Kapitelüberschrift ist mit Stacheldraht versehen. Besonders das Cover ist sehr ansprechend gestaltet und macht auf den ersten Blick deutlich, das Leid und Liebe (zur Musik) nahe zusammenliegen. Ich persönlich muss sagen, dass ich normalerweise um historische Romane eher einen Bogen mache, aber seit ich “Der Klang der Hoffnung” gelesen habe, davon doch irgendwie so gepackt wurde, dass ich beschloss mehr darüber zu lesen.
Ein Roman, den ich danach las und ebenfalls empfehlen kann, ist “Ich habe den Todesengel überlebt” von Eva Mozes Kor und Lisa Rojany Buccieri, das auch von zwei Schwestern erzählt, die nach Auschwitz deportiert wurden und unter den medizinischen Experimenten des Dr. Mengeles zu leiden hatten. Sehr bewegend und mit vielen Zusatzmaterialien und Fotos. Eine Neuerscheinung im selben Verlag ist “Der Fotograf von Auschwitz: Das Leben des Wilhelm Brasse” von Reiner Engelmann. Ein schon moderner Klassiker und herausragender Roman ist “Der Junge im gestreiften Pyjama” von John Boyne. Zwei Titel für Erwachsene, die die Musik im Konzentrationslager zum Thema haben, sind “Das Mädchenorchester in Auschwitz” von Fania Fénelon und “Ihr sollt die Wahrheit erben” von Anita Lasker-Wallfisch.
Bibliografische Angaben:Verlag: cbj ISBN: 978-3-570-15990-3 Erscheinungsdatum: 12.Januar 2015 Einbandart: Hardcover Preis: 16,99€ Seitenzahl: 288 Übersetzer: Petra Koob-Pawis Originaltitel: "The wrong boy" bzw. "Playing for the Commandant" Originalverlag: Walker Books bzw. Random House Englische Originalcover:
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Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 möglichen Punkten)
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