Susanne Fischer — Wolkenkönigin

Susanne Fischer - Wolkenkönigin10.April 2018

Wol­ken­kö­ni­gin” von der deut­schen Autorin Susan­ne Fischer ist ein Roman über das Leben in schwie­ri­gen Fami­li­en­ver­hält­nis­sen und das Erwach­sen­wer­den zwi­schen allen Stüh­len. Nicht weiß, nicht schwarz, mal rich­tig, mal falsch — wer weiß das in dem Alter denn schon so genau? Eine Suche nach der eige­nen Iden­ti­tät, der Wahr­heit und der Lie­be. In ruhi­gen Tönen erzählt und sanft cho­reo­gra­fiert. Mit einem unge­wöhn­li­chen Ende. Für Jugend­li­che ab 14 Jah­ren und inter­es­sier­te Erwachsene.

Ihre Mut­ter raucht zu viel und inter­es­siert sich zu wenig. Für die 15-jäh­ri­ge Corin­na und ihr Leben. “Sie sieht aus dem Fens­ter und lächelt. Ich weiß nicht, ob da etwas Lus­ti­ges zu sehen ist, wahr­schein­lich nicht. So ist sie immer, irgend­wie nicht ganz bei der Sache. Manch­mal stel­le ich mir vor, sie ist eine Außer­ir­di­sche und war­tet auf das Raum­schiff, das sie end­lich abholt.” (Zitat aus “Wol­ken­kö­ni­gin” S.10) Den Namen der Schu­le ihrer Toch­ter? Ein Wun­der, wenn sie den mal weiß. Dass sie für Prü­fun­gen ler­nen soll? Dazu wür­de ihre Mut­ter sie nie­mals auf­for­dern. Sie ist ohne­hin froh, wenn Corin­na Ver­ant­wor­tung über­nimmt. Wenn sie sich um den behin­der­ten, klei­nen Bru­der küm­mert, mit dem die Mut­ter nicht immer klar kommt. Der manch­mal ein­fach anfängt zu Susanne Fischer - Wolkenköniginschrei­en und sich von kaum jeman­dem dazu brin­gen lässt auf­zu­hö­ren. Zuhau­se ist End­cha­os, das mer­ke ich schon beim Rein­kom­men. Jona schreit und schlägt sei­nen Kopf auf den Tisch, es gibt nichts zu essen, Mama heult.” (Zitat S.34) Jona mag Ver­än­de­run­gen eben so wenig, wie Corin­na. Doch jetzt müs­sen sie schon wie­der umzie­hen, weil ihre Mut­ter den Job ver­lo­ren hat und sich die Mie­te nicht mehr leis­ten konn­te. Auf die neue Schu­le freut sie sich nicht wirk­lich. “Ich weiß schon, was pas­siert. Sie glot­zen mich an. Das war letz­tes Mal auch so. Ich bin fünf­zehn und nichts Beson­de­res, nicht fett, nicht mager­süch­tig, kei­ne Bril­le, lan­ge Haa­re, blond. Mit­tel­groß, mit­tel­dünn, mit­tel­hübsch, mit­tel­dumm. War­um glotzt ihr dann bloß so?” (Zitat S.12) Aber dann wird Corin­na im Sekre­ta­ri­at ver­se­hent­lich mit Marie ange­spro­chen. Als die Schul­se­kre­tä­rin ihren Irr­tum jedoch bemerkt, ergreift Corin­na, die ihren Namen abso­lut nicht lei­den kann, die­se ein­ma­li­ge Chan­ce einen Teil ihrer Ver­gan­gen­heit ein­fach hin­ter sich zu las­sen: “Nein, Marie ist schon rich­tig. Ich hei­ße Corin­na Marie, aber ich wer­de Marie genannt.” (Zitat S.15) Ein­fach mal jemand anders sein. Etwas Neu­es wagen! Sie fin­dest sogar zwei neue Freun­din­nen und kommt dem Nach­bars­jun­gen uner­war­tet näherSusanne Fischer - Wolkenkönigin. Marc heißt er und hat eben­falls eine Fami­li­en­si­tua­ti­on, unter der er lei­det. Wäh­rend Corin­nas Vater in einem ande­ren Stadt­teil wohnt und eine neue Fami­lie samt Kin­der hat, hat Marcs Mut­ter einen neu­en Mann, den der Jun­ge nicht aus­ste­hen kann und der ein stren­ges Ord­nungs­re­gle­ment zu Hau­se ein­ge­führt hat. Doch dann erfährt Corin­na, dass es eine Marie bereits in ihrer Klas­se gab. Ein Mäd­chen, das die Schu­le ver­las­sen muss­te. Angeb­lich soll sie einen Ein­bruch began­gen haben, bei dem eine Men­ge Geld gestoh­len wur­de. Ein Schat­ten las­tet auf Corin­nas neu­em Namen. Wer war Marie? Was hat sie wirk­lich getan? Als ihre zwei neu­en Freun­din­nen andeu­ten, dass auch Marc etwas mit dem unge­klär­ten Dieb­stahl zu tun hat­te und wol­len, dass sie ihn aus­fragt, zögert sie zuerst. Nie­man­dem hat sie erzählt, was Marc ihr bedeu­tet. Aber soll sie ihre Freund­schaft zu ihm wirk­lich aufs Spiel set­zen, um her­aus­zu­fin­den, was Marie getan hat?

Wol­ken­kö­ni­gin” ist in Kapi­teln unter­teilt und wird durch­ge­hend aus Corin­nas Sicht in der Ich-Per­spek­ti­ve erzählt. Die Spra­che ist locker und läs­sig, manch­mal etwas lapi­dar, aber sehr pas­send zum sozia­len Umfeld der Prot­ago­nis­tin und ihrer Art, die Umwelt zu betrach­ten. Vie­le The­men sind in den Roman mit ein­ge­floch­ten. Das Auf­wach­sen in schwie­ri­gen Fami­li­en­ver­hält­nis­sen, das Geheim­nis um Maries Ver­gan­gen­heit, die Sehn­sucht nach Lie­be und die ZerSusanne Fischer - Wolkenköniginbrech­lich­keit von Freund­schaft. Auch phi­lo­so­phi­sche Klän­ge sind in dem Buch zu fin­den, wenn in der Schu­le die Fra­ge behan­delt wird, was rich­tig und was falsch ist und woher man weiß, ob man auf die eine oder auf die ande­re Art han­delt. Eben­so das muss die Haupt­per­son für sich im Lau­fe der Geschich­te her­aus­fin­den. “Wol­ken­kö­ni­gin” ist ein Roman, der eher etwas ruhi­ger erzählt ist. Er beschreibt den All­tag der Prot­ago­nis­tin und das Auf und Ab ihrer Emp­fin­dun­gen. Er ist unter­halt­sam, aber konn­te mich per­sön­lich lei­der nicht durch­gän­gig mit­rei­ßen. Im hin­te­ren Teil des Buches kippt die Geschich­te zudem in eine völ­lig ande­re Rich­tung. Wäh­rend man zu Anfang noch mit einer schö­nen Coming-of-Age-Sto­ry rech­net — gewürzt mit einer gro­ßen Por­ti­on Sozi­al­dra­ma -, so lan­det man am Ende in einem Art Kri­mi­nal­fall und rei­nem Rausch aus Dro­gen, Alko­hol und Gewalt; einem leicht über­zo­ge­nen Bezie­hungs­ge­flecht und dem Gefühl, dass die Gerech­tig­keit im Grun­de nicht siegt und das aber auch gar kei­ne gro­ße Rol­le spielt. Die Bot­schaft des Romans bleibt völ­lig unklar.

Fazit: Am Ende lei­der enttäuschend.

Eine Lese­al­ter­na­ti­ve zu “Wol­ken­kö­ni­gin” wäre zum Bei­spiel “Und du kommst auch drin vor” von AlinLesealternativena Bron­sky, das man­che Par­al­le­len auf­weist. Eine klu­ge Geschich­te übers Erwach­sen­wer­den ist auch “Mehr Schwarz als Lila” von Lena Gore­lik. Eine locke­re, leich­te Coming-of-Age-Sto­ry hat eben­so Andre­as Jung­wirth geschrie­ben: “Schwe­be­zu­stand”. Eine gelun­ge­ne Neu­erschei­nung über das Auf­wach­sen in schwie­ri­gen Fami­li­en­ver­hält­nis­sen ist “Eine Hand­voll Lila” von Ash­ley Her­ring Bla­ke. Zur sel­ben The­ma­tik kannst du auch fol­gen­de Bücher lesen: “Das Schwei­gen in mei­nem Kopf” von Kim HoodGegen das Glück hat das Schick­sal kei­ne Chan­ce” von Estel­le Lau­re oder Das Glück hat vier Far­ben” von Lisa Moo­re. Ein bril­lant erzähl­tes Buch über das Leben in Armut in sozia­len Brenn­punk­ten ist “Immer die­se Herz­schei­ße” von Nana Rade­ma­cher. Ande­re Bücher von Susan­ne Fischer sind “Der Auf­stand der Kin­der” (Band 1) und “Der Auf­stand der Kin­der: Die Rück­kehr der Feu­er­land­ban­de” (Band 2). Die­se sind bereits ab 10 Jah­ren zu empfehlen.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: Rowohlt
ISBN: 978-3499218019
Erscheinungsdatum: 20.Februar 2018
Einbandart: Broschur
Preis: 12,99€ 
Seitenzahl: 224 
Übersetzer: -
Originaltitel: - 
Originalverlag: -
Originalcover: -

Kasimiras Bewertung:

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(1,5 von 5 mög­li­chen Punkten)

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