Auf Romane der britischen Autorin Sarah Alderson freue ich mich persönlich immer sehr! Ihr neustes Buch heißt “Everything we feel” und zeigt erneut, warum sich diese Autorin sich einfach zu lesen lohnt. Eine Liebesgeschichte, die ein junges Mädchen in den Mittelpunkt stellt, deren Familie vor dem gewalttätigen Vater auf der Flucht ist und die sich unerwartet verliebt. Gefühlvoll, mitreißend und niemals kitschig! Beste Unterhaltung für Romantiker*innen! Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.
Las Vegas. Hier lebt die 18-jährige Zoey mit ihrer Familie. Mit ihrer labilen Mutter, der es gerade erst wieder ein wenig besser geht und ihren beiden jüngeren Geschwistern Kate und Cole. “Wir haben einen neuen Nachnamen angenommen und sind an einen Ort gezogen, an dem uns niemand kennt, bis auf Chrissy, die Moms Schwester ist. Keiner von uns hat Social-Media-Accounts, mit Ausnahme von Kate, die aber einen falschen Namen nutzt und alle Einstellungen auf privat gesetzt hat. Sie weiß, wie wichtig das ist.” (Zitat aus “Everything wie feel” S.31) Denn es lastet eine schwere Vergangenheit auf der Familie, die Zoeys gewalttätigen Vater schließlich hinter Gitter gebracht hat. Lange Zeit hat er, der bei der Polizei arbeitete, die Familie terrorisiert und es unter den Tisch kehren können. Bis er ihre Mutter fasttotgeprügelt und Zoey vor Gericht gegen ihn ausgesagt hat. Doch nun brennt ihre Wohnung plötzlich lichterloh. Jemand hat Zoeys Auto angezündet, das davorstand. Gerade so können sie sich aus der Wohnung retten. Verlieren all ihr Hab und Gut. “Es fühlt sich an, als würde mir jemand ein Messer zwischen den Rippen hindurch mitten ins Herz rammen. Er ist draußen. Plötzlich habe ich nur noch sein Gesicht vor Augen — seine hassverzerrten Züge, als er zu mir sagte, dass er mich eines Tages finden und umbringen würde. Das Feuer war kein Unfall. Es war Brandstiftung.” (Zitat S.30ff) Denn kurze Zeit später erfährt Zoey, dass ihr Vater tatsächlich aus dem Gefängnis entlassen wurde! Er, der ihr im Gerichtssaal bereits gedroht hat, sie umzubringen, sollte er wieder freikommen. Man hat ihn nach 3 Jahren bereits auf freien Fuß gesetzt, obwohl er eigentlich 8 Jahre hätte sitzen sollen. Zoeys älterer Bruder Will, der in Kürze einen militärischen Einsatz in Afghanistan antreten muss, hilft ihnen und organisiert ihnen eine neue Wohnung, gemeinsam mit seinem besten Freund Tristan, den Zoey das letzte Mal vor sechs Jahren gesehen hat. “Früher, als wir noch in Scottsdale wohnten und es richtig schlimm um uns stand, war er ständig bei uns. Er weiß alles über meine Familie, Will hat es ihm erzählt. Und ich glaube, einiges hat er auch mit eigenen Augen gesehen.” (Zitat S.37ff) Tristan arbeitet jetzt bei der Küstenwache. Sein größter Traum ist es Pilot zu werden. Doch seine Freunde halten ihn für einen Weiberheld. “Nur dass sie mit ihren Vermutungen total falsch liegen. Ich meine, hin und wieder kommt es schon vor, dass nach einem meiner Dates was läuft, aber meistens… laufen sie eher ins Leere. Ich hatte ungefähr eine Million erste Dates und so gut wie kein zweites.” (Zitat S.22). Seine Schwester ist überzeugt, dass er Bindungsängste hat, doch Tristan selbst glaubt einfach noch nicht die Richtige gefunden zu haben. Als Zoey und Tristan wieder aufeinandertreffen, merken sie deutlich, dass da etwas ist zwischen ihnen: “Wieder werfe ich Tristan einen verstohlenen Blick zu. Kaum zu glauben, dass er dieselbe Person ist, die mich damals in die Arme nahm. Er hat sich so verändert, wirkt so erwachsen — in einer Weise, die eine seltsame Befangenheit in mir wachruft, gemischt mit dem Bedürfnis, ihn ständig anzustarren.” (Zitat S.38) Doch Zoey, die sich hauptsächlich um das Wohlergehen ihrer Familie kümmert, weil ihre Mutter meist zu labil ist, will keine Beziehung anfangen. “Männer bedeuten nichts als Ärger — ein einziger Blick auf meine Mom reicht, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Soweit ich das beurteilen kann, geht die Sache mit der Liebe nie gut aus.” (Zitat S.125) Sie muss sich darum kümmern, dass ihr Vater sie nicht findet. Und Tristan will ihr auch nicht noch mehr Probleme bereiten. Dennoch kommen sie sich immer wieder ungewollt näher…
Das Cover wirkt ein wenig unscheinbar, ein bisschen schlicht, aber dennoch schön gestaltet. Der Roman wird aus zwei Sichtweisen erzählt. In nicht allzu langen Kapiteln wechseln sich Zoey und Tristan mit der jeweiligen Ich-Perspektive ab. “Everything we feel” umfasst eine heftige Thematik: “Ohne Vorwarnung fallen mich die Erinnerungen an, schießen aus dem Dunkel heraus, in dem ich sie zu begraben versuche: Coles Schreie, Kates Schluchzen, Moms Gesicht, wie es unter den niederprasselnden Schlägen aufplatzt. Die Kühlschranktür, die nur noch an einer Angel hängt. Dann das blau-weiß-rote Flackern der Lichter draußen und das wütende Brüllen meines Vaters. Du kleine Schlampe! Ich bring dich um!” (Zitat S.10ff) Häusliche Gewalt in der Familie, darauf deutet auch die Triggerwarnung zu Beginn des Buchs hin. Mit Zoey hat Sarah Alderson eine faszinierende, unheimlich starke Protagonistin geschaffen. Die der Polizei nicht mehr vertraut, und für ihre Familie alles tun würde, die die Finanzen der Familie verwaltet, weil ihre Mutter dazu nicht in der Lage ist. Erst Tristan sieht, was sie in den letzten Jahren alles auf sich genommen hat. Der auch alles für sie tun würde, weil er sich selbst Vorwürfe macht sie damals nicht beschützt zu haben: “Wenn ich damals geredet hätte, wäre vielleicht nichts von alldem passiert und sie wären heute nicht hier. Würden nicht in ständiger Angst leben. Ich weiß, dass ihr Vater Will geschlagen hat, aber nicht, ob er auch auf Zoey losgegangen ist. Der Gedanke, dass es so sein könnte, macht mich ganz krank vor Wut und Schuldgefühlen. Die bloße Vorstellung, dass ihr jemand wehtun könnte…” (Zitat S.61) Die Liebesgeschichte zwischen den beiden ist höchst emotional zu lesen. Allgemein hat Sarah Alderson einfach eine unheimlich berührende Art zu erzählen. Gefühle in Worte zu packen, Begegnungen zu schildern und die Nuancen zwischenmenschlicher Töne zu treffen, das kann sie einfach meisterhaft! “Einen Moment lang stehen wir beide da und sehen einander an, und sein Blick fühlt sich an wie eine Einladung, in seine Arme zurückzukehren. Als müsse er gegen den Impuls ankämpfen, mich an sich zu ziehen. Aber ich weiß, seine Nähe ist ein Gefühl, an das ich mich nicht gewöhnen darf. Weil es nicht echt ist. Es gibt keine Sicherheit, nirgends, und es wäre gefährlich, mir etwas anderes vorzumachen.” (Zitat S.94) Herzergreifende Szenen, höchst dramatische Momente, ein Auf und Ab der Gefühle — langweilig wird es in “Everything we feel” nie. Der flüssige Schreibstil lässt einen geradezu über die Seiten fliegen! Am Ende — wenn man fast vermutet, dass es schon vorbei ist — gibt es noch mal eine große Portion Spannung und Nervenkitzel.
Fazit: Ganze klare Leseempfehlung!!
Du magst Sarah Aldersons Erzählstil? Dann greif noch zu ihren anderen Büchern, chronologisch nach Erscheinungsdatum sortiert: “Ein Herzschlag danach” (Band 1) und “Kein Augenblick zu früh” (Band 2), beide echt herausragend!! Danach erschienen die Einzeltitel “Die Bucht” (romantisch, mit viel Ironie und sehr authentisch), “Keep me safe” (ein Thriller mit einem Schuss Romantik), “Trust in love” und “Lass mich nicht los” (toll!) Gute Alternativen zu Sarah Alderson sind Colleen Hoover oder Lea Coplin. Liebesgeschichten und das Thema häusliche Gewalt, das findest du außerdem in dem gelungenen “Nur noch ein einziges Mal” von Colleen Hoover (hier ist es der Freund und nicht der Vater) und in der Spannungsreihe von Rebecca Donovan: “Liebe verletzt”, “Liebe verwundet”, “Liebe verrät”. Oder greif zu “Wie der Vater so der Tod” von Tracy Bilen und zu “Der Feind ganz nah” von Susanne Clay. Richtig klasse fand ich auch “In deinem Licht und deinem Schatten” von Louisa Reid, die leider eher noch ein Geheimtipp ist oder “Das Ende der Lügen” von Laura Summers. Ein neuerer Titel, der dieses Jahr zu Recht für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert ist, ist “You are (not) safe here” von Kyrie McCauley. Auf der Flucht vor dem Vater und plötzlich verliebt ist zudem die Protagonistin in “Weil du mich liebst” von Shannon Greenland.
Bibliografische Angaben: Verlag: Ravensburger ISBN: 978-3-473-58541-0 Erscheinungsdatum: 26.März 2021 Einbandart: Broschur Preis: 12,99€ Seitenzahl: 448 Übersetzer: Sarah Heidelberger Originaltitel: "Watch over me" (unter Psyeudonym: Mila Gray) Originalverlag: Simon & Schuster Amerikanisches Originalcover:
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