Reiner Engelmann — Der Buchhalter von Auschwitz: Die Schuld des Oskar Gröning

12.September 2019

Der deut­sche Autor Rei­ner Engel­mann hat ein wei­te­res Buch über den Holo­caust geschrie­ben“Der Buch­hal­ter von Ausch­witz: Die Schuld des Oskar Grö­ning”. Dies­mal wid­met er sich erst­mals der Per­spek­ti­ve des Täters zu, anstatt nur aus der Sicht des Opfers zu schrei­ben. Er rückt Oskar Grö­ning, der letz­tes Jahr erst ver­stor­ben ist, in den Mit­tel­punkt sei­nes bio­gra­fi­schen Buches. Eine Geschich­te über Schuld, das Leben in Ausch­witz und den Wer­de­gang eines Man­nes, der sich nur als klei­nes “Räd­chen im Getrie­be” sah, nicht aber als Täter. Ein erschre­cken­des, hef­ti­ges — aber ein wich­ti­ges Buch. Nun neu als Taschen­buch erschie­nen. Für rei­fe Jugend­li­che ab 14 Jah­ren und Erwachsene.

Oskar Grö­ning wur­de in Nien­burg gebo­ren und begann als 17-jäh­ri­ger eine Aus­bil­dung als Bank­kauf­mann. Als Mit­glied der Hit­ler­ju­gend schloss er sich schließ­lich auch der Waf­fen-SS an. Woll­te teil­hal­ben an der Macht, auf der Sie­ger­sei­te ste­hen. Mit 21 Jah­ren erhielt er einen ganz beson­de­ren Auf­trag, der es sogar ver­lang­te, dass er eine Ver­schwie­gen­heits­klau­sel unter­schrieb. Er lan­de­te in Ausch­witz. Dort im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger wur­de er Der Buchhalter von Auschwitz von Reiner Engelmannauf­grund sei­ner beruf­li­chen Aus­bil­dung als Buch­hal­ter ein­ge­setzt. Er zähl­te das Geld, das den Häft­lin­gen abge­nom­men wur­de. Er über­wach­te auch die Gepäck­stü­cke an der Ram­pe, wenn neue Trans­port­wä­gen mit Juden ein­tra­fen. Damit nie­mand sich dar­an berei­cher­te. Dass Men­schen in den Kre­ma­to­ri­en star­ben, das bekam Oskar Grö­ning mit. Eben­so ande­re Grau­sam­kei­ten. Aber die Juden waren eben der Feind. Und es war nun mal Krieg. “Er hat­te schnell gelernt, die Unan­nehm­lich­kei­ten des Lagers ent­we­der aus­zu­blen­den oder erst gar nicht hin­zu­se­hen. Mit dem Hun­ger und dem Tod der Häft­lin­ge hat­te er ja nichts zu tun. Er, Oskar Grö­ning, war doch nur für das Geld ver­ant­wort­lich. Und die­se Auf­ga­be erfüll­te er gewis­sen­haft.” (Zitat S.47) Doch vie­le Jah­re spä­ter wird er sich vor Gericht dafür ver­ant­wor­ten müssen…

Har­te Kost erwar­tet den Leser in “Der Buch­hal­ter von Ausch­witz: Die Schuld des Oskar Grö­ning”. Das Buch ist im Grun­de kein wirk­li­cher Roman, son­dern eher ein Sach­buch. In meh­re­ren Tei­len und Kapi­teln erzählt Rei­ner Engel­mann Oskar Grö­nings Lebens­ge­schich­te bis Der Buchhalter von Auschwitz von Reiner Engelmannzu sei­ner Zeit in Ausch­witz, aber auch noch sei­nen Wer­de­gang danach. Die Erzäh­lun­gen sind nicht immer chro­no­lo­gisch, mal gibt es Ein­schü­be, die bestimm­te Ereig­nis­se genau­er beschrei­ben. Das ist nicht unbe­dingt ver­wir­rend, aber man­che Din­ge wer­den daher aus unter­schied­li­chen Blick­win­keln mehr­mals beleuch­tet. Vor allem, da im zwei­ten Teil des Buches neben der Per­spek­ti­ve des Täters — auch die eines Opfers beschrie­ben wird: die Jüdin Éva Fahi­di wird hier in den Mit­tel­punkt gestellt. Im drit­ten und letz­ten Teil wer­den der Pro­zess gegen Oskar Grö­ning und die Gerichts­ur­tei­le behan­delt. Eben­so wird die Fra­ge geklärt, war­um es so spät erst zu einer Ankla­ge kam. Äußerst hilf­reich beim Lesen fand ich die mit einem Stern­chen mar­kier­ten Wör­ter, die im anschlie­ßen­den Glos­sar näher erläu­tert wer­den. Fach­be­grif­fe, aber auch vor allem Namen, zu denen man aus­führ­li­che Kurz­bio­gra­fien fin­den kann. Das Bild­ma­te­ri­al, das sich über vie­le Sei­ten erstreckt, ver­an­schau­licht außer­dem noch deut­li­cher die Zustän­de der dama­li­gen Zeit. Jedoch muss man sich dar­über im Kla­ren sein, dass dies kein Buch ist, das aus­blen­det oder ver­schö­nert. Rei­ner Engel­mann kon­fron­tiert sei­ne Leser mit der scho­nungs­lo­sen Wahr­heit und mit manch hef­ti­gen Sze­nen. Zum Bei­spiel schil­dert er, wie ein klei­nes Baby bru­tal gDer Buchhalter von Auschwitz von Reiner Engelmannetö­tet wird oder ein zehn­jäh­ri­ger Jun­ge Kon­ser­ven­do­sen auf Kopf und Schul­tern gestellt bekommt, auf die geschos­sen wird, bis ein geziel­ter Schuss schließ­lich in sein Gesicht trifft. Am Ende folgt nach einem kur­zen Epi­log noch ein Nach­wort des Autors.

Fazit: Ein wich­ti­ges The­ma, das nicht in Ver­ges­sen­heit gera­ten darf, unter­halt­sam und gut recher­chiert auf­be­rei­tet. Für Leser, die bereit sind sich mit einem bedeut­sa­mem Stück Ver­gan­gen­heit auseinanderzusetzen.

Übri­gens: Oskar Grö­ning wur­de zu einer Haft­stra­fe von 4 Jah­ren ver­ur­teilt, wegen Bei­hil­fe zum Mord in 300.000 Fäl­len. Trotz meh­re­rer Gna­den­ge­su­che, die abge­lehnt wur­den, soll­te er ins Gefäng­nis kom­men. Kurz vor sei­nem Haft­an­tritt die­ses Jahr ver­starb er jedoch im Kran­ken­haus. Sein Fall erhielt zuvor beson­de­re media­le Auf­merk­sam­keit, da er der ers­te noch leben­de SS-Mann war, der auf­grund einer sich ver­än­der­ten Rechts­la­ge zur Bei­hil­fe am Mord ver­ur­teilt wur­de. Die bis­he­ri­gen Urtei­le tra­fen nur Men­schen, die nach­weis­lich selbst getö­tet hat­ten. Jedoch wird Oskar Grö­ning auf­grund sei­nes Alters — er starb mit 96 Jah­ren — ver­mut­lich auch einer der letz­ten Ver­ur­teil­ten sein.

Wenn du noch mehr Bücher von Rei­ner Engel­mann über den Holo­caust lesen möch­test, grLesealternativeneif zu “Wir haben das KZ über­lebt: Zeit­zeu­gen berich­ten” und “Der Foto­graf von Ausch­witz: Das Leben des Wil­helm Bras­se”. Eine Neu­erschei­nung von ihm ist “Alo­dia, du bist jetzt Ali­ce!”. Ande­re Jugend­bü­cher von ihm sind: “Anschlag von rechts” oder schon etwas älter: “Zivil­cou­ra­ge jetzt”“Frei und gleich gebo­ren: Ein Men­schen­rech­te-Lese­buch”, “Dass wir heu­te frei sind: Ein Amnes­ty-Inter­na­tio­nal-Lese­buch” und “Kei­ner hat was gese­hen: Tex­te über Gewalt an der Schu­le”. Dich inter­es­siert das The­ma Holo­caust? In die­sem Spe­cial fin­dest du vie­le Bücher dar­über! Sehr emp­feh­len kann ich “28 Tage lang” von David Safier, “Der Klang der Hoff­nung” von Suzy Zail, “Der Jun­ge auf dem Berg” von John Boyle und “Ich habe den Todes­en­gel über­lebt” von Eva Mozes Kor/Lisa Roja­ny.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: cbt
ISBN: 978-3-570-31293-3
Erscheinungsdatum: 9.September 2019
Einbandart: Taschenbuch
Preis: 8,99€ 
Seitenzahl: 224 
Übersetzer: -
Originaltitel: - 
Originalverlag: -
Originalcover: -

Kasimiras Bewertung:

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(4 von 5 mög­li­chen Punkten)

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