Der britische Autor Philip Kerr hat mit “Friedrich der Große Detektiv” ein ganz besonderes Buch geschrieben - eine Hommage an Erich Kästner und sein erfolgreiches Werk “Emil und die Detektive”! Eine Geschichte über eine außergewöhnliche Freundschaft, über die Schrecken des Hitler-Regimes und den Mut Widerstand zu leisten. Hauptfiguren in dem Buch: der junge Friedrich und Erich Kästner selbst! Ein sehr unterhaltsamer, bewegender Roman — ideal, um auch jüngeren Lesern die Zeit des Nationalsozialismus näher zu bringen. Eingebunden in eine kleine Detektivgeschichte. Jetzt neu als Taschenbuch erschienen. Für Jugendliche ab 11 Jahren und interessierte Erwachsene.
Berlin. 1933. Der 13-jährige Friedrich lebt dort mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder Rolf in der Roscherstraße 14. Und nur zwei Häuser weiter lebt ein guter Freund der Familie: Erich Kästner. Friedrichs Vater, der Kulturredakteur des Berliner Tageblatts ist, hat auch beruflich mit ihm viel zu tun. Denn Erich Kästner schreibt gelegentlich Artikel für diese Zeitung. Er hat außerdem ein tolles Kinderbuch geschrieben, von dem der junge Friedrich hellauf begeistert ist: “Seit das Buch Emil und die Detektive 1929 herausgekommen war, hatte Friedrich es praktisch jeden Monat einmal gelesen — und das hieß zwanzig- oder dreißigmal insgesamt. […] Das Buch war vermutlich eines der erfolgreichsten Kinderbücher in Deutschland.” (Zitat S.15) Er hat von Erich Kästner sogar ein signiertes Exemplar geschenkt bekommen. Später möchte Friedrich selbst einmal Detektiv werden. Sein Bruder Rolf hält von all dem nicht viel, überhaupt ist das Familienleben durch ihn von vielen Streitereien geprägt. Rolf ist der NSDAP beigetreten und liefert sich regelmäßig Diskussionen mit Friedrichs Vater, der mit Hitlers Politik auf Kriegsfuß steht. Eines Tages nimmt Rolf seinen jungen Bruder mit auf eine Parade, die zu Ehren Hitlers gehalten wird. “Alles fühlte sich ganz anders an als sonst, fand Friedrich. Es war bestimmt das lauteste und aufregendste Spektakel, das er je gesehen hatte, und zum ersten Mal verstand er ein wenig, warum Rolf ein Nazi geworden war. Es war wie eine Art ansteckendes Fieber, das einem ins Blut ging und einen überwältigte.” (Zitat S.42) Doch Friedrich hält nicht viel von den Nazis. Wie sie die Juden behandeln, das gefällt ihm gar nich
t. Dann wollen sie auch noch bestimmte Bücher von bestimmten Autoren verbrennen. Auch die von seinem Freund Erich Kästner! Noch verwirrender wird das Leben jedoch für den jungen Friedrich, als er und seine Freunde von der Polizei gebeten werden einen Mann zu beschatten, der als Spion verdächtigt wird. Eigentlich toll für die kleine Clique, die auch sonst immer im Tierpark Fundsachen bei der Polizei abgibt, doch die Person, die sie bewachen sollen, ist niemand anderes als Erich Kästner…
Philip Kerr hat einen Roman geschrieben, der eine leichte Detektivgeschichte vor dem ernsten Hintergrund des Nationalsozialismus erzählt. Eine gelungene Kombination, die es nebenbei ermöglicht auch den Autor Erich Kästner etwas näher kennenzulernen. Viele wahre Begebenheiten sind in die Geschichte eingebaut oder auch Personen, mit denen der Autor damals zu tun hatte. Friedrich — als fiktives Element des Buches — wird eine ganz besondere Rolle zuteil: “Es ist wunderbar, einen jungen Menschen wie dich zu treffen, Friedrich. Manchmal reicht die eigene Vorstellung nämlich nicht aus. Ich habe zwar nie vergessen, wie es war, jung zu sein, doch trotzdem finde ich, wenn ich über Jungen schreibe, dann sollte ich möglichst selbst wieder einer werden. Was bedeutet, dass ich dich als meinen Berater brauche. Willst du mein Berater sein, Friedrich?” (Zitat S.52ff) Und so sorgt er nebenbei sogar dafür, dass Erich Kästner eine neue Idee für ein zweites Kinderbuch einfällt (“Emil und die drei Zwillinge”). Der Roman ist aus der Sicht eines allwissenden Erzählers geschrieben und in einzelne — mit ganz klassischen Überschriften versehene — Kapitel unterteilt. Zu Beginn muss ich gestehen, wirkte der Erzählstil noch etwas bemüht, manche Fakten oder Fragen etwas gekünstelt aneinandergereiht, aber dies löst sich glücklicherweise schnell. Friedrich ist ein wunderbarer Charakter, der durch seine naiv-kluge Art besonders hervorsticht: “Es war mehr als bloß eine Parade”, beharrte Rolf. “Es war wie ein Märchen, kleiner Bruder. Ein wahr gewordener Traum. […]” Friedrich grübelte darüber nach, welches Märchen Rolf wohl meinen könnte, aber das einzige, was ihm passend erschien, war Der Rattenfänger von Hameln. Doch das sagte er Rolf nicht, denn er hätte dafür bestimmt eine Kopfnuss bekommen. Es war nämlich kein wirklich günstiger Vergleich.” (Zitat S.43) Friedrich reflektiert und stellt sich (oder auch Erich
Kästner) wichtige Fragen, wie zum Beispiel, ob er schon ein Nazi ist, wenn er nur ein einer Parade teilnimmt. Auch möchte er unbedingt bei der Bücherverbrennung anwesend sein, wie er seinem Vater erklärt: “Jedenfalls war das [Anmerkung: Bücherverbrennung 1497 in Italien] ein geschichtliches Ereignis”, fuhr Friedrich fort. “Und ich habe mir überlegt, dass das heute Abend vielleicht auch ein geschichtliches Ereignis sein könnte. Und da möchte ich dabei sein, Vater. Das ist besser, als darüber später in einem Buch zu lesen.” (Zitat S.89) Die Geschichte ist unterhaltsam und in einer sehr mitreißenden, angenehmen Sprache erzählt. Der Prolog und der Epilog, die einen Bogen um die Erzählung spannen, sind traurig, aber sehr passend. Ebenso wie das fantastische Cover, das auf jeden Fall an das Originalbuch von Erich Kästner erinnert.
Fazit: Eine gelungene Geschichte mit tollen Illustrationen!
Übrigens: Hast du gewusst, dass Erich Kästner eigentlich genauso wie seine berühmte Kinderbuchfigur heißt? Sein vollständiger Name ist nämlich Emil Erich Kästner!
Wenn du noch mal nachlesen willst, wie das damals so war mit Emil Tischbein mit dem bösen Grundeis, dann lies doch noch mal “Emil und die Detektive” und die Fortsetzung “Emil und die drei Zwillinge”. Andere Kinderbücher von Erich Kästner sind “Das fliegende Klassenzimmer”, “Das doppelte Lottchen” oder “Der kleine Mann und die kleine Miss”. Er hat auch viele Geschichte noch einmal neu erzählt, wie zum Beispiel “Till Eulenspiegel”, “Die Schildbürger” oder “Gullivers Reisen”. Wenn du noch andere Bücher von Philip Kerr lesen möchtest, dann greif zu dem tollen “Winterpferde” (spielt während des 2.Weltkriegs, ab 14 Jahren) oder zu der fantastischen “Die Kinder des Dschinn”-Reihe (ab 10). Für Jugendliche ab 12 Jahren hat er noch “Geheimmission Mond” und für Jugendliche ab 11 Jahren “Die schaurigste Geschichte der Welt” geschrieben. Eine sehr berührende Geschichte, die während des zweiten Weltkriegs spielt und auch Freundschaft in den Vordergrund rückt, ist “Flügel aus Papier” von Marcin Szczygielski. Oder lies “Der Pfad: Die Geschichte einer Flucht in die Freiheit” von Rüdiger Bertram.
Bibliografische Angaben:Verlag: Rowohlt ISBN: 978-3-499-00070-6 Erscheinungsdatum: 28.Januar 2020 Einbandart: Taschenbuch Preis: 10,00€ Seitenzahl: 256 Übersetzer: Christiane Steen Originaltitel: "Frederick the Great Detective" Originalverlag: - Originalcover: -
Kasimiras Bewertung:
(4 von 5 möglichen Punkten)
--------------------------------------------- Fotos oben: Abfotografiert aus dem Roman "Friedrich der Große Detektiv"
Pingback: [Rezension]: Philip Kerr – Friedrich der große Detektiv – Lesen macht glücklich