“The Twin: Geliebtes Schwesterlein” ist das erste Buch der britischen Autorin Natasha Preston, das ins Deutsche übersetzt wurde. Sie erzählt die Geschichte der (Zwillings-)Schwestern Iris und Ivy, die nach der Trennung ihrer Eltern ebenfalls getrennt wurden und nun — nach dem Tod der Mutter — wieder zusammen wohnen dürfen. Doch warum hat Ivy das Gefühl, dass Iris sich immer mehr in ihr Leben drängt? Buchstäblich ihren Platz einzunehmen versucht? Was hat ihre Schwester vor? Ein atmosphärisch dicht erzählter Psychothriller über Trauerbewältigung, Schwesternbeziehungen und dunkle Abgründe menschlicher Seelen. Eine Geschichte, die langsam beginnt und seine Leser immer mehr in ihren Bann zieht. Für Jugendliche ab 13 Jahren und interessierte Erwachsene.
Vor zwei Wochen ist Ivys Mutter gestorben. Ein tödlicher Unfall. Und obwohl Ivy seit der Trennung ihrer Eltern vor sechs Jahren bei ihrem Vater lebt, trifft sie der Verlust ihrer Mutter hart. Denn damals — als die Zwei sich nach unzähligen Streitereien getrennt haben, hat sie sich für ihren Vater entschieden. “Iris und ich haben nie darüber gesprochen, aber für sie war die Trennung eine Überraschung. Sie brüllte, und dann weinte sie, während ich stumm danebensaß und im Stillen plante, wie ich ihnen beibringen würde, dass ich bei Dad bleiben wollte.” (Zitat aus “The Twin: Geliebtes Schwesterlein” S.8) Und auch wenn Bekannte und Freunde sagten, dass es doch unmöglich sei, Zwillinge voneinander zu trennen, haben sie dies gemacht. “Dad und ich hatten uns immer nahegestanden, wir haben eine Menge gemeinsame Vorlieben, von Filmen und Musik bis zu Hobbys und Essen. Er ist derjenige, der klare Regeln aufstellt, ohne die ich nicht zurechtkommen würde. Mom war locker, manchmal zu locker, bei ihr hätte ich niemals etwas geschafft.” (Zitat S.8ff) Denn Ivy und Iris sind sehr verschieden. Während Iris eher emotional ist, ist Ivy die Rationale, Vernünftigere der beiden. Sie ist ehrgeizig, will unbedingt ein Schwimmstipendium gewinnen und versucht alle auftauchenden Probleme am liebsten sofort zu lösen. Nun zieht Iris wieder in das Haus ihres Vaters ein, doch sie kommt Ivy vor wie eine Fremde. Die beiden standen sich früher schon nicht allzu nah. Doch nun ist es äußerst schwierig wieder an sie heranzukommen. “Iris hat jetzt niemanden. Sie war beliebt und hatte immer eine Riesenclique
um sich, aber sie spricht mit niemandem von ihrer alten Schule. Es ist komisch, dass eine, die immer von Leuten umgeben war, plötzlich keine einzige Freundin mehr hat.” (Zitat S.51) Also versucht Ivy sie in ihre Clique und an ihrer Schule zu integrieren. Aber warum hat sie immer mehr das Gefühl, dass Iris sie eigentlich gar nicht braucht, sondern nur noch mehr Raum in ihrem Leben einnehmen will? Als sie einen Stundenplan erhält, in dem sie die meisten Kurse getrennt von Ivy verbringt, macht sie ordentlich Theater, dass sie sich alles noch nicht alleine zutraue, und erhält schließlich einen neuen, in dem sämtliche Kurse mit denen von Ivy übereinstimmen. “Sie braucht mich nicht. Ihre Reaktion auf den ersten Stundenplan war eine Shownummer. Iris will aus einem anderen Grund in meinen Kursen sein. Warum?” (Zitat S.91) Immer mehr hat Ivy den Eindruck, dass ihre Schwester einen ganz eigenen Plan verfolgt…
Das Cover wirkt düster, fast ein wenig unscheinbar, aber irgendwie interessant. Eine gelbe Rose, die heile ist und eine, die buchstäblich zerfetzt aussieht? Das passt hervorragend auf das inhaltliche Setting der Geschichte, welche durchgehend in der Ich-Perspektive und aus Ivys Sicht geschrieben ist. Die Sprache ist sehr klar und angenehm zu lesen. Am Anfang wird noch ein besonderes Augenmerk auf die Trauerverarbeitung der Protagonistin gelegt wird, die sehr von dem Tod der Mutter mitgenommen wird: “Es gibt keine Worte für das, was passiert ist. Alles, woran ich denken kann, kommt mir leer und belanglos vor. Nichts ist groß genug, um die gewaltige Leere zu füllen, die unsere Mom hinterlassen hat.” (Zitat S.6) Hier wird schnell der Unterschied zur Zwillingsschwester Iris klar, die zwar eigentlich die Emotionalere der beiden ist, aber bisher noch kein einziges Mal geweint hat. Nicht einmal nachts kann Ivy ihre Schwester Tränen vergießen hören. Doch sobald sie Iris auf ihre Mutter anspricht, blockt diese das Thema ab. Will nicht darüber reden. Während Ivy eine Therapie beginnt, um ihre Trauer zu verarbeiten, möchte Iris möglichst
schnell wieder zur Schule gehen. Anschluss finden. Jede Menge unheilvolle Momente werden in den Psychothriller eingearbeitet. Gleich zu Beginn findest sich beispielsweise folgende Stelle am Ende eines Kapitels wieder: “Ich schließe die Autotür und blicke mich dabei zum Haus um. Was? An meinem Armen sträuben sich die Haare. Iris beobachtet mich durch ein Fenster im ersten Stock. Aber sie ist nicht in ihrem Zimmer. Sondern in meinem.” (Zitat S.11) Die Spannung baut sich in “The Twins: Geliebtes Schwesterlein” immer mehr auf. Manchmal hätte durchaus noch etwas mehr sein können, einiges an Formulieren wiederholt sich irgendwie auch. Gegen Ende spitzt sich alles dann ziemlich zu. Jedoch muss ich gestehen, dass mir der Ausgang leider nicht besonders gefallen hat. Man wartet auf den großen Clou und ist dann etwas enttäuscht, wie alles ausgeht.
Im Deutschen ist “The Twin: Geliebtes Schwesterlein” bisher das einzige Buch von Natasha Preston. Auf Englisch kannst du noch einige mehr auf ihrer Homepage finden. Du magst spannende Geschichten über Zwillinge? Dann lies zum Beispiel “Book of lies” von Teri Terry, hier lernen sich die Zwillingsschwestern erst bei der Beerdigung der Mutter kennen. Oder “Two can keep a secret” von Karen McManus oder auch sehr passend “Die Seele meiner Schwester” von Trisha Leaver. Richtig klasse sind außerdem “Feuerschwester” von Emiko Jean, “In deinem Licht und Schatten” von Louisa Reid und “Zertrennlich” von Saskia Sarginson. Das eigene Leben, in das sich jemand anderes nach und nach hineindrängt? Diese Thematik findest du in einigen sehr gelungenen Romanen: “Böses Mädchen” von Amélie Nothomb, “Die Wahrheit über Alice” von Rebecca James, “Spinnenfalle” von Nina Schindler, “Du denkst, du weißt, wer ich bin” von Em Bailey, “Spring in den Himmel” von Lotte Kinskofer, “Böse, böse” von Elizabeth Woods und “Die Besessene” von S.B.Hayes. Etwas neuer wäre noch “LifeHack: Dein Leben gehört mir” von June Perry.
Bibliografische Angaben:Verlag: cbt ISBN: 978-3-570-31403-6 Erscheinungsdatum: 9.November 2021 Einbandart: Broschur Preis: 13,00€ Seitenzahl: 432 Übersetzer: Gabriele Haefs Originaltitel: "The twin" Originalverlag: Delacorte Press Britisches Originalcover:
Trailer zum Buch (auf Englisch):
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Kasimiras Bewertung:
(3,5 von 5 möglichen Punkten)
------------------------------------ Britisches Cover: Homepage von Natasha Preston