“Paradise Project: Der Schein lügt” ist der neueste Thriller der niederländischen Autorin Mirjam Mous. Eine Geschichte über ein paar Jugendliche, die versuchen den scheinbaren Unfalltot eines Verwandten als einen Mord zu entlarven und mitten in ein Geflecht aus Korruption, Macht und Erpressung hineingeraten. Packend erzählt. Für Jugendliche ab 12 Jahren und interessierte Erwachsene.
Der 16-jährige Mink liebt das Zaubern. So möchte er natürlich auch am Berufsorientierungstag seiner Schule am liebsten einen Tag lang einem Illusionisten bei seiner Arbeit über die Schulter schauen. Nur leider sehen diese das nicht so positiv und er erntet nur Absagen oder gar keine Reaktionen auf seine Anfragen. Wohl oder übel muss eine Alternative her und seine besten Freudin Jools organisiert ihm einen Tag bei ihrem Onkel Hermann, der als Journalist beim Dagblad Zuid arbeitet. Ziemlich langweilig, findet Mink. Ein Interview mit einem Schriftsteller. Eine Eröffnungsfeier eines Kinderbauernhofs. Das ist nicht wirklich spannend. “Natürlich schreibe ich oft über läppische Dinge”, sagte er. “Ich muss eben wie jeder andere die Miete zahlen und die Lokalnachrichten bringen Geld in die Kasse. Aber unterdessen arbeite ich an einer anderen, viel wichtigeren Story. Etwas Großem.” “Worum geht’s?” “Das kann ich jetzt noch nicht verraten, aber sie wird einschlagen wie eine Bombe.” (Zitat S.45) Mehr bekommt MInk leider nicht aus ihm heraus. Umso überraschter und entsetzter ist er also, als er bei einem Spaziergang mit seinem Hund einen Toten im Schilf am Fluss findet — Onkel Hermann! Angeblich soll er eines ganz natürlichen Todes gestorben sein. Doch das glauben Jools und Mink nicht und beginnen auf eigene Faust zu recherchieren. Und lösen eine Kette unerwartete Ereignisse aus…
“Paradise-Project: Der Schein lügt” ist aus mehreren Perspektiven in personaler Erzählweise geschrieben. Der Hauptteil der Ereignisse spielt sich im Frühjahr 2017 ab — darauf weisen die Datumsangaben am Anfang jedes Kapitels hin — aber es gibt auch Rückblenden in das Jahr 2015, das den Beginn von Mink und Jools Freundschaft markiert. Hauptsächlich erzählt jedoch Mink die Geschichte und wird immer wieder durch die Perspektive von Nebenfiguren ergänzt, unter anderem die von Onkel Hermann, was noch ein differenzierteres Bild auf die Geschehnisse gibt. Beim Klappentext fand ich den Abgang etwas schwach, ebenso die Erklärung zum Titel des Buches taucht erst ganz am Ende der Geschichte auf und war für mich fast schon etwas zu zweitrangig, als dass sie titelwürdig war. Unterhaltsam ist “Paradise-Project: Der Schein lügt” zum Glück dennoch. Dafür sorgen vor allem manch geheimnisvolle Andeutungen: “Dass sein Leben nur zwei Jahre später zum Albtraum werden würde, schien damals noch vollkommen absurd.” (Zitat S.34) und “Er konnte ja nicht wissen, das ihm das Schlimmste noch bevorstand.” (Zitat S.48) Ab Mitte des Buches ist es dann völlig unmöglich, das den Thriller aus den Händen zu legen. Die Sprache ist sehr flüssig und besonders das Motiv des Zauberns, das sich in Zitaten vor jedem Erzählteil wiederfindet, aber auch in den Handlungsweisen des Protagonisten ist mal etwas ganz anderes. Für mich blieb die Geschichte insgesamt doch eher etwas oberflächlich und ging nicht ganz so schön in die Tiefe wie zum Beispiel ihr letzter Thriller “Last Exit: Das Spiel fängt gerade erst an”.
Fazit: Ein souverän erzählter Thriller.
Dir gefällt Mirjam Mous’ Erzählart? Dann lies noch ihre anderen Thrillern, sortiert nach Erscheinungsdatum: “Ich wollte, es wäre gestern” (2006), “Boy 7: Vertraue niemandem. Nicht einmal dir selbst” (2011, ihr bekanntestes Buch, wurde 2015 verfilmt), “Room 27: Zur falschen Zeit am falschen Ort” (2012), “Password: Zugriff für immer verweigert” (2012), “Crazy Games: Der perfekte Tag, der in der Hölle endet” (2015, toll!), “Virus: Wer aufgibt, hat verloren” (2016) und “Last Exit: Das Spiel fängt gerade erst an” (2017). Die Bücher sind alles Einzeltitel. Eine gute Lesealternative ist auch “Liquidator” von Andy Mulligan. In diesem schnuppern ein paar Jugendliche ebenfalls bei einem Schulprojekt in die Berufswelt hinein und geraten mitten in die illegalen Praktiken einer großen Firma. Ähnliches passiert den Protagonisten in dem spannenden “Brennendes Wasser” von Lukas Erler, die von einem Konzern verfolgt werden, weil sie etwas herausgefunden haben, das eigentlich niemand wissen darf. Gejagt wird auch die Hauptfigur in “Die Scanner” von Robert M. Sonntag. Oder lies “Dangerous deal” von Andreas Schlüter, in denen der Protagonistin zufällig hochbrisantes Material in den Händen hält und damit echte Probleme kriegt. Gut vorstellen könnte ich mir auch die Neuerscheinung “Stilles Gift” von Severin Schwendener und den Umweltroman “Schatten des Dschungels” von Katja Brandis.
Bibliografische Angaben:Verlag: Arena ISBN: 978-3-401-60431-2 Erscheinungsdatum: 15.Juni 2018 Einbandart: Broschur Preis: 13,00€ Seitenzahl: 288 Übersetzer: Verena Kiefer Originaltitel: "Het Eos-project" Originalverlag: Van Goor Niederländisches Originalcover:
Niederländischer Trailer:
Kasimiras Bewertung:
(3,5 von 5 möglichen Punkten)
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