Die niederländische Autorin Mirjam Mous hat mit “Data Leaks: Wer macht die Wahrheit?” einen dystopischen Thriller geschrieben, der erste Teil einer zweibändigen Reihe. Eine Geschichte über Digitalisierung, Datenmanipulation und Macht und zwei Geschwister, die in einer Welt in der nahen Zukunft zwischen die Fronten geraten. Hochbrisant und gewohnt temporeich erzählt — von einer Garantin für Spannung und gute Unterhaltung! Für Jugendliche ab 14 Jahren und interessierte Erwachsene.
In der Welt, in der die Geschwister Holden und Prissly leben, ist vieles anders. Die Menschen tragen ID-Bändchen, mit denen sie geortet werden können. Mit denen ihre Gesundheit überwacht wird. Mit denen sie bezahlen können. Sämtliche Waffen wurden vernichtet. Nur die Ordnungshüter besitzen noch Taser und Gummiknüppel. Das Leben ist angenehm. Es gibt keine Kriminalität, fast keine Krankheiten mehr und keine Umweltverschmutzung. Holden jedoch hält sich nicht gerne an Regeln. Er ist oft heimlich in abgesperrten Bezirken unterwegs, wie dem verbotenen Naturschutzgebiet. Eines Tages stürzt er dort durch den Boden und landet in einem alten Schutzkeller, der vollgefüllt ist mit überlebensnotwendigen Gegenständen aus längst vergangenen Zeiten. Dort findet er auch alte Vorratsdosen: “Das sind Lebensmittel. Keine Yummys, Shakes oder Vita, sondern nicht manipulierte Nahrungsmittel, wie sie die Leute früher gegessen haben. […] Alles, was hier steht, stammt noch aus den Jahren der Großen Umkehr, als die Menschen noch befürchteten, der Dritte Weltkrieg könnte ausbrechen. Unsere neuen Führenden berichten jedes Jahr an Happy Day davon.” (Zitat aus “Data Leaks: Wer macht die Wahrheit?” S.15) Die Leuchtraketen, die ebenfalls in dem Schutzkeller gelagert sind, nimmt er kurzerhand mit. Holdens Schwester Prissy hingegen verliert sich in ihrem Alltag meist in Camchat-Gesprächen mit ihren Freundinnen und den Sehnsüchten nach den neuesten Designerklamotten. Über ihr Camphone ist sie mit ihnen verbunden, tauscht Camfies mit ihnen aus. Für den Happy
Day hat sie sich ein neues Kostüm gekauft, doch nun hat ausgerechnet die bekannte Vloggerin Reese einen Betrag gepostet, dass genau dieses völlig out wäre. Prissy braucht unbedingt ein neues, doch ihre Mutter will ihr keines kaufen. Soll sie das neue Outfit wirklich heimlich mit dem Armband ihrer Mutter bezahlen? Bald überschlagen sich die Ereignisse. Prissy wird von einem unbekannten Jungen angeschrieben, der sich Mo nennt und behauptet sie zu kennen und Holden landet nach einer Straftat im Cliffton Institut. “Der Ort, an dem sie Gestörte und Kriminelle verwahren. […] Eine leider notwendige Initiative unserer neuen Führenden”, sagt Chapman. “Menschen, die sich nicht an die Regeln halten, werden dort aufgenommen und behandelt, um Frieden und Ordnung in unserer Stadt zu bewahren.” (Zitat S.99) Mit Hilfe von Mo versucht Prissy ihren Bruder daraus zu befreien. Doch sie ahnt nicht, dass es kein Zufall
ist, dass Holden für das Institut ausgewählt wurde und dass all das mehr mit der Vergangenheit ihres toten Vaters zu tun hat, als sie beide je für möglich gehalten hätten…
Das Cover wirkt faszinierend. Ebenso wie die Welt in der zeitlich unbenannten Zukunft, die Mirjam Mous für ihre Leser erschaffen hat: “Unsere Energie stammt jetzt nur noch aus grünen Quellen. Unsere Elektroautos sind so programmiert, dass sie keinem Menschen mehr Schaden zufügen können. Unser Ernährungsmuster wurde verändert, sodass kein Mensch mehr Hunger leiden muss. Unsere Kleidung wird nachhaltig produziert und unser weniger Abfall kann restlos recycelt werden.” (Zitat S.63) Auch Flugreisen für Touristen wurden abgeschafft, um die Luftqualität zu verbessern. Reisen kann man in der virtuellen Realität ohnehin viel besser von Zuhause aus. Erzählt wird der dystopische Thriller aus sich abwechselnden Perspektiven: Prissy und Holden berichten kapitelweise in der jeweiligen Ich-Perspektive. Das Buch ist in vier Teile eingeteilt, die mit einem Zitat beginnen wie zum Beispiel passend auf S.5: “Sie wollte die Welt sehen. Er installierte Google Earth.” (Leukespreuken.nl) Schon zu Beginn ist man bereits mitten im Geschehen, durchstreift mit Holden ein verbotenes Gebiet und stürzt in einen geheimen Schutzbunker, aus dem dieser sich erst einmal befreien muss. Oder man begleitet Prissy, wie sie in ein altes Schwimmbad geht und von dem mysteriösen Mo angeschrieben wird. Mirjam Mous versteht es einfach ihre Leser zu fesseln und hervorragend zu unterhalten. Die Kapitel
sind nicht allzu lang und enden meist mit gemeinen Cliffhängern, die zu einem ständigen Weiterlesen und Bloß-nicht-Aufhören animieren. Andeutungen über die Vergangenheit des Vaters machen neugierig: “Als Pa Feuer fing, gab es nichts, das ihn schützte.” (Zitat S.8) Immer mehr Details werden offenbart und bald wird klar, dass in dieser Welt in der Zukunft nicht alles so rosig ist wie es scheint. Datenmissbrauch, Überwachung, Kontrolle — die niederländische Autorin hat es mal wieder geschafft brisante Themen in eine hochspannende Geschichte einzubauen. Ideal für Jungs und auch für Mädchen, die einfach gut unterhalten werden wollen, aber auf gedanklichen Tiefgang und Anregung für eigene Überlegungen nicht verzichten wollen. Das Ende verwirrt ein wenig und macht deutlich — es geht weiter. Der offene Ausgang macht neugierig auf die Fortsetzung!
Der zweite Teil “Data Leaks: Wer kennt deine Gedanken?” erscheint im April 2021. Dir gefällt Mirjam Mous’ Erzählart? Dann lies noch ihre anderen Thrillern (alles Einzeltitel), sortiert nach Erscheinungsdatum: “Ich wollte, es wäre gestern” (2006), “Boy 7: Vertraue niemandem. Nicht einmal dir selbst” (2011, ihr bekanntestes Buch, wurde sogar 2015 verfilmt), “Room 27: Zur falschen Zeit am falschen Ort” (2012), “Password: Zugriff für immer verweigert” (2012), “Crazy Games: Der perfekte Tag, der in der Hölle endet” (2015, toll!), “Virus: Wer aufgibt, hat verloren” (2016) und “Last Exit: Das Spiel fängt gerade erst an” (2017). Eine gute Alternativen zu Mirjam Mous sind zum Beispiel die Bücher der Bestsellerautorin Ursula Poznanski “Elanus” oder “Erebos” und “Erebos 2”. Überwachung findest du ebenso in “Little Brother” und “Little Brother: Homeland” von Cory Doctorow, der allgemein sehr viel über Gamer, Hacken und Internetkriminalität schreibt oder in “Vront” von Yves Grevet.
Bibliografische Angaben:Verlag: Arena ISBN: 978-3-401-51235-8 Erscheinungsdatum: 17.Juni 2021 Einbandart: Taschenbuch Preis: 10,00€ Seitenzahl: 408 Übersetzer: Verena Kiefer Originaltitel: "H@ck: Het instituut #1" Originalverlag: Uitgeverij Unieboek Niederländisches Originalcover:
Trailer zum Buch (auf Niederländisch):
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(4,5 von 5 möglichen Punkten)
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