Melissa C. Hill, Anja Stapor — Lupus Noctis

Kasimira26.November 2022

Die deut­schen Autorin­nen Melis­sa C.HillI und Anja Sta­por stam­men tat­sĂ€ch­lich bei­de aus dem Hand­lungs­ort ihres Thril­lers “Lupus Noc­tis”: Gun­zen­hau­sen. Denn dort liegt ein Bun­ker­kran­ken­haus. WĂ€h­rend des Kal­ten Krie­ges errich­tet, soll­ten Men­schen hier vor nuklea­ren Angrif­fen geschĂŒtzt und medi­zi­nisch ver­sorgt wer­den. In der fik­ti­ven Geschich­te schleicht sich eine Grup­pe Jugend­li­cher in den Bun­ker ein, um an die­sem Ort ein nĂ€cht­li­ches Rol­len­spiel zu spie­len. Doch sie schei­nen nicht allei­ne zu sein und dann ist auf ein­mal auch noch der SchlĂŒs­sel zum Aus­gang ver­schwun­den
 Ein Thril­ler, der aus meh­re­ren Per­spek­ti­ven erzĂ€hlt wird. Mit einem fas­zi­nie­ren­den Set­ting und jeder Men­ge Span­nung. FĂŒr Jugend­li­che ab 14 Jah­ren und Erwachsene.

Theo hat das Rol­len­spiel Lupus Noc­tis erfun­den. Die Spiel­re­geln zusam­men mit sei­nen Freun­den immer aus­ge­feil­ter gestal­tet. Nun hat er wie­der eine neue Spiel­run­de initi­iert. â€œDafĂŒr ist die Loca­ti­on, in die er die Grup­pe heu­te hin­ein­schmug­geln wird, ein­fach extrem cool. Cool und unheim­lich Die per­fek­te Kom­bi fĂŒr ein span­nen­des Wochen­en­de. Und fĂŒr die viel­leicht denk­wĂŒr­digs­te Spiel­run­de aller Zei­ten.” (Zitat aus “Lupus Noc­tis” S.14) Denn Theo hat dies­mal einen ganz beson­de­ren Ort fĂŒr sie her­aus­ge­sucht. Ein altes Bun­ker­kran­ken­haus, tief unter der Erde. Den SchlĂŒs­sel dafĂŒr hat er heim­lich von sei­ner Tan­te geklaut, die im Stadt­ar­chiv arbei­tet. Der per­fek­te Platz fĂŒr ihr heiß gelieb­tes Spiel, bei dem sie durch Aus­lo­sung ver­schie­de­ne Rol­len anneh­men. Wer­wöl­fe gegen Dorf­be­woh­ner. Jeder mit beson­de­ren FĂ€hig­kei­ten. “Eine Nacht dau­ert bei Lupus Noc­tis vier­zig Minu­ten. Immer nach fĂŒnf Minu­ten schlĂ€gt die Kirch­turm­uhr und kĂŒn­digt allen Spie­lern die neue Stun­de an. Die einen legen sich schla­fen, die ande­ren erwa­chen. Um 6:00 Uhr ist die Nacht vor­bei und wir tref­fen uns auf dem Markt­platz, um die Tag­pha­se zu eröff­nen.” (Zitat S.28) Mit von der Par­tie sind neben Theo die Yoga lie­ben­de, sich gesund ernĂ€h­ren­de Eileen. Lena, die etwas zu ver­ber­gen hat “Sie ahnt nichts von Lenas Geheim­nis und auch nichts von dem Droh­brief in ihrer Tasche.” (Zitat S.18) und Mar­cel, mit dem die­se jetzt zusam­men ist und der auf Tik­tok mit sei­nen Vide­os sehr erfolg­reich ist. “Was fĂŒr ein berau­schen­des GefĂŒhl es ist, Vor­bild fĂŒr meh­re­re Tau­send Leu­te zu sein! Er liebt es, wenn sei­ne Fol­lower ihn um Rat fra­gen, oder berich­ten, wie sie sei­ne Fit­ness­tipps umge­setzt haben.” (Zitat S.22) Doch Mar­cel hat Angst vor der Dun­kel­heit, wes­we­gen Kasimirader Bun­ker ihn vor eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung stellt. Außer­dem dabei ist Jakob, der Ein­zi­ge, der noch in Gun­zen­hau­sen wohnt, weil er sein Abi letz­tes Jahr nicht geschafft hat. “Doch sei­ne BefĂŒrch­tung, mit der Zeit wĂŒr­den sie ihn ĂŒber ihrem geschĂ€f­ti­gen Stu­den­ten­le­ben ver­ges­sen, hat sich nicht bewahr­hei­tet. Wie­der ein­mal ist es Lupus Noc­tis, das sie ver­bin­det und alle hier­her zurĂŒck­bringt.” (Zitat S.34) Und weil Hanan wegen einer PrĂŒÂ­fung nicht dabei sein kann, lĂ€dt Theo noch sei­ne Nach­hil­fe­schĂŒÂ­le­rin Jose­fi­ne ein, die das ers­te Mal bei dem Rol­len­spiel mit­spielt. Doch bereits in der ers­ten Nacht hat Theo den Ein­druck, dass noch jemand in dem Bun­ker sein könn­te. “Sind das Schrit­te? Lei­se, kaum hör­bar, doch der Hall in die­sen GĂ€n­gen trĂ€gt weit. Wer zum Hen­ker hĂ€lt sich da nicht an die Regeln? Theo will los­stĂŒr­men, den­je­ni­gen zur Rede stel­len, doch etwas hin­dert ihn dar­an. Es ist nur ein GefĂŒhl, ein GefĂŒhl, dass etwas nicht stimmt.” (Zitat S.103) Dass sie nicht allei­ne hier unten sind. Als am nĂ€chs­ten Tag dann auch noch der SchlĂŒs­sel fĂŒr den Aus­gang ver­schwun­den, wird die Panik all­mĂ€h­lich immer grĂ¶Â­ĂŸer. Wer spielt hier ein Spiel mit ihnen?

KasimiraDas Cover ist schön dĂŒs­ter und geheim­nis­voll gestal­tet. Das Set­ting per­fekt gewĂ€hlt. Ein unter­ir­di­sches Hilfs­kran­ken­haus, ein Bun­ker aus den 1960er Jah­ren, ein Lost Place, der im Mit­tel­punkt der Geschich­te steht: “In die­sen unzĂ€h­li­gen ver­zweig­ten GĂ€n­gen kann man sich garan­tiert auch rich­tig ĂŒbel ver­lau­fen. Im Trakt mit den Pati­en­ten­rĂ€u­men wird das nicht bes­ser, hier sieht ein Raum wie der ande­re aus. Stock­bett an Stock­bett, wei­ße WĂ€n­de, kei­ne Fens­ter. NatĂŒr­lich nicht. Sie sind unter der Erde.” (Zitat S.54) Manch­mal hĂ€t­te es noch ein biss­chen atmo­sphÀ­ri­scher sein kön­nen, aber vor­stel­len kann man sich den Hand­lungs­ort doch recht gut. Im Ein­band ist sogar ein Lage­plan des Hilfs­kran­ken­haus ein­ge­zeich­net, der einen Über­blick ĂŒber die RĂ€um­lich­kei­ten lie­fert. Der Thril­ler ist in fĂŒnf Tei­le ein­ge­teilt, die fol­gen­de Über­schrif­ten tra­gen: “Die Dorf­be­woh­ner”, “Das blin­zeln­de MĂ€d­chen” ‚“Der wei­ße Wolf”, “Der Wer­wolf”, “Der KasimiraJĂ€ger”. Das Buch star­tet mit einem unheil­vol­len Pro­log und berich­tet von einem ihrer ver­gan­ge­nen Rol­len­spie­le: “Dies­mal hört sie es auch. Schrit­te auf knar­ren­den Die­len. Sie kom­men aus dem Stock­werk unter ihnen. “Nicht gut”, flĂŒs­tert er. Ohne sich abzu­spre­chen, set­zen sich die bei­den Nach­wöl­fe in Bewe­gung. Die ande­ren zu alar­mie­ren, wird ihre Tar­nung auf­flie­gen las­sen und das Spiel rui­nie­ren. Aber es bringt alles nichts. Soeben sind die Wöl­fe zu den Gejag­ten gewor­den und da hilft nur eines: Flucht.” (Zitat S.8) Die Cha­rak­te­re las­sen sich gut von­ein­an­der abgren­zen, fast jeder scheint etwas zu ver­ber­gen. Die Span­nung baut sich erst all­mĂ€h­lich auf, wird durch gele­gent­li­che Andeu­tun­gen, immer greif­ba­rer. â€œWenn es gar nicht geht, kann er immer noch behaup­ten, er sei krank und mĂŒs­se nach Hau­se. Im Aus­re­den­ver­fin­den ist er gut. KasimiraSein hal­bes Leben besteht aus Aus­re­den.” (Zitat S.44) Auch das The­ma Rol­len­spie­le ist gut in “Lupus Noc­tis” ein­ge­ar­bei­tet. Selbst wenn man davon gar kei­ne Ahnung hat (so wie Jose­fi­ne, der alles erklĂ€rt wird), kommt man gut mit und begreift rasch die Zusam­men­hĂ€n­ge. â€œSchon bei ihrer ers­ten Spiel­run­de ist ihr klar­ge­wor­den, was den beson­de­ren Reiz von Lupus Noc­tis aus­macht. Das SchlĂŒp­fen in unter­schied­li­che Rol­len, der Ner­ven­kit­zel beim nĂ€cht­li­chen Her­um­schlei­chen und die regen Dis­kus­sio­nen am Tag, wenn die Dorf­be­woh­ner ver­zwei­felt her­aus­zu­fin­den ver­su­chen, wer unter ihnen ins­ge­heim ein gemein­ge­fĂ€hr­li­cher Wer­wolf ist.” (Zitat S.30) Die Spra­che ist ein­fach und schlicht, es wird sich sehr auf das Vor­an­schrei­ten der Hand­lung kon­zen­triert. Mich per­sön­lich pack­te die Geschich­te erst ab der Mit­te so rich­tig. Dann aber erwar­tet einen wirk­lich ner­ven­zer­rei­ßen­de Span­nung, vor allem beim ĂŒber­ra­schen­den, gut kon­stru­ier­tem Ende (die­ses hat­te ich tat­sĂ€ch­lich schon so vorhergeahnt).

Fun Fact: Die Autorin­nen sind bei­de auf eine Schu­le in Gun­zen­hau­sen gegan­gen und haben oft ihre Mit­tags­pau­se auf einem ver­git­ter­ten Schacht im Schul­hof ver­bracht, wo sie ihre Pau­sen­brot ver­zehrt haben. Erst Jah­re spÀ­ter haben sie dann her­aus­ge­fun­den, dass die­ser Schacht unter ihnen tat­sĂ€ch­lich zum Bun­ker­kran­ken­haus gehört. Da sie schon immer eine span­nen­de Geschich­te ĂŒber Jugend­li­che schrei­ben woll­ten, deren Rol­len­spiel außer Kon­trol­le gerĂ€t, haben sie dar­auf­hin genau die­sen Hand­lungs­ort gewĂ€hlt und ange­fan­gen zu schreiben.

Insi­der-Wis­sen: Schau dir mal das Video unten an ĂŒber das Hilfs­kran­ken­haus Gun­zen­hau­sen, dort sitzt du vie­le Hand­lungs­or­te, die in dem Buch eine wich­ti­ge Rol­le spie­len. Auch die Aus­gĂ€n­ge bei­spiels­wei­se (und die in dem Thril­ler feh­len­den Werkzeuge).

Wenn dir Anja Sta­po­rs und Melis­sa C.Hills ErzĂ€hl­stil gefal­len hat, freu dich auf ihr nĂ€chs­tes BuchLesealternativen, das im Mai 2023 erschei­nen wird: “Tris­tan mor­ta­lis”, eine eigen­stĂ€n­di­ge, kom­plett unab­hĂ€n­gi­ge Geschich­te. Du magst Roma­ne ĂŒber Rol­len­spie­le? Hier wĂ€re â€œSae­cu­lum” von Ursu­la Pon­z­an­ski eine gute Alter­na­ti­ve fĂŒr dich. Mys­te­riö­se Spie­le im Wald, das fin­dest du außer­dem in â€œBlind Walk” von Patri­cia Schrö­der und â€œKiss me, kill me” von Lucy Chris­to­pher (bei­de sehr span­nend!). Ein Kam­mer­spiel auf engs­tem Raum begeg­net dir eben­so in â€œAbgrĂŒn­dig” von Arno Stro­bel. Ein­ge­schlos­sen? Die­ses Sze­na­rio erlebst du etwas hef­ti­ger in â€œBun­ker Dia­ry” von Kevin Brooks, in “Won­der­land” von Chris­ti­na Stein und in “Die unter­ir­di­sche Son­ne” von Fried­rich Ani (wel­ches sogar in “Lupus Noc­tis” erwĂ€hnt wird;-).

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: Dressler
ISBN: 978-3-7513-0085-8
Erscheinungsdatum: 15.Oktober 2022
Einbandart: Broschur
Preis: 15,00€
Seitenzahl: 416
Übersetzer: -
Originaltitel: -
Originalverlag: -
Originalcover: -

Trailer zum Buch:
 
Reportage ĂŒber das Hilfskrankenhaus Gunzenhausen:

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Kasimiras Bewertung:

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(4,5 von 5 mög­li­chen Punkten)

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