Die amerikanische Autorin Megan Miranda hat mit “Trügerisch” einen Thriller geschrieben, der auf eine ganz besondere Art erzählt wird. Fragmente des Erinnerns stehen hierbei im Mittelpunkt, ausgelöst durch Gegenstände eines Zimmers, die ein junges Mädchen in Kisten packen soll, als ihr Exfreund bei einem Unfall ums Leben kommt und die plötzlich ein ganz neues Bild zu ergeben scheinen. Was ist damals wirklich geschehen? Wer war ihr Exfreund wirklich? Eine faszinierende Spurensuche mit einer sehr angenehmen Sprache. Diese Geschichte zieht dich schnell in ihren Bann! LESETIPP!! Für Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene und alle Fans von “Tote Mädchen lügen nicht”.
Caleb ist tot. Mit dem Auto von einer Hochwasser-Flutwelle erfasst worden, als er über eine Brücke fuhr. Kurz nachdem er Jessa bei einem ihrer Wettkämpfe zusah. Jessa, mit der er eigentlich nicht mehr zusammen war. Dennoch geben einige ihr indirekt die Schuld an seinem Tod. “Die Leute glauben: Caleb wollte mich um Verzeihung bitten (ein Gerücht), es noch mal probieren (ein anderes) oder mir sagen, dass er mich noch liebt (unbestätigt, aber eine schöne Vorstellung). Doch ich wies ihn zurück, sagte irgendwas, das ihn dazu brachte, wütend wegzufahren, er passte nicht richtig auf und starb. Ursache. Wirkung.” (Zitat S.141) Auch Calebs Mutter und seine kleine Schwester Mia sind auf Jessa nicht mehr gut zu sprechen. Trotzdem bittet die Mutter sie, Calebs Zimmer auszuräumen. “Seine Mutter hat mich um das hier gebeten, mit der Begründung, eine Mutter sollte so etwas nicht tun müssen. Ich finde, eine Exfreundin sollte so etwas auch nicht tun müssen. Aber Mutter sticht Ex allemal.” (Zitat S.12) Überall hängen Fotos von ihnen beiden. Das Zimmer ist voll davon. Caleb hat vieles aufbewahrt. War ein Sammler von Gegenständen. Abgerissene Eintrittskarten von irgendwelchen Treffen oder auch kleine Briefe, die sie sich im Unterricht schrieben. “Wahrscheinlich wäre sein Zimmer bis in alle Ewigkeit so geblieben — die Tür verschlossen, alles in einer Zeitkapsel konserviert, von seiner Mutter versiegelt, damit niemand etwas anrührt. Doch jetzt ziehen sie fort. Verlassen die Stadt, lassen alles hinter sich zurück. Der Gedenkgottesdienst ist einen Monat her, die Flut eineinhalb und dass wir Schluss gemacht haben, zwei.” (Zitat S.17ff) Also fängt Jessa langsam damit an alles in die vorbereiteten Kisten zu packen. Und stößt auf einige Ungereimtheiten… was hatte Caleb zu verbergen? Und was ist damals wirklich geschehen, als er starb? Sie kommt der gefährlichen Wahrheit immer näher und näher..
Ich muss gestehen, dass ich vor Jahren bereits “Splitterlicht” von Megan Miranda gelesen hatte und von der Spannung her nicht so sehr mitgerissen wurde, wie ich es mir gewünscht hätte. Doch dieses Buch hat mich wirklich überzeugt! Es ist äußerst raffiniert erzählt, indem es kapitelweise Gegenstände benennt, die Jessa in Calebs Zimmer entdeckt und einräumt. In der Ich-Perspektive erzählt sie deren Geschichten und lässt den Leser so in kurze Erinnerungsepisoden an ihre und Calebs gemeinsame Geschichte eintauchen. Dieses Prinzip Vergangenes mit der Gegenwart zu verknüpfen, hat mir gut gefallen. Die Sprache ist sehr schön und atmosphärisch und der Autorin gelingt es mühelos die passende Stimmung beim Lesen zu erzeugen: “Ich habe ihn geliebt und ich habe ihn verloren, und darum ist es ganz klar, dass ich auch mich selbst in diesem Zimmer spüre. […] Als er starb, hat er einen Teil von mir mitgenommen, den ich einfach nicht wiederbekomme. Und jetzt wühle ich mich durch alles, was ich finden kann, um mich selbst wieder zusammenzustückeln.” (Zitat S.172) Jessa dabei zu begleiten, wie sie Dinge erfährt, die ein ganz anderes Licht auf ihren Exfreund werfen, ist spannend, geheimnisvoll und auf jeden Fall sehr mitreißend. Und zugleich höchst emotional und ergreifend: “Es ist Samstagnachmittag und auf der Treppe stehen sechs Schachteln voller Caleb. Und ich frage mich, wie lange es noch dauert, bis das Zimmer sich in etwas anderes verwandelt. Bis ich aufhöre, ihn in jeder Ecke zu sehen, mit jedem Herzschlag, jedem Ticken dieser dummen Uhr. Bis ich wieder ordentlich atmen kann, ohne dass ich glaube, ersticken zu müssen.” (Zitat S.42) Das Ende offenbart so einige Überraschungen.
Fazit: Ein Spannungsroman, der definitiv hervorsticht!
Dir gefällt Megan Mirandas Art zu erzählen? Dann lies noch ihre anderen Jugendbücher: “Splitterlicht” und “Gefährliche Wahrheiten”. Eine beendete Beziehung, die auch anhand von Gegenständen erzählt wird, ist “43 Gründe, warum es AUS ist” von Daniel Handler. Ein wenig musste ich außerdem an “Heartbreak Letters: 16 Gründe, dich zu hassen” von Lauren Strasnick denken. Eine sehr gute Alternative ist zudem “Tote Mädchen lügen nicht” von Jay Asher. Hier erinnert sich ein Junge anhand von Kassetten an ein nun totes Mädchen. Gegenwart und Vergangenheit werden hier ebenfalls geschickt miteinander verknüpft.
Bibliografische Angaben:Verlag: Carlsen ISBN: 978-3-551-31785-8 Erscheinungsdatum: 29.November 2019 Einbandart: Broschur Preis: 13,00€ Seitenzahl: 368 Übersetzer: Birgit Maria Pfaffinger Originaltitel: "Fragments of the lost" Originalverlag: Penguin Random House Amerikanisches Originalcover:
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Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 möglichen Punkten)
Dieser Titel hat es in folgende Kategorie geschafft: **Kasimiras Lieblingsbücher**
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