“Cache” ist der neueste Roman der deutschen Autorin Marlene Röder, die für ihre vorherigen Werke mit einigen (kleineren) Preisen ausgezeichnet worden ist. In ihrem aktuellen Titel erzählt sie die Geschichte einer Suche. Die nach einem verschwundenen Jungen und zugleich die nach der Wahrheit. Und einem Mädchen zwischen zwei Jungen. Mit dabei das Thema Geocaching, über das im Jugendbuch bisher kaum geschrieben wurde! Interessant und kurzweilig. Für Jugendliche ab 13 Jahren und interessierte Erwachsene.
Berlin. Die 16-jährige Türkin Leyla ist seit einiger Zeit mit Max zusammen, dem Sohn aus gutem Hause, dem Vorzeigeschüler und Mustersportler, der mit seinen Freunden zuletzt auf Spanien für den nächsten Schwimmwettkampf trainiert hat. Max’ Eltern mögen das Mädchen mit Migrationshintergrund nicht besonders. Leylas jüngere Schwester Günay hingegen mag Max nicht wirklich. Äußerst angetan ist das kleine Mädchen hingegen von Red, den die beiden Schwestern vor zwei Monaten an einer Bahnhaltestelle kennengelernt haben. Er hat ihnen und Max auch das Geocaching beigebracht: “Ihr kennt doch Schnitzeljagd, oder? Geocaching funktioniert so ähnlich. Im Internet gibt es extra Seiten, auf denen Caches, also Schätze aufgelistet sind. Dann braucht man natürlich GPS.” Red zog ein seltsames Gerät aus der Hosentasche, das er ihnen unter die Nase hielt. “Damit kann man checken, ob man sich den angegebenen Koordinaten nähert. Überall in Berlin sind Caches versteckt!” (Zitat S.34ff) Auch während Max in Spanien war, hat Leyla sich mit Red zum Geocaching getroffen. Nun hat sie eine seltsame SMS von ihm erhalten: “Such mich. Geh zurück zum Anfang.” (Zitat S.43). Max glaubt, dass dies nur eine Einladung zu einem neuen, selbst gelegten Cache ist. Leyla allerdings macht sich Gedanken um ihn: “…das letzte Mal, als ich ihn getroffen habe, war Red echt seltsam. Irgendwie durcheinander und wütend. Ich mach mir Sorgen um ihn.” […] Was, wenn es Red nicht gutgeht? Was, wenn die SMS eine Art Hilferuf ist?” (Zitat S.44ff) Die beiden wissen nicht viel über Red. Nicht wo er wohnt, und nicht wie er wirklich heißt. Red ist nur sein Cacher-Name. Also fangen sie an den Spuren nachzugehen und landen mitten in einem Geocaching-Spiel. Red will, dass sie ihn finden. Doch warum? Ist er wirklich in Gefahr oder spielt er nur mit ihnen? Und was ist tatsächlich zwischen Leyla und Red passiert, als Max in Spanien war? Unweigerlich kommen die beiden der Wahrheit näher und näher…
“Cache” ist ein ruhigeres Buch, das unterhaltsam, aber nicht mit allzu großen Spannungsbögen versehen ist. Es wird viel mehr eine Geschichte erzählt, die sich auf unterschiedlichen Zeitebenen abspielt und die geschickt ineinander verwoben werden, so wie die Stofffetzen, aus denen Leyla eine Patchworkdecke näht. Den Erinnerungsstücken an ihre verstorbene Oma beispielsweise, die sie aneinanderfügt. Zur Übersichtlichkeit helfen hierbei die Kapitelüberschriften, die stets mit einer Orts- und Zeitangabe versehen sind und immer wechseln zwischen der Gegenwart und unterschiedlichen Zeiten der Vergangenheit, wie zum Beispiel “Oma Gretes Wohnung/anderthalb Jahre zuvor”, “Rundhaus Pankow-Heinersdorf/ Montag, 15 Uhr 18” oder “Ufer des Müggelsees/ fünf Wochen zuvor”. Gerade aus diesem Flickenteppich ein Gesamtbild entstehen und die Zusammenhänge klar werden zu lassen, das gelingt Marlene Röder sehr gut. Sie wählt dabei zwei Sichtweisen: Max’ Ich-Perspektive und Leylas personale Erzählweise. Red selbst kommt nicht zu Wort — er ist das geheimnisvolle, aufregende Element in der Geschichte; derjenige, der nicht greifbar ist. Die Sprache ist einfach und nah an der der Jugendlichen: “Wenn ich ehrlich bin, ist Cachen nicht so mein Ding. Ich mag keine Rätse
l, ich hab es gern klar und eindeutig, und die ganzen krassen Aktionen stressen mich irgendwie. Aber das kann ich Leyla schlecht auf die Nase binden, denn sie steht da anscheinend total drauf.” (Zitat S.68) Die Schriftgröße ist im Vergleich zu anderen Jugendbüchern sehr groß, aber angenehm. Das Thema Geocaching bringt die Autorin auch Lesern, die davon noch nie etwas gehört haben, auf sehr verständnisvolle Weise nahe und macht wirklich Lust darauf, so etwas selbst einmal auszuprobieren: “Es prickelte in ihrem Nacken, als sie die Hand in den Ausgabeschlitz schob und die Rückseite der Metallklappe abtastete. Und da … tatsächlich … stießen ihre Fingerkuppen gegen etwas, das dort nicht hingehörte, etwas, das versteckt im Inneren des Automaten haftete wie ein Parasit. Eine magnetische Metallhülse plumpste in Leylas Hand, kleiner als eine Garnrolle. “Gratuliere”, sagte Red hinter ihr.” (Zitat S.38ff) Das Ende des Romans hingegen musste ich zwei Mal lesen. Das Gefühl beim ersten Mal lesen: Häh? Echt jetzt? Das Gefühl beim zweiten Mal lesen: vielleicht doch ein wenig raffiniert… aber am besten eine eigene Meinung bilden!
Dir gefällt der Erzählstil von Marlene Röder? Dann lies doch noch ihre anderen Bücher. Richtig klasse fand ich “Im Fluss”, für das sie auch den Hans-im-Glück-Preis der Stadt Limburg erhielt. Faszinierend ist auch “Zebraland”, für das sie mit dem Evangelischen Buchpreis 2010 ausgezeichnet wurde und ebenfalls den Hans-Jörg-Martin-Preis für den besten Jugendkrimi bekam. Ihr letztes Werk “Melvin, mein Hund und die russischen Gurken” ist ein Erzählband mit Kurzgeschichten. In “Flutlicht” von Gideon Samson findest du ebenso eine Geschichte, die sich erst langsam durch Teile aus Gegenwart und Vergangenheit zusammensetzt. Dass auf einmal der Andere, der fremde Unbekannte interessant ist und der eigene Freund nicht mehr, dies trifft auch in “Der eine Andere” von Catharina Clas zu. Wenn dich das Thema Geocaching interessiert, hast du im Jugendbuch leider nicht allzu viel Auswahl: “Virals: Jeder Tote hütet ein Geheimnis” von Kathy Reichs (Band 3 einer Krimi-Reihe) und für jüngere Leser (10−12 Jahre) “Die drei ??? GPS-Gangster” von Marco Sonnleitner und “Die drei !!! SOS per GPS” von Mira Sol.
Bibliografische Angaben:Verlag: Fischer KJB ISBN: 978-3-7373-4026-7 Erscheinungsdatum: 28.Juli 2016 Einbandart: Hardcover Preis: 14,99€ Seitenzahl: 256 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: - So funktioniert Geocaching:
Kasimiras Bewertung:
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