“Side effect” ist der zweite Roman des deutschen Autoren Lukas Erler. Während er sich in “Brennendes Wasser” mit dem Thema Fracking auseinandersetzte, stellt er in seinem neuen Buch Medikamentenversuche in den Mittelpunkt und einen Jugendlichen, der sich auf die Suche nach seiner verschwundenen Freundin macht und dazu über Ländergrenzen hinwegreist. Spannend geschrieben! Für Jugendliche ab 14 Jahren und interessierte Erwachsene.
Ben ist in Nesrin verliebt. Das Mädchen mit dem Kopftuch, das seit den Weihnachtsferien neu in seiner Klasse ist. “Niemand weiß davon, außer Arni. Arnold Goldberg ist mein Freund, das Geheimnis ist bei ihm gut aufgehoben, doch er hat nur mitleidig den Kopf geschüttelt, als ich es ihm erzählte.” (Zitat aus “Side Effect” S.10) Denn nach Arnis Meinung ist Nesrin völlig unerreichbar, vergleichbar mit der “Rückseite des Mondes” (Zitat S.10). Doch tatsächlich hat Ben es sogar einmal geschafft, sie vor ein paar anderen Jugendlichen zu verteidigen. Nur, dass diese Annäherung hinterher völlig im Sande verlief und sie ihn weiterhin nicht wirklich zu bemerken schien. Umso erstaunter ist Ben, als Nasrin ihn am letzten Tag vor den Sommerferienzu einem Treffen im Bootsschuppen bittet. Und ihm ein unglaubliches Geheimnis anvertraut: sie wird von Zuhause abhauen. Sie wird niemals mehr ihr Kopftuch tragen. Darunter hat sie — frisch gefärbt — blaue Haare! Ehe sie geht, gibt sie ihm — der für sie der netteste Junge der ganzen Schule war — einen Kuss und einen Zettel mit einer Adresse. “Wenn du mal nach Amsterdam kommst, geh zu dieser Adresse. Dort wohnt eine Frau, die dir sagt, wo ich bin. Ich werde ihr ein Foto von dir aufs Handy schicken.” (Zitat S.20) Auch Ben macht noch ein letztes Foto von Nasrin. Von ihr und ihren schönen, blauen Haaren. Ehe sie geht. Und er beschließt die geplante, jährliche Urlaubsreise nach Usedom mit seiner Familie abzusagen und spontan zwei Wochen später auf Interrailtour zu gehen. Seine erste Adresse: Amsterdam. Aber Nesrin hat sich bei der Frau nicht mehr gemeldet. Was ist mit ihr passiert? Dann taucht auch noch Erol auf, ein muskelbepackter Kotzbrocken, der ebenfalls auf der Suche nach Nesrin ist. Eine gemeinsame Vergangenheit verbindet sie. Beste Freunde
werden Ben und Erol zwar nicht wirklich werden, aber sie raufen sich zusammen um nach dem Mädchen zu suchen. Eine Spur führt sie zu einem mysteriösen Institut. “In der Nähe von Amsterdam gibt es ein Institut für psychologische Studien, das dauernd Versuchspersonen braucht. Nach seinen Worten sind dort junge Menschen aus allen möglichen Ländern untergebracht, die sich von morgens bis abends irgendwelchen Tests unterziehen. […] Er hat versucht, ihr dieses Institut schmackhaft zu machen. Hat was erzählt von gutem Essen, Einzelzimmer, WLAN usw., bis sie schließlich zugestimmt hat, sich das mal anzusehen.” (Zitat S.80) Nesrin war dort. Und ist es jetzt nicht mehr. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
Ein faszinierendes, ansprechendes Cover macht neugierig auf den Inhalt und stellt bereits in den Vordergrund, dass es in irgendeiner Weise um Medikamente gehen wird. Bis man dorthin kommt, dauert es eine Weile. Die Spannung baut sich am Anfang noch eher langsam auf. Dann wird es jedoch sehr fesselnd. Der Roman, der durchgängig aus Bens Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben ist, wartet mit einer angenehmen, einfachen Sprache auf, die sehr flüssig zu lesen ist. Und — was mir gut gefiel — zuweilen auch mit einer schönen Portion Ironie, die sich zwischen die Zeilen schleicht: “Es ist unmöglich, diesen Lehrer aus dem Konzept zu bringen. Wenn mitten im Klassenzimmer jemand erschossen würde, würde Kaltenbach zunächst die Flugbahn der Kugel berechnen und erst dann die Bullen rufen.” (Zitat S.9) Der Roman liest sich relativ flott und wirkt mit 267 Seiten reinem Erzähltext umfangreicher, als er ist, da das Schriftbild etwas größer ist. Ideal daher auch für Jungs, die nicht so viel lesen, aber trotzdem an Unterhaltung mit inhaltlichem Hintergrund interessiert sind. Gut könnte ich mir “Side effect” daher für eine Buchvorstellung oder als Klassenlektüre vorstellen! Sehr interessant und informativ wird es vor allem am Ende. Wobei ich mir noch ein bisschen mehr Konsequenz in Bezug auf den Pharmakonzern gewünscht hätte.
Fazit: Ein gut erzählter Thriller!
Dir gefällt Lukas Erlers Erzählstil? Dann lies unbedingt noch sein erstes Buch: “Brennendes Wasser”, das mir richtig gut gefallen hat (noch besser als das Zweite muss ich gestehen). Die inhaltlich wohl beste Alternative zu “Side effect” ist für mich das schön etwas ältere “Mind games” von Friederike Schmöe. Ein Pharmaunternehmen spielt auch in dem Roman “Wahre Freundschaft soll nicht wanken” von Gina Blaxill eine Rolle. Gut könnte ich mir ebenso das spannende “Breakout” von April Henry vorstellen, in dem unter anderem eine Verhaltensdroge, ein Bootcamp und ein geplanter Ausbruch im Mittelpunkt stehen. Eine Autorin, die mir als Lesealternative zudem sofort in den Sinn kam, ist die niederländische Autorin Mirjam Mous. Lies von ihr zum Beispiel “Paradise Project: Der Schein lügt” oder “Crazy games: Der perfekte Tag, der in der Hölle endet”. Actionreich, cool und sehr spannend ist auch “Liquidator” von Andy Mulligan, in welchem Jugendliche gegen einen großen Konzern kämpfen. Dir gefällt das Reisen durch mehrere Länder und das Lösen eines Geheimnisses? Dann könnte dir die Neuerscheinung von Bestsellerautor Andreas Gruber gut gefallen: “Code Genesis: Sie werden dich finden”.
Bibliografische Angaben:Verlag: Arena ISBN: 978-3-401-60456-5 Erscheinungsdatum: 18.Februar 2019 Einbandart: Broschur Preis: 14,00€ Seitenzahl: 272 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: -
Kasimiras Bewertung:
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