Kayla Olson — Sandcastle Empire

Kasimira28.April 2020

Sand­cast­le Empire” ist das ers­te Buch der ame­ri­ka­ni­schen Autorin Kay­la Olson. Ein dys­to­pi­scher Roman, der in einer — nach Umwelt­ka­ta­stro­phen und Krieg zer­stör­ten — Welt vier Jugend­li­che auf eine ver­meint­lich siche­re, letz­te Insel flüch­ten lässt. Doch erwar­tet sie dort wirk­lich Frie­den? Ein biss­chen “Robin­son Cru­soe”, ein biss­chen “Herr der Flie­gen” (aber mit ande­rer Moti­va­ti­on) und eine gro­ße Por­ti­on End­zeit­stim­mung und Wis­sen­schaft. Unter­halt­sam und aben­teu­er­lich. Aber mit erzäh­le­ri­schen Schwä­chen. Für Jugend­li­che ab 14 Jah­ren und inter­es­sier­te Erwachsene.

2057. Die Welt ist eine völ­lig ande­re. Natur­ka­ta­stro­phen, vor allem Über­schwem­mun­gen, zer­stör­ten den Lebens­raum der Men­schen. Küs­ten­re­gio­nen ver­san­ken im Meer, des­sen Spie­gel immer wei­ter anstieg. Die Über­flu­tun­gen sorg­ten dafür, dass Abwas­ser und ver­seuch­tes Trink­was­ser durch die Gegend flos­sen. Mit Ent­sal­zungs­fla­schen der Fir­ma Envi­ro­tec und aller­lei ande­rer Tech­no­lo­gien ver­such­te man dem Herr zu wer­den. Doch dann lös­te ein Skan­dal die­ser Fir­ma, der auf üble Wei­se auf das Ungleich­ge­wicht zwi­schen Arm und Reich auf­merk­sam macht, dafür, dass ein Krieg aus­bricht. Die “Wöl­fe” kom­menKasimira an die Macht. Sper­ren die Rei­chen und den Mit­tel­stand und alle, die ihnen nicht wohl­ge­son­nen sind in Straf- und Arbeits­la­ger. Pau­sen­lo­se Über­wa­chung. Bar­ba­ri­sche Bestra­fun­gen. Ein Leben, das kein Leben mehr ist. Auch die jun­ge Eden träumt von einer ande­ren Zukunft“Eines Tages, wenn der Krieg vor­bei ist wer­de ich wie­der Eis essen. Ich wer­de bar­fuß über den Strand lau­fen, ohne befürch­ten zu müs­sen, auf eine Mine zu tre­ten. Ich wer­de in einen Buch­la­den gehen, in einen Cof­fee­shop, zu all den zahl­lo­sen Orten, die der­zeit in der Hand der Wöl­fe sind, und ich wer­de stun­den­lang dort sit­zen, ein­fach nur, weil ich es kann. All das und noch mehr wer­de ich tun. Wenn ich über­le­be.” (Zitat aus “Sand­cast­le Empire” S.8) Doch zu über­le­ben ist nicht gera­de ein­fach. Seit zwei Jah­ren sind die Wöl­fe nun schon an der Herr­schaft und Eden immer noch dabei einen Flucht­plan aus­zu­tüf­teln. Sie ist ganz allein. Ihr Vater wur­de mehr­mals ver­hört, weil erKasimira ein hoch­ran­gi­ger Wis­sen­schaft­ler von Envi­ro­tec ist und schließ­lich abge­führt. Sie hat ihn nie wie­der gese­hen. Nur sein Ehe­ring, ein klei­nes Über­le­bens­hand­buch mit aller­lei hand­schrift­li­chen Noti­zen und eine Ampul­le mit sei­nem Blut und sei­nen Zäh­nen hat man eines Tages vor ihre Türe gelegt. Aber dann gelingt Eden auf ein­mal die Flucht: zusam­men mit drei ande­ren Mäd­chen ret­tet sie sich auf ein Boot und steu­ert die Insel Refu­gi­um an. Angeb­lich nur eine Legen­de. Aber Eden weiß, dass es sie gibt — der letz­te neu­tra­le Ort auf die­ser Erde. Die Wöl­fe haben ihren Vater dazu gezwun­gen sie zu erschaf­fen: “Sie woll­ten, dass er ein neu­tra­les Insel­ter­ri­to­ri­um ent­wi­ckel­te, einen abge­schie­de­nen Ort, an dem die Ver­hand­lun­gen über das Kriegs­en­de statt­fin­den soll­ten. Es soll­te der Beweis dafür sein, dass die Wöl­fe kei­ne grund­le­gen­den Men­schen­rech­te ver­letz­ten, dass sie Kasimiraimstan­de waren, zumin­dest gegen­über eini­gen weni­gen ihrer Gefan­ge­nen Güte zu zei­gen, ja sie sogar zu begna­di­gen.” (Zitat S.21) Doch was wird sie auf die­ser Insel tat­säch­lich erwar­ten? Kaum sind die vier Mäd­chen dort ange­kom­men, haben ihr Lager am Strand auf­ge­schla­gen, ehe sie sich in den Urwald hin­ein­wa­gen, da ver­schwin­det plötz­lich Finnley…

Das Cover ver­heißt bereits ein gro­ßes Aben­teu­er, auch wenn die Insel ver­hält­nis­mä­ßig klein gezeich­net ist im Gegen­satz zu ihrer tat­säch­li­chen Grö­ße. Der Roman wird durch­ge­hend aus Edens Sicht in der Ich-Per­spek­ti­ve erzählt und nur sehr gele­gent­lich von kur­zen Kapi­teln mit ihren phi­lo­so­phisch anmu­ten­den Zwi­schen­schü­ben unter­bro­chen. Der Text bewegt sich in der KasimiraGegen­wart, gibt aber auch immer wie­der Rück­blen­den dar­auf, was vor­her war. Was jedoch zeit­wei­len sehr bruch­stück­haft geschieht. Man­ches wirkt etwas wirr, auch die politischen/technologischen Hin­ter­grün­de erschei­nen teils etwas kom­plex und wer­den nur ange­schnit­ten: “Envi­ro­tec plan­te die Kon­struk­ti­on des Atlas-Pro­jekts, eines inno­va­ti­ven Mee­res­ha­bi­tats, des­sen Ent­wick­lung man mei­nem Vater über­tra­gen hat­te, doch dann sicker­te durch, dass die ver­füg­ba­ren Plät­ze auf die­sem Habi­tat extrem begrenzt sein und an die Höchst­bie­ten­den ver­kauft wer­den.” (Zitat S.33) Anfangs dach­te ich, dass mit dem “inno­va­ti­ven Mee­res­ha­bi­tat” die Insel Refu­gi­um gemeint ist. Erst als ich noch ein­mal zurück­blät­ter­te, habe ich gemerkt, dass das zwei ver­schie­de­ne Pro­jek­te sind, die zeit­lich aus­ein­an­der lie­gen. Das war zunächst etwas ver­wir­rend. Um Refu­gi­um wird auch ein gro­ßes Geheim­nis gemacht. “Neu­tra­les Insel­ter­ri­to­ri­um. Waf­fen­freie Zone. Zei­schen Far­nen ver­bor­ge­ne Tem­pel, aus Stei­nen und Geheim­nis­sen geform­te KasimiraBau­ten. Mön­che, die Flücht­lin­gen bei­der Kriegs­ein­hei­ten Immu­ni­tät gewäh­ren, indem sie sie in ihr Klos­ter auf­neh­men.” (Zitat S.23) Irgend­wie erfährt man dar­über nicht viel. Auch über die Hin­ter­grün­de wie die Insel bei­spiels­wei­se ent­stan­den ist. Hat Edens Vater die künst­lich erbaut? War die vor­her ein­fach da und dar­auf wur­de dann gebaut? Genau­so geheim­nis­voll wird es dann als noch ein paar ande­re Jugend­li­che mit einem Boot auf der Insel auf­tau­chen. Sie schei­nen eben­falls mehr zu wis­sen. Ich muss ganz ehr­lich zuge­ben, wäh­rend es in vie­len Büchern gro­ße Span­nung erzeugt, wenn man etwas nicht weiß, hat mich dies in “Sand­cast­le Island” stel­len­wei­se ein­fach nur genervt, die­se lücken­haf­te Sprung­haf­tig­keit und gleich­zei­ti­ge nicht Nach­voll­zieh­bar­keit man­cher auch recht ober­fläch­lich gehal­te­ner Cha­rak­te­re (z.B. Fin­ne­ly). Auch von der Dra­ma­tik her konn­te mich die Geschich­te zu Beginn ein­fach nicht packen. Was mir hin­ge­gen gut gefiel, sind die sprach­li­chen Bil­der, dieKasimira Kay­la Olson zuwei­len erzeugt: “Ich bin ein Vogel, der ent­schlos­sen ist, davon­zu­flie­gen, trotz gestutz­ter Flü­gel und Split­tern in den Füßen.” (Zitat S.7ff), “Das Meer lullt uns ein wie ein Wie­gen­lied. Aber es ist kei­ne Mut­ter, der man trau­en darf. Schon mor­gen könn­te sie uns schüt­teln, bis wir zer­bre­chen, uns her­um­schleu­dern, über­flu­ten und ver­schlin­gen.” (Zitat S.36) und “Ale­xa ist eine Pus­te­blu­me. Sie ver­steckt ihre Geheim­nis­se gut, als wären es Samen­fä­den, die jeder­zeit davon­trei­ben kön­nen.” (Zitat S.52) Am Ende — wäh­rend man immer mehr Zusam­men­hän­ge ver­steht, stei­gert sich dann auch die Span­nung. Eine klei­nes Lie­bes­ge­schich­te fin­det eben­falls noch Ein­zug in den Roman.

Fazit: Aben­teu­er­lich, mit man­chen erzäh­le­ri­schen Schwä­chen, aber auch Stär­ken. Ein dys­to­pi­scher Wis­sen­schafts­thril­ler mit Kom­ple­xi­tät und viel Fantasie.

Eine Fort­set­zung zu “Sand­cast­le Island” ist nicht geplant. LesealternativenDu magst aben­teu­er­li­che Bücher, die auf Inseln spie­len? Dann lies das bereits erwähn­te “Herr der Flie­gen” von Wil­liam Gol­ding. Oder fol­gen­de Roma­ne: “Batt­le Island” von Peter Freund, “Iso­la” von Isa­bel Abe­di“Abgrün­dig” von Arno Stro­bel oder “Abgrün­di­ge Geheim­nis­se” von Lind­say Gal­vin. In letz­te­rem spielt auch die Wis­sen­schaft eine gro­ße Rol­le. Sehr gut könn­te ich mir zudem die äußerst span­nen­de “Méto”-Rei­he von Yves Gre­vet vor­stel­len! Oder lies die “Evo­lu­ti­on”-Rei­he von Tho­mas Thie­mey­er! Du inter­es­sierst dich für dys­to­pi­sche Roma­ne? Noch mehr fin­dest du hier. Einer, in dem ein Mäd­chen eben­so auf der Flucht ist, ist das gelun­ge­ne “Davor und danach” von Nicky Sin­ger. Gut vor­stel­len könn­te ich mir auch die Maze Run­ner”-Rei­he von James Dash­ner.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: dtv
ISBN: 978-3-423-76275-5
Erscheinungsdatum: 21.Februar 2020
Einbandart: Hardcover
Preis: 17,95€
Seitenzahl: 448
Übersetzer: Bettina Münch
Originaltitel: "The Sandcastle Empire"
Originalverlag: HarperTeen

Amerikanisches Originalcover: 
Kasimira

Kasimiras Bewertung:

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(3 von 5 mög­li­chen Punkten)

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Amerikanisches Cover: Homepage von Kayla Olson

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