“Echt mieser Zufall oder Wie ich einen Kuss wollte und beinahe dabei draufging” von der amerikanischen Autorin Kathy Parks ist laut Verlag eine Mischung aus “Gossip Girl” und “Schiffbruch mit Tiger”. Eine Außenseiterin, die nach einem Tsunami auf einem Boot auf offener See mit anderen Mitschülern nicht nur um das Überleben an sich kämpft, sondern auch um das gesellschaftliche. Ein Roman mit einer großen Portion Selbstironie und Sarkasmus. Für Jugendliche ab 14 Jahren.
Los Angeles. Abigail feiert illegale Partys in luxuriösen, leer stehenden Häusern. Abigail wird nie erwischt. Denn Abigail hat Kontakte. Und sie ist einmal Denvers beste Freundin gewesen. “Doch dann hatte ich ihren großen Traum zerstört und ihr Leben ruiniert. Behauptete jedenfalls Abigail. Und deshalb hatte sie mir die Freundschaft gekündigt, sich mit den coolen Kids zusammengetan und alle in der Schule gegen mich aufgehetzt.” (Zitat aus “Echt mieser Zufall oder Wie ich einen Kuss wollte und beinahe dabei draufging” S.9) Seitdem ist die 16-jährige Denver die absolute Außenseiterin in der Schule. Sie gehört einfach nirgendswo mehr dazu. Bis der coole Croix sie eines Tages anspricht, und sie beschließt ungeladen auf eine von Abigails Partys zu gehen. Um Croix dort wiederzusehen. “Woher wusste ich, dass eine Party geplant war, obwohl die frohe Kunde nie zu mir drang? Ich wusste es einfach. Leute, die nie zu Partys eingeladen werden, entwickeln eine Art sechsten Sinn dafür. Sofort danach kam es bei mir zu einer Art Sekundärreaktion aus Herzschmerzen und einem flauen Gefühl im Magen, das aus Eifersucht und heißem Verlangen bestand und dem, was die Klippenspringer von Acapulco tristeza nannten, wenn sie danebenhechten und auf den Felsen unten aufschlagen.” (Zitat S.27) Die Party findet in Malibu statt und Denver muss sich heimlich aus dem Elternhaus schleichen, um nicht erwischt zu werden. Und auch wenn es auf der Feier nur so von lästernden und unfreundlichen Zicken wimmelt, trifft sie Croix wieder — gerade als sie das Haus wieder verlassen will. Doch genau in dem Moment, als sie sich schließlich küssen wollen, ertönen laute Schreie. Es gab an diesem Tag bereits zwei kleinere Erdbeben. Aber das, was die anderen jetzt schreien lässt, ist kein Erdbeben, sondern ein Tsunami, der auf die Küste zusteuert: “Ich warf einen Blick nach draußen und konnte nicht glauben, was ich da sah. Das Meer fraß Kalifornien auf. Eine Wand aus Wasser hatte den Pacific Coast Highway überrollt. Autos wurden weggeschwemmt. Häuse
r am Strand fielen in sich zusammen. Und dann warf sich das Wasser gegen den kleinen Steilhang und raste auf uns zu. “Oh mein Gott”, flüsterte ich.” (Zitat S.61) Denver und ein paar der anderen Jugendlichen können sich erst auf das Dach und später auf ein Boot retten, mit dem sie aufs offene Meer hinaustreiben. Doch der eigentliche Kampf ums Überleben beginnt jetzt erst. Denn es sind neben Trevor — einem Mitschüler -, ausgerechnet Abigail und zwei der größten Zicken der Schule mit an Bord…
“Echt mieser Zufall oder Wie ich einen Kuss wollte und beinahe dabei draufging” verrät schon durch das Cover und den Titel, dass den Leser hier eine skurrile, humorvolle Geschichte erwartet. Turbulent, chaotisch und frech so wirken allein die Zeichnungen auf dem Einband, die Details andeuten, die im Laufe des Buches erklärt werden. Die Autorin wartet mit zum Teil sehr erfrischenden Vergleichen auf, beispielweise als Denver, die durchweg in der Ich-Perspektive berichtet, von den gesellschaftlichen Strukturen ihrer Schule spricht und diese und sich selbst vor allem mit einer fein sortierten Briefmarkensammlung gleichsetzt: “Und ich war eine 3‑Cent-Sondermarke mit einem total langweiligen Mond-Motiv, die es nicht wert war, gesammelt zu werden. Von meiner Sorte hätte man über fünfzehn Stück gebraucht, um auch nur einen ganz normalen Brief zu verschicken. Wenn ich mich jetzt verbittert anhöre, liegt das daran, dass ich es war. Ich war eine verbitterte, kleinen Briefmarke, die nicht auf den Umschlag des Lebens durfte.” (Zitat S.15) Ebenso die Personenbeschreibungen sind in ihrer bitterbösen Ironie sehr gelungen: “Erstens: Audrey Curtis hatte die Persönlichkeit eines Grillhähnchens, das sich langsam am Spieß drehte. Und zweitens: Audrey Curtis war eine Heilige, und ich war die Aussätzige, deren Wunden sie mit ihrem Gesprächsjod behandelte.” (Zitat S.51) Auch wenn der Erzählstil zu Beginn des Buches noch etwas flapsig, klischeebeladen und teils sehr überzogen wirkt, lässt dies zum Glück schnell nach und überzeugt schließlich durch eine unterhaltsame, bewegende Geschichte, besonders als die Jugendlichen sich auf dem offenen Meer befinden und ums Überleben kämpfen. Beliebt oder unbeliebt sein — eine zentrale Thematik der Geschichte — wird hier auf einmal nebensächlich. Und vor allem Denver, die viele wissenschaftliche Sendungen im Fernsehen gesehen hat, kann beweisen, was in ihr steckt. In den Fließtext eingebettet sind Erinnerungen an die Freundschaft zwischen Abigail und Denver, wie sie entstanden ist und durch was sie zum Erliegen kam. Das Ende ist berührend, macht Hoffnung und gleichzeitig auch nachdenklich.
Das Thema “Beliebtheit-Unbeliebtheit” findest du zum Beispiel auch in folgenden Romanen: “Nur eine Liste” von Shioban Vivian (ganz große Klasse!) und “Pretty clever” von Elisa Ludwig. Oder lies andere bewegende Freundschaftsgeschichten wie “Papierfliegerworte” von Dawn O’Porter oder “Just listen” von Sarah Dessen. Eine sehr gute Alternative zu “Echt mieser Zufall…” ist auch “Under water” von Matt de la Peña, in dem zwei Jugendliche nach einem Tsunami auf einem Boot ums Überleben kämpfen. Selbiges (ohne Tsunami) tun die Protagonisten in “Nichts als Überleben” von S.A.Bodeen. Andere Jugendbücher, in denen es einen Tsunami gab, sind Tödliche Welle” von Eric Walters, “Du zahlst den Preis für mein Leben” von Carolin Philipps und “Flutlicht” von Gideon Samson. Wenn dich der mutige Kampf ums Überleben interessiert, kannst du folgende Bücher lesen: “Wolf Moon River” von Rainer Maria Schröder (gut recherchiert!), “Survive — Wenn der Schnee mein Herz berührt” von Alex Morel (inklusive Liebesgeschichte) oder den Klassiker “Allein in der Wildnis” von Gary Paulsen (schon ab 11 Jahren).
Bibliografische Angaben:Verlag: Arena ISBN: 978-3-401-60249-3 Erscheinungsdatum: 2.Januar 2017 Einbandart: Hardcover Preis: 14,99€ Seitenzahl: 328 Übersetzer: Bea Reiter Originaltitel: "The lifeboat clique" Originalverlag: Harper Collins Amerikanisches Originalcover:
Amerikanischer Trailer:
Kasimiras Bewertung:
(4 von 5 möglichen Punkten)
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Amerikanisches Cover: Homepage von Harper Collins