Wenn man “Wenn du mich küsst” von der amerikanischen Autorin Juliana Stone liest, merkt man sofort: das ist mal wieder ein richtig schöner Schmöker für heiße Sommertage! Eine Geschichte über Schuld, Trauer, Verlust und dem Glück der Liebe, die unerwartet das Leben zweier Menschen völlig durcheinanderbringt. Wahnsinnig ergreifend und romantisch, ohne kitschig zu sein — so zu erzählen, das kann diese Autorin definitiv! Ein gelungenes Buch. Für Jugendliche ab 14 Jahren und interessierte Erwachsene.
Die 16-jährige Monroe verbringt den Sommer bei ihrer Grandma in Louisiana. Auf deren großen Plantage. Eigentlich hat sie darauf nicht wirklich Lust. Denn im Grunde hat Monroe auf gar nichts mehr Lust. Seit ihr kleiner Bruder Malcom verstorben ist, möchte das Mädchen das Leben am liebsten ausschließen. Ihr ist alles egal und sie empfindet eine Leere in sich, die sie mit nichts füllen kann. Am liebsten verkriecht sie sich in Nachmittage mit Nichtstun: “Ich hatte meinen Freunden dabei zugesehen, wie sie lachten und Spaß hatten, wie sie tanzten und ausgelassen feierten. […] Es machte mich wütend. Es machte mich krank… und es machte mich unendlich traurig. Denn wie sehr ich mich auch bemühte, das unbeschwerte und glückliche Mädchen zu sein, das meine Eltern sich zurückwünschten, ich schaffte es nicht. Dieses Mädchen existierte nicht mehr, und ich war ziemlich sicher, dass es niemals zurückkommen würde.” (Zitat aus “Wenn du mich küsst” S.42ff) Niemand weiß mehr etwas mit ihr anzufangen. Auch die Beziehung zu ihren Eltern ist nicht mehr so, wie sie mal war. Bei ihrer Grandma lernt Monroe den jungen Nathan kennen, der auf dem Grundstück für diese ein paar Reparaturarbeiten erledigt. “Er lächelte Grandma an und sie schien ganz entzückt von ihm zu sein. Wieso auch nicht? Er war höflich, wortgewandt und sah wirklich gut aus. Ich fragte mich nur, ob sie auch die dunklen Schatten unter der Oberfläche wahrnahm. Er verheimlichte etwas. Ich konnte es genau sehen. Kein Wunder, denn es war die gleiche Art Schatten, die mich in letzter Zeit verfolgte.” (Zitat S.46) Und obwohl Monroe eigentlich nichts mit ihm zu tun haben will und ihn nicht mag, bringt Nathan sie merkwürdigerweise dazu Dinge zu auszusprechen, für die ihr Therapeut mindestens ein halbes Jahr gebraucht hat. Und er hat etwas an sich, dass sie anzieht. Der Risse in ihren Mauern entstehen lässt, die sie sich so sorgsam um sich herum aufgebaut hat. Aber auch Nathan hat eine schwere Schuld auf sich geladen. “Ich dachte an den Kühlschrank zu Hause. Er war voll mit Dads Bier, und ich könnte mich heute Abend in der Dunkelheit meines Zimmers verkriechen und mich volllaufen lassen, um das, was geschehen war, für eine Weile zu vergessen. Um die lähmende Leere in meinem Inneren nicht mehr spüren zu müssen. Diese Leere, die mich täglich daran erinnerte, dass ich so verdammt dumm gewesen…” (Zitat S.36) Das Aufeinandertreffen zwischen Monroe und Nathan, die ungewollten, aufkeimenden Gefühle füreinander — es ist ein Sommer, der alles verändern wird…
“Wenn du mich küsst” wartet mit einem sehr angenehmen, flüssigen Erzählstil auf, was bereits bei den ersten Sätzen des Buchs auffällt: “Du kannst alles erreichen, wenn du es wirklich willst.” Das hatte meine Grandma an einem schwülen Nachmittag, als ich elf war, zu mir gesagt. Sie war dabei ganz ernst gewesen und hatte uns Eistee eingeschenkt. Es war einer dieser Nachmittage gewesen, an denen die Luft flimmert und die Hitze in die Klamotten kriecht. Einer diese Nachmittage, an denen die Haupt klebrig und die Muskeln träge sind. Ich erinnere mich noch daran, dass sogar die Vögel still waren. Nur die Grillen zirpten wie Minikreissägen.” (Zitat S.7) Der Roman, der abwechselnd in Monroes und Nathans Ich-Perspektive erzählt wird, lässt den Leser ein heftiges Wechselbad der Gefühle miterleben. Ich habe schon länger kein Buch mehr gelesen, das die Romantik mit der Emotionalität — besonders den schmerzlichen Gefühlen der Protagonisten — derart gut verbindet. Die Dialoge sind toll und es macht einfach Spaß der Entwicklung von Monroe und Nathan zu folgen, die gegenseitig eine Stütze füreinander sind und lernen, Schuld zu ertragen, Versöhnung zu erleben und sich dem Leben (und der Liebe) wieder zuzuwenden. Zeitweilig wird es so dramatisch, dass man das Buch kaum aus der Hand legen möchte!
Einziges Manko: Das Cover ist an sich schön gewählt, nur leider stimmen die abgebildeten Figuren bezüglich der Haarfarbe überhaupt nicht mit denen im Buch überein: Nathan hat lange Haare und Monroes sind nicht rot, sondern dunkel/schwarz, wie öfters beschrieben wird;-)
Fazit: Endlich mal wieder eine richtig schöne Liebesgeschichte mit Tiefgang und ganz großen Gefühlen!
Zwei sehr gute Alternativen zu “Wenn du mich küsst” sind meines Erachtens “Noah und Echo. Liebe kennt keine Grenzen” von Katie McGarry und “Almost” von Anne Eliot. Beides sehr ergreifende Liebesgeschichten mit Hintergrund und traumatischen Erlebnissen, die die Protagonisten verarbeiten müssen. Mit ähnlicher Thematik, aber etwas mehr Erotik wartet die Stuttgarter Autorin Julie Leuze auf in ihren unabhängig voneinander zu lesenden Romanen “Der Geschmack von Sommerregen” und “Sternschuppenträume”. Das Thema Tod eines Familienangehörigen verbunden mit einer Liebesgeschichte findest du auch in folgenden Büchern sehr gut umgesetzt: “Nichts als Liebe” von Beth Kephart und “Wie viel Leben passt in eine Tüte?” von Donna Freitas.
Bibliografische Angaben:Verlag: Ravensburger ISBN: 978-3-473-58501-4 Erscheinungsdatum: 1.Juni 2016 Einbandart: Broschur Preis: 9,99€ Seitenzahl: 320 Übersetzer: Franziska Jaekel Originaltitel: "Boys like you" Originalverlag: Sourcebooks Amerikanisches Originalcover:
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Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 möglichen Punkten)
Dieser Titel hat es in folgende Kategorie geschafft: **Kasimiras Lieblingsbücher**
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