“Mein Leben voller Fragezeichen” von der amerikanischen Autorin Jessica Brody verspricht beste Unterhaltung! Eine Geschichte über das Treffen (falscher) Entscheidungen, das komplette Abgeben solcher an eine anonyme Bloggemeinde und den Turbulenzen, die dies anrichten kann. Humorvoll und sehr flott erzählt. Für Jugendliche ab 12 Jahren.
Parker, Colorado. Die 15-jährige Brooklyn steckt schon wieder im Schlamassel. “Ich werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Epizentrum des Skandals sein … mal wieder. Man könnte wohl sagen, dass ich negative Schlagzeilen wie ein Magnet anziehe. Zu Katastrophen neige, die einen gewaltigen Medienrummel nach sich ziehen.” (Zitat aus “Mein Leben voller Fragezeichen” S.8). Schon als Zweijährige ist sie durch Zufall berühmt geworden für ihre “Fehltritte”, im wahrsten Sinne des Wortes: sie fiel in einen stillgelegten, engen Schacht und musste in einer stundenlangen, mühsamen Rettungsaktion, an der die halbe Welt Anteil nahm, befreit werden. Dreizehn Jahre später scheint sie noch immer falsche Entscheidungen zu treffen und ständig für Unheil zu sorgen. Durch ihren letzten Clou hat sie 1.) Handschellen angelegt bekommen, 2.) ihre beste Freundin (die zugleich der Star der Schule ist) dazu gebracht, sich von ihr abzuwenden, muss 3.) nun 200 Stunden gemeinnützige Arbeit in einem Altersheim ableisten und hat 4.) Hausarrest, Handy- und Internetverbot von ihren Eltern erhalten. So kann es definitiv nicht weitergehen. Deshalb lädt Brooklyn kurzerhand einen eigenen Blog hoch, auf dem sie in Zukunft alle Entscheidungen, die sie eigentlich selbst treffen muss, fremden, anonymen Lesern überlässt. Die anderen dürfen abstimmen und über ihr Leben entscheiden. “Es ist, als hätte man mir eine Last von den Schultern genommen. Keine Entscheidungen mehr. Keine Wahlmöglichkeiten mehr. Keine Gelegenheiten mehr, mein Leben (noch mehr) zu vermasseln.” (Zitat S.84) Doch was dann folgt, damit hätte Brooklyn im Leben nicht gerechnet! Ihre Blogleserschaft lässt sie die verrücktesten Sachen tun: sie soll an einer stinklangweiligen Exkursion teilnehmen; Mitglied eines Debattierclubs werden und ein Date mit dem bestaussehenden Jungen der Schule AUSSCHLAGEN! Lieber soll sie mit langweiligen Brian und seinen Freunden aus dem Debattierclub einen Abend verbringen. Oder ist Brian vielleicht doch gar nicht so übel, wie Brooklyn vielleicht denkt…?
Jessica Brody liefert den Leser einen sehr interessanten Plot: was wäre, wenn man die Entscheidungen seines Lebens einfach mal nicht mehr selbst treffen müsste, sondern an andere abgeben könnte? Traumvorstellung oder Alptraum? In “Mein Leben voller Fragezeichen” darf der Leser diesem Gedankenexperiment auf äußerst humorvolle Weise nachgehen. “Okay, wer sind diese Leute? Und warum geben sie sich so viel Mühe, mein Leben zu ruinieren? Nur EINE Person von siebenundzwanzig findet, dass ich mit Hunter zu der Kluberöffnung gehen soll? EINE????” (Zitat S.124) Der Roman wird in der Ich-Perspektive und aus Brooklyns Sicht erzählt. Hierbei richtet das Mädchen sich hin und wieder an die Leser, spricht sie zum Beispiel mit “und glaubt mir” direkt an, erzählt ihre Geschichte. Ab und zu werden Abstimmungsergebnisse mit Ladebalken in den Text eingefügt oder ihre Blogbeiträge in einem anderen Schriftbild abgedruckt. Das lockert den Lesefluss deutlich auf und weckt großes Interesse. Insgesamt muss ich sagen, dass ich echt Spaß dabei hatte, dieses Buch zu lesen: es ist höchst unterhaltsam, witzig und ich habe mich in keiner Sekunde gelangweilt, sondern sehr gut unterhalten gefühlt! Brooklyns Erzählstil strotzt geradezu vor Ironie und Sarkasmus. Die Sprache ist einfach, frech und flüssig zu lesen. Am Anfang wirken die Personen noch etwas stereotyp (die superbeliebte, reiche, beste Freundin; die perfekte Schwester), doch vor allem gegen Ende wird man schnell eines Besseren belehrt, wenn Klischees näher beleuchtet werden und der Schein eben nur Schein bleibt und die Wahrheit dahinter hervortritt. Die Wandlung der Hauptperson und Botschaft des Romans haben mir auch gut gefallen: ««««Achtung Spoiler!!!!»»»» “Wenn ich auf diese Maustaste drücke, gebe ich im Grunde mein eigenes Leben auf. Und meine Chance, es zu leben. Fehler können wiedergutgemacht werden. Schlechte Entscheidungen können rückgängig gemacht werden. Musterhäuser können wieder aufgebaut werden. Und Perfektion ist nur ein Wort, bei dem man sich schlecht fühlt.” (Zitat S.326) ««««Spoiler Ende»»»» Am Ende wird es richtig dramatisch und ich konnte/wollte “Mein Leben voll Fragezeichen” kaum mehr aus den Händen legen!
Fazit: Ein überraschend richtig gutes Buch!
Jessica Brody hat noch ein anderes Buch geschrieben: “Fieses Karma” und eine Neuerscheinung von ihr ist “Eine Woche voller Montage”. Eine Autorin, die ich mir als humorvolle Alternative auch sehr gut vorstellen könnte, ist Mandy Hubbard. Sie verknüpft ebenso humorvolle Unterhaltung mit Tiefgang und einer glaubwürdigen Wandlung der Protagonistin. Lies von ihr “Verwünscht und zugenäht” oder “Wie ich in High Heels durch die Zeit stolperte”. Eine andere Autorin, die auch leichte und humorvolle Unterhaltung bietet, ist Mara Andeck (z.B. “Wen küss ich und wenn ja, wie viele?” “Wenn das Leben dich nervt, streu Glitzer drauf” oder “Wolke 7 ist auch nur Nebel”). Abstimmungsergebnisse im Internet einer anonymen Leserschaft, die den Alltag dreier Mädchen auf schlimmste Weise (hier: richtig schlimm!) beeinflussen, findest du ebenfalls in dem genialen Thriller “Matchbox Boy” von Alice Gabathuler.
Bibliografische Angaben: Verlag: Boje ISBN: 978-3-414-82448-6 Erscheinungsdatum: 13.Mai 2016 Einbandart: Hardcover Preis: 12,99€ Seitenzahl: 352 Übersetzer: Ann Lecker Originaltitel: "My life undecided" Originalverlag: Macmillan Publishers Amerikanisches Originalcover: Amerikanischer Trailer zum Buch:
Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 möglichen Punkten)
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Amerikanisches Cover: Homepage von Jessica Brody