Für den Roman “An Nachteule von Sternhai” haben sich zwei großartige, amerikanische Autorinnen zusammengetan: Holly Goldberg Sloan und Meg Wolitzer. Herausgekommen ist dabei eine wunderbare, warmherzig erzählte Freundschafts- und Familiengeschichte über zwei Mädchen, die eigentlich auf keinen Fall miteinander befreundet sein wollen und genau das Gegenteil erreichen. Ein ausgesprochen schönes Lesevergnügen!! Eine Geschichte, die einfach Spaß zu lesen macht und ein gutes Gefühl hinterlässt. Jetzt neu als Taschenbuch erschienen. Für Jugendliche ab 10 Jahren (super auch noch für 12-jährige!) und interessierte Erwachsene.
Die 12-jährige Avery, die in New York lebt, introvertiert und äußerst klug ist, erhält eines Tages eine höchst seltsame E‑Mail. Von einem Mädchen namens Bett, die weit entfernt von ihr wohnt, in Kalifornien und ihre Adresse über das Internet herausgefunden hat. Betreff: “du kennst mich nicht”. Und darin verkündet sie, dass ihre jeweiligen Väter, mit denen die beiden Mädchen alleine wohnen, einander wohl auf einer Baumesse in Chicago kennengelernt haben. “Ich erkläre dir jetzt nicht, woher ich das weiß, aber jedenfalls SIND DIE BEIDEN SEITDEM EIN PAAR. Was mich eigentlich nichts angeht, nur dass es mich plötzlich DOCH WAS ANGEHT, weil mein Vater aus heiterem Himmel auf die Idee gekommen ist, mich im Sommer auf ein Ferienlager zu schicken, das CIGI heißt. […] ein Strebercamp für Schüler zwischen 10 und 15 in der Pampa von Michigan. Kann sein, dass ich dich bis jetzt zu Tode gelangweilt habe, aber weißt du was? DICH wollen sie auch DAHIN SCHICKEN.” (Zitat S.9) Avery glaubt zunächst an eine Verwechslung. Klar, das Camp ist ihr bekannt, dort ist sie auch angemeldet und freut sich schon darauf, aber dass ihr Vater eine Beziehung zu einem anderen Mann hat und ihr nichts davon erzählt, das kann sie sich überhaupt nicht vorstellen. “Hier liegt offenbar eine Verwechslung vor. Falls mein Vater wirklich eine Beziehung mit deinem Vater hätte, wüsste ich garantiert davon. Dad und ich stehen uns sehr nah und […] er erzählt mir alles.” (Zitat S.10) Doch die draufgängerische, abenteuerliche, extrovertierte Bett schafft es Avery vom Gegenteil zu überzeugen, bis ihr Vater ihr schließlich alles gesteht. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die beiden Väter eine große Reise nach China zusammen geplant haben und ihre Töchter
solange in das Wissenschafts-Feriencamp schicken wollen. Und am besten sollen die beiden auch noch die besten Freundinnen werden, damit ihre Familie sich rasch vergrößern kann. Das wollen Avery und Bett sich jedoch auf keinen Fall gefallen lassen und korrespondieren bald nur noch per E‑Mail miteinander. Dabei kommen sie sich dann allerdings doch näher, als eigentlich geplant…
Bevor ich “Von Nachteule an Sternhai” gelesen habe, war ich eigentlich gar kein großer Fan von E‑Mail-Romanen, muss ich gestehen. Aber der Roman hat mich definitiv eines Besseren belehrt! Holly Goldberg Sloan und Meg Wolitzer haben einfach eine zauberhafte Geschichte geschrieben, die vor allem durch ihre liebevoll gezeichneten Charaktere Avery und Bett, aber auch viele Nebenfiguren, die eine Rolle spielen, hervorsticht. Das Buch wird tatsächlich ausschließlich in Briefen und E‑Mails erzählt, die man aber aufgrund der Betreffzeile und dem “Von:…” und “An…” immer sofort zuordnen kann. “Nachteule” so bezeichnet sich Avery, da sie schlecht einschlafen kann und die abenteuerliebende Bett nennt sich “Sternhai”. Die Symbole dieser Tiere — wie sie auch schon auf dem wirklich schön gestalteten Cover (im Vergleich zum Englischen, siehe unten) zu sehen sind — werden auch im Text immer wieder abgedruckt und leiten die E‑Mails der beiden 12-jährigen Mädchen jeweils ein. Während das Nachfragen nach persönlichen Dingen am Anfang teilweise noch etwas künstlich wirkt (welchen Lipgloss nimmst du; magst du lieber Hunde oder Katzen; hattest du schon deine Tage), tauschen die beiden Mädchen bald ungewollt immer mehr aus. Das, obwohl sie eigentlich Folgendes vorhatten: “PS: Mögen wir uns niemals persönlich begegnen.” (Zitat S.15). Selbst als sie im Ferienlager landen, wollen sie NICHT miteinander sprechen: “Wir sehen uns morgen, auch wenn wir natürlich nicht miteinander sprechen. Hier sind ja genug Leute, also kann jede von uns ihre eigenen Freundinnen finden. Falls wir zufällig beide mit den gleichen Leuten herumstehen, sollte eine von uns einfach
davonschlendern und so tun, als würde sie sich für die Pflanzen am Wegrand interessieren oder so etwas.” (Zitat S.46) Dass dann natürlich doch eine Freundschaft allmählich zwischen ihnen entsteht, ist nicht nur anrührend und unterhaltsam, sondern zuweilen auch recht turbulent und sehr spaßig. Am Ende bin ich in einer Hinsicht tatsächlich noch etwas überrascht worden!
Fazit: Eine Geschichte fürs Herz mit tollen Charakteren, amüsanten Gegensätzlichkeiten und der Botschaft, dass Freundschaft und Familie manchmal ganz nah liegen!
Wenn dir der Erzählstil der beiden Autorinnen gefallen hat, dann greif unbedingt noch zu ihren anderen Büchern. Holly Goldberg Sloan hat noch drei andere Romane geschrieben: “Sam und Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls” (tolles Buch!), “Glück ist eine Gleichung mit 7” und “Short: Manchmal wächst man über sich hinaus”. Meg Wolitzer hat — neben vielen Romanen für Erwachsene — erst ein Jugendbuch zuvor veröffentlicht: “Was uns bleibt ist jetzt” — ein großartig geschriebenes Werk! Du magst Bücher, in denen sich alles zum Positiven wendet und die so richtig schön gute Laune machen? In diesem Fall könnten “Das Blubbern von Glück” von Barry Jonsberg, “Wunder” von Raquel J.Palacio, “Love Simon” von Becky Albertally und “Wohin meine Flossen mich tragen” von Kate Gordon etwas für dich sein. Toll ist auch “Die Königinnen der Würstchen” von Clémentine Beauvais. Eine besondere Familiengeschichte ist zudem “Eine Insel zwischen Himmel und Meer” von Lauren Wolk, aktuell nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis. Zwei Familien, aus denen plötzlich eine zu werden droht? Das findest du in so einigen Büchern: “Kichererbsen mit Schokolade” von Jana Frey (Reihe), “Alles easy: Patchwork für Anfänger” von Anja Fröhlich, “Best friends forever: Luca & Vanessa” von Hortense Ullrich (Reihe), “Plötzlich Schwestern” von Bettina Obrecht, “Tausche Schwester gegen Zimmer” von Juma Kliebenstein, “Böse Mädchen” von Martina Dierks und “Glücklich für Anfänger” von Susin Nielsen. Du willst noch mehr Brief- oder E‑Mail-Romane? Dann schau dir mal folgende Titel genauer an: “Anna & Anna” von Charlotte Inden, “Hallo Opa — Liebe Mirjam. Eine Geschichte in E‑Mails” von Peter Härtling, “Alles Liebe, deine Lise” von Brigitte von Aken, “Real life sucks. Außer uns sind alle bescheuert” von Allison Raskin, Gaby Dunn und die Vorreiter-Reihe “PinkMuffin@BerryBlue” von Hortense Ullrich und Joachim Friedrich.
Bibliografische Angaben:Verlag: dtv ISBN: 978-3-423-62742-9 Erscheinungsdatum: 21.Mai 2021 Einbandart: Taschenbuch Preis: 9,95€ Seitenzahl: 288 Übersetzer: Sophie Zeitz Originaltitel: "From night owl to dogfish" Originalverlag: Dial Books Amerikanisches Originalcover:
Trailer (auf Englisch):
Die zwei Autorinnen im Interview (auf Englisch):
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(5 von 5 möglichen Punkten)
Dieser Titel hat es in folgende Kategorie geschafft: **Kasimiras Lieblingsbücher**
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