“The Summer of Lost Letters” von der amerikanischen Autorin Hannah Reynolds ist ein Roman, der seine Leser auf die Atlantikinsel Nantucket entführt. Dort geht eine junge Frau den Spuren der Vergangenheit ihrer verstorbenen Großmutter nach, die hier einmal gelebt hat und deren plötzlich auftauchende Liebesbriefe an einen unbekannten Mann große Geheimnisse erahnen lassen. Als sie auf den Enkel jenes unbekannten Mannes trifft, will dieser verhindern, dass sie in seiner Familie alles durcheinander bringt, bis die beiden sich unerwartet näher kommen… Ein bezauberndes, hinreißend romantisch erzähltes Buch. DIE Liebesgeschichte des Sommers! Die perfekte Mischung aus sprachlicher Schönheit, authentischen, feurigen Dialogen und tiefgründiger Familiengeschichte mit Charakteren, die man einfach ins Herz schließt. Dazu jede Menge große Gefühle und erfrischenden Humor. Ganz klare Leseempfehlung!! Von dieser Autorin werden hoffentlich bald noch mehr Bücher ins Deutsche übersetzt werden! Für Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene.
Die 17-jährige Abby hat einen langweiligen Sommer vor sich. Ihr Freund hat gerade mit ihr Schluss gemacht und ihre besten Freundinnen sind alle verreist. Als dann plötzlich ein Bündel Briefe aus dem Nachlass ihrer verstorbenen Großmutter auftaucht, ist ihre Abenteuerlust geweckt: “Brennende Neugier durchfuhr mich. Darin konnte sich alles Mögliche verbergen. Wir wussten so wenig über Omas Leben — besonders aus der Zeit, bevor sie Opa kennengelernt hatte. Bevor Ruth Goldman zu Ruth Cohen geworden war. Wer war sie zuvor gewesen?” (Zitat aus “The Summer of Lost Letters” S.13) Es sind Liebesbriefe, die sie aber nicht Abbys Großvater geschrieben hatte, sondern einem unbekannten Mann namens Edward. Viel ist über die Vergangenheit der Großmutter nicht bekannt. Sie wurde in Deutschland geboren und wurde als Vierjährige nach Amerika geschickt, um vor dem Holocaust zu fliehen und ist in New York bei einer wohlhabenden Familie aufgewachsen. Doch offenbar gibt es eine Lücke in ihrem Lebenslauf. “Ich hatte nicht einmal gewusst, dass Oma je auf Nantucket gewesen war. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wer dieser Edward war oder welche Kette Oma zurückhaben wollte — oder weshalb sie ihn überhaupt verlassen hatte. Komm zurück nach Golden Doors, hatte Edward verlangt. Ich klappte meinen Laptop auf und fing zu tippen an.” (Zitat S.18) Abby, die vorhat Geschichte zu studieren, findet heraus, dass Golden Doors ein herrschaftliches Anwesen auf der Insel Nantucket und noch immer im Besitz der vermögenden Familie Barnabel ist, die ein Wirtschaftsunternehmen führt. Ihr nun schon äußerst betagter Inhaber und Gründer ist ein gewisser Edward Barnabel, der Urheber der Liebes
briefe. Weil er ihre Kontaktversuche ignoriert, beschließt Abby den Sommer auf Nantucket zu verbringen. Sie findet einen Job in einer Buchhandlung und schleicht sich während einer privaten Party als Aushilfe eines Cateringservices auf Golden Doors ein. Findet tatsächlich ein Fotoalbum mit einem Bild ihrer Großmutter als junge Frau darin und wird plötzlich erwischt. Ausgerechnet von Noah, dem Enkel von Edward Barnabel. “Er sah alarmierend gut aus, so gut, dass ich unter normalen Umständen niemals mit ihm gesprochen hätte — mit seiner bronzenen Haut, den dunklen Augen und den Wangenknochen, die sich so scharf abzeichneten, dass sie gewiss Herzen entzweischneiden konnten.” (Zitat S.54) Als er herausbekommt, was Abby vorhat, will er vor allem eines — sie davon abhalten, mit seinem Großvater zu sprechen. Und seine Familie durch diese Vergangenheitsgeschichte durcheinanderzubringen und dunkle Geheimnisse ans Licht zu zerren
. Doch er hat die Rechnung ohne Abby gemacht, die ganz und gar nicht bereit ist, von ihrer Recherche abzulassen. Bald kommen sich die beiden unerwartet näher…
Das Cover ist ein Traum. Im Hintergrund ein Gedicht von Goethe auf Englisch namens “The Lovely Night”. Der Roman wird durchgehend aus Abbys Sicht in der Ich-Perspektive erzählt. Gerade mal die Sichtweise des männlichen und somit undurchschaubaren Protagonisten nicht zu erkennen, ist mitunter auch mal ganz erfrischend. Die Grundidee des Buches, das Setting, ist äußerst gelungen: “Omas Leben war mir schon immer wie ein Märchen vorgekommen: gefährlich und glamourös — und nun mit noch einem unerwarteten Zusatzkapitel, Seiten, die zusammengeklebt hatten, ohne dass es mir zuvor aufgefallen war. War sie zu dieser Zeit so glücklich gewesen, wie all die anderen Leute hier wirkten? Schwer zu glauben. Ihr ganzes Leben lang hatte sie auf mich stets einen etwas traurigen Eindruck gemacht.” (Zitat S.49) Ein Mädchen, das mehr über die Vergangenheit ihrer Großmutter herauszufinden versucht. Das hartnäckig bei ihrer Recherche ist und den Leser nicht nur nebenbei Einblick in eine jüdische Familie gibt, sondern auch geschichtliche Ereignisse mit einfließen lässt wie den Holocaust und Kindertransporte. Dazu noch eine tolle, atmosphärische Sprache und immer wieder äußerst stimmungsvolle Momente, die die Autorin perfekt eingefangen hat: “Mom fragte immer und immer wieder, ob ich meine Zahnbürste und die Vitamintabletten und die Aknecreme eingepackt hatte […] Sie standen am Kai und sahen mir nach. Dad schlang seinen Arm um Moms Schultern, und sie lehnte sich an ihn. Zum ersten Mal wirkten sie klein auf mich. Sie winkten und winkten und ich winkte zurück, unsicher, was passieren würde, wenn ich mich als Erste abwandte — ob es besser oder sc
hlimmer wäre, das Band selbst zu kappen.” (Zitat S.25) Denn vor allem die familiäre Verbundenheit zu ihrer Mutter, die spürt man bei Abby immer wieder. Doch neben einer Familiengeschichte und einer Reise in die Vergangenheit ist “The Summer of Lost Letters” vor allem eine Liebesgeschichte! Und zwar eine, die sich für die Annäherung der beiden Protagonisten wirklich Zeit nimmt. Das ständige Hin und Her zwischen Abby und Noah, die spritzigen, herrlichen Dialogen zwischen ihnen, das macht einen großen Reiz bei der Lektüre aus. Stellenweise hat man wirklich ein fettes Grinsen im Gesicht, weil es Hannah Reynolds beinahe mühelos gelingt, authentische, mit ganz viel Humor gespickte Situationen entstehen zu lassen. Ein wunderbares Lesevergnügen, bei dem man einfach nahezu ständig weiterlesen und mit fiebern und auf die Frage “Wann kommen sie endlich zusammen?” eine Antwort finden möchte;-) Gegen Ende wird es dann noch einmal richtig schön dramatisch und spannend! In einem Nachwort erläutert die Autorin ihre Beweggründe, dieses Buch zu schreiben und ihren eigenen familiären Hintergrund, der Parallelen zu der Geschichte hat.
Eine inhaltliche Lesealternative zu “The Summer of Lost Letters” ist das schon etwas ältere “Marie: Spuren in die Vergangenheit” von Renate Günzel-Horatz. Hier findet die Protagonistin ebenfalls im Nachlass der Großmutter Briefe, die in die Vergangenheit führen (ebenfalls Nationalsozialismus). Auf Nantucket spielen zudem die Romane “Salzige Sommerküsse: Verliebt auf Nantucket” von Leila Howland und das empfehlenswerte “Die Bucht” von Sarah Alderson. Liebesbriefe spielen eine große Rolle in “To all the boys I’ve loved before” von Jenny Han und in dem bezaubernden “Das tiefe Blau der Worte” von Cath Crowley. Mit einer Großmutter auf eine Reise in die Vergangenheit macht sich auch die Hauptfigur in “Morgen ist heute schon vorbei” von Clare Furniss.
Bibliografische Angaben:Verlag: Carlsen ISBN: 978-3-551-32050-6 Erscheinungsdatum: 28.April 2022 Einbandart: Broschur Preis: 14,00€ Seitenzahl: 480 Übersetzer: Fabienne Pfeiffer Originaltitel: "The Summer of Lost Letters" Originalverlag: Razorbill Amerikanisches Originalcover:
![]()
Kasimira auf Instagram:
Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 möglichen Punkten)
Dieser Titel hat es in folgende Kategorie geschafft: **Kasimiras Lieblingsbücher**
----------------------------------------------------------- Amerikanisches Cover: Homepage von Penguin Random House