“The Black Coats: …denn wir vergeben keine Schuld” ist ein Spannungsroman der amerikanischen Autorin Colleen Oakes, ein wichtiger Beitrag zur #Metoo-Bewegung — obgleich die Autorin diesen zeitlich schon lange davor abgeschlossen hat. Ein Buch über einen Geheimbund von Frauen, die um Rache und Gerechtigkeit kämpfen und an gewalttätigen Männern Selbstjustiz üben. Ein junges Mädchen, in deren Leben ebenfalls Ungesühntes geschehen ist, wird zu dieser Gruppe eingeladen und gerät mitten zwischen die Fronten. Ein sagenhaftes Buch — anders, außergewöhnlich und unglaublich fesselnd geschrieben! Für reife Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.
Außenseiterin Thea sitzt mitten im Töpferunterricht, als jemand unbemerkt einen schwarzen Briefumschlag neben ihr ablegt. “Die Vorderseite war leer, und die beiden Buchstaben auf der Rückseite waren nur dann zu erkennen, wenn sie das Kuvert ins Licht hielt, eine strenge, schwarze Lackschrift auf dem schwarzen Umschlag. BC. War das eine Einladung zum Abschlussball?” (Zitat S.16 aus “The Black Coats: …denn wir vergeben keine Schuld”) Doch dort würde sie ohnehin nicht hingehen, und alle anderen würden auch nicht wollen, dass sie käme. Aber die Karte scheint der Beginn einer Art Schnitzeljagd zu sein: “Wasserengel. In zehn Minuten. Sei pünktlich und zeig niemandem die Karte.” (Zitat S.17). Die Karte führt sie weiter zu einem neuen Hinweis und zu einem neuen Ziel. Und schließlich zu einer monströsen, riesigen Villa im Wald, in der man schon auf sie gewartet hat. Dies ist der Sitz der Geheimorganisation “The Black Coats”. “Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, Frauen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die Schreckliches erleiden mussten.” (Zitat S.38) Sie haben Thea auserwählt Teil ihrer Gemeinschaft zu werden. “Du bist schnell, du bist intelligent, und vor allem” — mit einem Nicken deutete sie auf das Foto, das Thea in den Händen hielt — “hast du einen Grund.” (Zitat S.39) Denn Theas Cousine Natalie wurde ermordet und der Täter konnte bisher nicht bestraft werden. Wenn sie Teil der “Black Coats” wird, dann wird man auch ihr helfen sich an dem Mörder zu rächen. Schnell wird Thea Mitglied des Teams und dringt immer tiefer ein die Welt der “Black Coats”. Doch ebenso dort scheint nicht alles mit rechten Dingen zu zugehen…
Düster, bedrohlich und geheimnisvoll — so wirkt das Cover auf den ersten Blick — und macht definitiv neugierig auf diese besondere Geschichte. Der Roman startet mit einem Prolog, der seine Leser in das Jahr 1972 nach Grapeland, Texas entführt, wo ein junges Mädchen namens Robin von einem Jungen zu einem Treffen eingeladen und brutal vergewaltigt wird. Sie vertraut sich nicht ihren Eltern, sondern ihrer besten Freundin an, die ihr verspricht, dass sie nun in Sicherheit sei und dass sie sich rächen würden. Dann endet der Prolog mit folgendem Satz: “Und drei Wochen später hatte ihr Julie beigestanden, als Robin den schwarzen Mantel ihres Vaters angezogen und mit unsicheren Händen einen Baseballschläger geschwungen hatte.” Nun beginnt — von einer schwarzen Seite getrennt — der Hauptteil, der in “Teil eins” und “Teil zwei” erzählt wird und in der heutigen Zeit und ebenso in Texas, aber in Austin, spielt. Am Anfang braucht man erst einmal eine Weile um sich in die Situation und in die personale Erzählweise von Thea einzufühlen. Sporadische Andeutungen müssen eingeordnet werden, warum rechnen immer a
lle damit, dass sie zusammenbricht? Warum will niemand, dass sie zum Abschlussball kommt? Warum wollte sie sich das Leben nehmen? Wer ist diese Natalie, die immer wieder erwähnt wird und wie stand diese zu Thea? Etwas befremdlich wirken manche Situationen zuweilen. “Sie musste lachen, denn all das war total absurd: Der Umschlag, der Brunnen, dieser verrückte Baum. Sie lachte, bis ihr Bauch schmerzte, musste übergeschnappt sein, genoss aber jeden einzelnen Augenblick. Viel zu lange hatte sie nicht mehr so gelacht […], während sie auf das Geheimnis zurannte, das nach ihr rief.” (Zitat S.28) Doch allmählich versteht man dann die Zusammenhänge und die Faszination dieser besonderen Gruppierung zieht einen schnell in den Bann. Colleen Oaks wagt ein interessantes Gedankenexperiment. Was wäre, wenn es tatsächlich solch eine Gruppe gäbe, die Gerechtigkeit ausübt, wo das Gesetz es nicht mehr kann aufgrund zum Beispiel mangelnder Beweise? Rasch taucht man mit Thea ein in eine außergewöhnliche W
elt voller neuer Regeln, besonderen Ausbildungsmaßnahmen, die das junge Mädchen und ihr Team fast wie eine Geheimagentin immer neue Aufträge ausführen lässt. Aber der Thriller verlangt dem Leser auch einiges ab. Viele gewalttätige Szenen sind darin enthalten, bei denen man sich immer wieder fragen muss — Selbstjustiz, darf man das? Und wie weit darf man gehen? Äußerst spannungsgeladen kommt die Geschichte daher, wartet immer wieder mit überraschenden Wendungen auf. Mit teils erfrischenden Charakteren (wie zum Beispiel Theas Eltern) und einer sehr angenehmen Erzählweise. Auch eine kleine Liebesgeschichte ist darin enthalten. Das Buch endet mit einem großen, atemberaubenden Showdown und einem Nachwort der Autorin.
Eine gute Lesealternative über Rache ist die Trilogie von Jenny Han: “Auge um Auge” (Band 1), “Feuer und Flamme” (Band 2) und “Asche zu Asche” (Band 3). Oder lies “Die Angst der Bösen” von Kristina Dunker und “Im Herzen die Rache” von Elizabeth Miles (ebenfalls eine Trilogie). Gut könnte ich mir auch den schon etwas älteren Titel “Pretty Clever” von Elisa Ludwig (eine moderne Robin Hood Version). Um Gerechtigkeit kämpfen ebenso die Protagonisten in “33 Cent um ein Leben zu retten” von Louis Jensen, in “Zusammen wie Schwestern” von Gayle Forman und in der gelungenen Neuerscheinung “V wie Vincent” von Lucinde Hutzenlaub.
Bibliografische Angaben:Verlag: Beltz & Gelberg ISBN: 978-3-407-78998-3 Erscheinungsdatum: 15.August 2019 Einbandart: Hardcover Preis: 16,95€ Seitenzahl: 397 Übersetzer: Friederike Levin Originaltitel: "The Black Coats" Originalverlag: Harper Teen Amerikanisches Originalcover:
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Kasimiras Bewertung:
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