Die deutsche Psychothrillerautorin Claudia Puhlfürst hat nun mit “Lügenschwester” ihren ersten Thriller für Jugendliche geschrieben. Eine Geschichte über das Verschwinden eines Mädchens, deren Schwester sich deswegen vor der Polizei rechtfertigen muss. Richtig schön fesselnd geschrieben! Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.
Die 15-jährige Sarah ist heimlich verliebt. In Jonas, den sie aus ihrem Schreiblernkurs kennt und der schon 20 ist. Niemand weiß von ihrer Schwärmerei, nicht einmal ihre beste Freundin Elodie. Erst möchte sie sich seiner Liebe sicher sein, bevor sie jemandem davon erzählt. Doch ihn heimlich zu treffen, ist momentan nicht ganz einfach, da ihre Mutter sie nicht einmal ohne Begleitung zur Schule hin und zurückkommen lässt. Daran schuld ist allein Kat, Sarahs zwei Jahre ältere Schwester, die spurlos verschwunden ist. Am Tag zuvor hatte sie noch einen riesigen Streit mit ihrer Mutter, dann ward sie nicht mehr gesehen. Schon öfters hat sie versucht ihren Willen unbedingt durchzusetzen, schön öfters ist sie für ein paar Tage von Zuhause weggeblieben. Deshalb lässt Sarah auch zwei vermeintliche Entführungsschreiben, die sie im Briefkasten findet, verschwinden. Sie möchte ihrer Mutter nicht noch mehr Angst machen. Außerdem will sie Kat einen Denkzettel verpassen. Die scheint das Ganze schließlich inszeniert zu haben. Doch bald ist die Polizei auch Sarah auf der Spur. Denn es taucht eine dritte Nachricht auf, die direkt an die Polizei geschickt wurde. Ist Kat vielleicht doch entführt worden? Bald ist sich Sarah dessen gar nicht mehr so sicher…
“Lügenschwester” setzt mit einem dramatischen Prolog ein, der die Hauptfigur erst zu Hause und dann auf dem Polizeirevier zeigt. Die Kommissare nehmen Sarah ordentlich in die Mangel und auf der Toilette sendet Sarah eine SMS an eine unbekannte Person, dass sie nicht mehr könne. Dann beginnt der Hauptteil, der sich in drei Teile gliedert und eine Woche zuvor beginnt. Claudia Puhlfürst hat einen sehr angenehmen Erzählstil. Flüssiges Lesen ist ohne Weiteres möglich und sie schafft viel Atmosphäre: “Draußen war es jetzt still. Als hätte etwas Finsteres den kleinen Vögeln Angst gemacht. Auch das Rumoren über ihr hatte aufgehört. Der Morgen hielt den Atem an, nur die Küchenuhr tickte überlaut.” (Zitat aus “Lügenschwester” S.9) und “Die Szene glich einem dieser modernen Theaterstücke. Fünf schweigende Menschen in einer auf Hochglanz polierten Küche, umgeben von einer unheilschwangeren Erschöpfung, die sich wie ein schwerer feuchter Mantel über sie gelegt hatte und ihnen die Luft nahm. Sarah hatte das Gefühl, dass sich die Sekunden zu Minuten dehnten.” (Zitat S.9). Die Spannung zieht sich durch den Roman wie ein roter Faden. Hat man erst einmal angefangen, kann man nicht mehr so schnell mit der Lektüre aufhören. Manches scheint durchschaubar, anderes wiederum überrascht. Während der erste Teil durchgehend aus Sarahs Perspektive erzählt wird, gibt es im zweiten Teil einen interessanten Perspektivenwechsel zu Kat und im dritten Teil kommen sowohl Sarah, als auch Kat und Elodie zu Wort. Dieses Abwechseln der Sichtweisen erzeugt unheimlich viel Spannung und man fiebert dem Ende förmlich entgegen! Was mir auch sehr gut gefallen hat, sind die verschiedenen Erzählarten: Sarah führt nämlich ein Videotagebuch, durch welches sie zwischenzeitlich berichtet und sich an ein anonymes Publikum (“Hey Leute”) wendet. Auch Kat liefert neben dem erlebten Geschehen Auszüge aus ihrem Blogtagebuch, sowohl aus der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart. Das macht den Text sehr facettenreich.
Die wohl beste Alternative zu “Lügenschwester” ist wohl “doppeltot” von Gideon Samson. In diesem gibt es neben einer inszenierten Entführung auch interessante Perspektivenwechsel. Ersteres findest du ebenso in “Die Komplizin” von Eireann Corrigan. Das Thema Entführung kommt auch in folgenden Romanen vor, die beide sehr spannend zu lesen sind und sich erst nach und nach auflösen: “Scherbenmädchen” von Liz Coley und “Crazy games” von Mirjam Mous. Legt man den Schwerpunkt auf die Schwesterngeschichte, könnte “Liebeskinder” von Jana Frey etwas für dich sein oder “Zertrennlich” von Saskia Sarginson. In “Wer morgens lacht” von Mirjam Pressler spielt das Verschwinden einer Schwester ebenfalls eine Rolle.
Bibliografische Angaben:Verlag: Coppenrath ISBN: 978-3-649-62115-7 Erscheinungsdatum: Juni 2015 Einbandart: Hardcover Preis: 14,95€ Seitenzahl: 368 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: -
Kasimiras Bewertung:
(4,5 von 5 möglichen Punkten)