Charles Benoit — Cold Calls

Charles Benoit Cold calls14.April 2016

Cold Calls” von dem ame­ri­ka­ni­sche Autor Charles Benoit ist nach sei­nem ers­ten (unab­hän­gi­gen) Buch “Du bist dran!” wie­der ein Roman über das The­ma Mani­pu­la­ti­on und vor allem über Mob­bing, jedoch mit einem ganz ande­ren Ansatz: Hier wer­den die drei Prot­ago­nis­ten dazu gezwun­gen zu mob­ben, um zu ver­hin­dern, dass ein anony­mer Anru­fer ihre größ­ten Geheim­nis­se ver­rät. Flott und unter­halt­sam erzählt. Mit nicht all zu viel Tief­gang. Für Jugend­li­che ab 13 Jahren.

Eric, der ein begeis­ter­ter Fuß­ball­spie­ler ist, glaubt zunächst an einen Scherz, als ein selt­sa­mer, metal­lisch klin­gen­der Anru­fer ihn beläs­tigt: “In dem Rau­schen ertön­te ein lei­ses Echo, als er sich selbst hör­te. Eine Pau­se, dann folg­te etwas wie ein Atem­zug. Danach ein ein­zel­ner geflüs­ter­ter Satz, der ihn wie ein Schlag in den Magen traf. Und wie­der Schwei­gen.” (Zitat aus “Cold Calls” S.9) In der Nacht wie­der mehr­ma­li­ge Anru­fe auf sei­nem Han­dy. Bis Eric schließ­lich ran­geht und der anony­me Anru­fer nur ver­langt, dass er in sein E‑Mailpostfach sieht. Dort befin­det sich ein merk­wür­di­ges Foto. Es dau­ert eine Wei­le bis der Jun­ge begreift, das die­se Detail­auf­nah­me aus sei­nem Haus stammt. Jemand war in sei­nem Zim­mer und hat ihm dann die­ses Foto geschickt! Wer erlaubt sich solch einen Scherz mit ihm? Einer sei­ner Freun­de? Das kann er nicht glau­ben… Nach eini­ger Zeit erhält er wie­der Charles Benoit Cold CallsAnru­fe: “Ruf nicht wie­der an!”, ver­lang­te er, “Sonst gehe ich zur Poli­zei. Ich habe Bewei­se, dass du in mein Haus ein­ge­bro­chen bist…” “Du ver­gisst etwas”, mein­te der Anru­fer. “Ja? Was denn?” Das Rau­schen ver­klang, was die geflüs­ter­ten Wor­te laut und deut­lich mach­te. “Ich ken­ne dein Geheim­nis.” (Zitat S.24) Und das scheint der anony­me Frem­de tat­säch­lich zu ken­nen, wie Eric kurz dar­auf auf einem Foto in sei­nem Post­fach zwei­fel­los erken­nen kann: “Oh schei­ße”, mur­mel­te er. Nie­mand war in der Nähe, der sah, wie sein Gesicht alle Far­be ver­lor. (Zitat S.25) Eben­so ergeht es der jun­gen Shel­ly, der klar wird, dass es da jeman­den gibt, der ihr dunk­les Geheim­nis kennt: “Sie hat­te nicht die gerings­te Ahnung, wer es war und wie der­je­ni­ge es her­aus­ge­fun­den hat­te. Noch nicht. Aber jemand wuss­te es. Und sie muss­te ihn fin­den.” (Zitat S.26) Doch zunächst ein­mal muss sie tun, was der Anru­fer ver­langt. Er stellt ihr Auf­ga­ben. Sie soll ein Mäd­chen mob­ben. Drei Auf­ga­ben. Und ein gro­ßes Fina­le. Auch Eric wird dazu genö­tigt, einen ande­ren ihm unbe­kann­ten Mit­schü­ler zu schi­ka­nie­ren. Beson­ders die letz­te Auf­ga­be hat es in sich. Nun müss­te der Anru­fer ihn doch end­lich in Ruhe las­sen, oder? In einem Anti-Mob­bing-Kurs, trifft Eric auf Shel­ly und auf Fati­ma, denen das glei­che Schick­sal wider­fah­ren ist, was sie durch Zufall her­aus­fin­den. Gemein­sam ver­su­chen sie den Unbe­kann­ten zu stop­pen, ehe ihre Geheim­nis­se an die Öffent­lich­keit geraten…

Charles Benoit Cold CallsCold Calls” wird in meh­re­ren Kapi­teln und aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven erzählt. Zunächst kommt haupt­säch­lich Eric zu Wort. Spä­ter folgt dann Shel­lys Per­spek­ti­ve, die sich mit Erics wie­der­um abwech­selt, auch inner­halb eines Kapi­tels. Erst im letz­ten Teil des Buches wird auch Fati­mas Sicht geschil­dert. Der Erzähl­stil ist sehr flüs­sig, die Sät­ze recht kurz und gerad­li­nig. Tem­po­reich rast der Leser durch die Geschich­te, die immer wie­der durch inhalt­li­che Lücken glänzt. Charles Benoit scheint Meis­ter dar­in zu sein, Ele­men­te aus­zu­las­sen oder zu umschrei­ben. So wird nicht erwähnt, was für ein geflüs­ter­ter Satz Eric beim ers­ten Tele­fo­nat so aus der Fas­sung bringt, was auf dem zwei­ten Foto zu sehen ist oder was Shel­ley zu ihrem Mob­bing­op­fer sagt: “Es waren nur Wor­te, hat­te sie sich gesagt. Heut­zu­ta­ge konn­ten Wor­te nie­man­den mehr ver­let­zen. Aber sie kann­te die Wahr­heit und klam­mer­te sich an die Lüge, denn nur so konn­te sie es durch­ste­hen. Und dann war es vor­bei, das Schluch­zen des Mäd­chens ver­klang in der Fer­ne.” (Zitat S.31) Das kann Span­nung erzeu­gen und für eine gewis­se Charles Benoit Cold CallsDra­ma­tik sor­gen, manch­mal aber auch ein wenig ner­ven, da beson­ders zu Beginn man­che Din­ge auch in Rück­blen­den nicht mehr erklärt wer­den, die für den Leser inter­es­sant sein könn­ten. Die Cha­rak­te­re blei­ben eher etwas flach, aber dar­auf ruht auch nicht das Haupt­au­gen­merk der Geschich­te. Es ist eher die Sen­sa­ti­ons­lust des Lesers, die befrie­digt wer­den möch­te: was sind das für Geheim­nis­se, die die drei Jugend­li­chen ver­ber­gen? Und wie wird es ihnen gelin­gen, den Täter zu stop­pen? Letz­te­res liest sich gegen Ende sehr dra­ma­tisch. Ein kur­zer Epi­log ver­leiht dem Buch einen schö­nen, inter­es­san­ten Ausklang.

Fazit: Net­te, kurz­wei­li­ge Unter­hal­tung, aber sehr an der Ober­flä­che geblie­ben, ange­sichts des bri­san­ten The­mas. Für Jungs, die wenig lesen ideal!

LesealternativenWenn dir “Cold Calls” gefal­len hat, dann lies doch noch das ande­re Buch von Charles Benoit: “Du bist dran!”. Eine inhalt­lich sehr gute Alter­na­ti­ve ist “Match­box Boy” von Ali­ce Gaba­t­hul­er. Hier droht ein Unbe­kann­ter eben­so die Geheim­nis­se drei­er Mäd­chen zu ver­ra­ten. Jedoch geht er noch eine Stu­fe wei­ter: Er lässt jedoch eine Online-Com­mu­ni­ty dar­über abstim­men, wel­ches Geheim­nis als Ers­tes ver­ra­ten wer­den soll und ver­rät sie nach und nach tat­säch­lich. Mega­s­pan­nend! Auf­ga­ben erfül­len (hier geht es aller­dings um Leben und Tod!), das müs­sen auch die Haupt­fi­gu­ren in “Spiel des Lebens” von Veit Etzold und in “Cra­zy games” von Mir­jam Mous.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: cbt
ISBN: 978-3-570-31008-3
Erscheinungsdatum: 8.März 2016
Einbandart: Taschenbuch
Preis: 9,99€ 
Seitenzahl: 320
Übersetzer: Andreas Decker
Originaltitel: "Cold calls" 
Originalverlag: Hougthon Mifflin

Amerikanisches Originalcover:
Charles Benoit Cold Calls











Der Autor spricht über sein Buch: (auf Englisch)
 

Amerikanischer Trailer: 
 

Kasimiras Bewertung:

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(3,5 von 5 mög­li­chen Punkten)

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Amerikanisches Cover: Homepage von Houghton Mifflin

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