“Das unsichtbare Mädchen” von der kanadischen Autorin Charis Cotter fällt gleich schon durch sein bezauberndes Cover auf! Ein Roman mit fantastischen Elementen über eine besondere Mädchenfreundschaft, über Geister und der Suche nach sich selbst. Angenehm und berührend erzählt. Für Jugendliche ab 11 beziehungsweise 12 Jahren.
Toronto. Im Jahre 1963. Sie sind beide 12 Jahre alt, wohnen nebeneinander und sind grundverschieden: Polly möchte am liebsten unsichtbar sein. Sie lebt in einer Familie mit drei leiblichen und zwei Pflegekindern. Jetzt haben ihre Eltern auch noch ein weiteres kleines Kind dazugeholt. Wegen dem neuen Baby muss sie ihr Zimmer mit eben jenem teilen. Am liebsten ist Polly alleine und liest Geistergeschichten. Es wäre ein Traum für sie endlich mal einen echten Geist zu sehen!
Rose hingegen fühlt sich unsichtbar. Ihre Eltern sind kaum zu Hause. In der Schule wird sie ignoriert. Nicht einmal die Lehrer rufen sie mehr auf, wenn sie sich meldet. Darum lässt sie es. Manchmal redet sie tagelang mit niemandem. Ihre Haushälterin Kendrick stellt ihr Zuhause das Essen auf den Tisch, wenn ihre Eltern nicht da sind. Rose hütet ein großes Geheimnis: sie sieht Geister. Schon seit ihrer Geburt. Und das darf niemand erfahren! Sonst würde man sie ja einsperren. Als sie mit ihrer Familie in das Haus ihrer Großeltern zieht, das direkt neben einem Friedhof liegt, sieht sie immer mehr Geister. Sie wird schwer krank. Kommt ins Krankenhaus. Kaum dass sie wieder zu Hause ist, fühlt sie sich seltsam leicht und schwerelos. Warum weint ihre Mutter auf einmal so viel? Als Rose auf dem Dachboden ihres Hauses ihre Nachbarin Polly kennenlernt, ändert sich alles. Eine Freundschaft entsteht zwischen den beiden Mädchen. Sie wollen zusammen herausfinden, was mit Rose los ist. Vor allem als sie über einen Grabstein stolpern, auf dem Roses Name steht und der Name einer alten Tante auftaucht, die genauso hieß wie Rose und über die alle schweigen…
“Das unsichtbare Mädchen” wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Mädchen erzählt. Vorangestellt wird vor jedes (nicht allzu lange) Kapitel eine kurze Überschrift, die mal aus einem Adjektiv (wie “Kalt”, “Unsichtbar”, “Tot” ) und meistens aus einem Hauptwort (wie “Außenseiter”, “Kekse”, “Der Beweis”, “Das Rätsel” ) besteht. Dann erfährt der Leser zuerst Pollys Sicht der Dinge und danach Roses. Was mir sehr gut gefallen hat, ist, dass im ersten Teil des Buches die Satzanfänge der beiden Mädchen in einem Kapitel meist ähnlich beginnen:
Polly: “Für mich ist kein Platz.…” Rose: “Ich passe nicht dazu. Hier ist kein Platz für mich…”
Polly: “Na gut, vielleicht übertreibe ich ein bisschen…” Rose: “Ihr glaubt vielleicht, ich übertreibe und…”
Polly: “Ich versuche mich immer unsichtbar zu machen in diesem Haus…” Rose: “Meistens fühle ich mich unsichtbar…”
Polly: “Ich wollte schon immer einen Geist sehen…” Rose: “Ich will nie wieder einen Geist sehen…”
Die Mädchen sprechen den Leser stets direkt an, wodurch das Leseerlebnis noch intensiver wird und man schnell in den Sog der Geschichte gezogen wird, die in einfacher Sprache geschrieben und sehr flüssig zu lesen ist. “Das unsichtbare Mädchen” wird insgesamt in fünf Teilen erzählt, vor welchen jeweils ein literarisches Zitat gestellt wird. Bei dem ersten Teil ist es eins von Ella Wheeler Wilcox, bei den anderen vier sind es Zitate von Alfred Tennyson, einem britischen Dichter des viktorianischen Zeitalters. Was ich auch sehr unterhaltsam und spannend fand, ist das Miträtseln mit den beiden Mädchen. Wer war diese seltsame Tante von Rose? Warum wurden ihre Fotos aus dem Familienalbum entfernt? Und lebt Rose tatsächlich noch oder ist sie ein Geist und tot? Das zu erfahren, macht einen besonderen Reiz der Buches aus. Das Ende ist sehr überraschend und hat mir gut gefallen!
Du möchtest eine weitere schöne Freundschaftsgeschichte lesen? Dann wären auf jeden Fall “Der Schatten an meiner Wand” von Kerstin Lundberg Hahn (auch mit Geistern) und “Lieder eines Sommers” von Cath Crowley (auch mit sich abwechselnden Perspektiven, die eine Hauptperson heißt auch Rose!) etwas für dich. Richtig toll ist auch die Freundschaftsgeschichte “Bird und ich und der Sommer, in dem ich fliegen lernte” von Crystal Chan. Du möchtest dich ein wenig gruseln? Dann versuch doch mal “Das Haus der verschwundenen Kinder” von Claire Legrand. Eine sehr gute Alternative über einen Geist, der erst erfährt, dass er tot ist, ist “Der 13.Gast” von Rhiannon Lassiter. Dasselbe passiert der Hauptfigur in “Bel: Die Liebe lebt ewig” von Care Santos.
Bibliografische Angaben:Verlag: cbt ISBN: 978-3-570-31234-6 Erscheinungsdatum: 10.September 2019 Einbandart: Taschenbuch Preis: 9,99€ Seitenzahl: 352 Übersetzer: Catrin Frischer Originaltitel: "The swallow - A ghost story" Originalverlag: Random House of Candada Limited Deutsches Originalcover:
Kanadisches Originalcover:
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Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 möglichen Punkten)
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