Cath Crowley — Das tiefe Blau der Worte

Kasimira29.November 2020

Das tie­fe Blau der Wor­te” von der aus­tra­li­schen Autorin Cath Crow­ley ist nun neu als Taschen­buch erschie­nen. Der Ado­les­zenz­ro­man stellt neben der Sehn­sucht nach der Lie­be und der Ver­ar­bei­tung von Trau­er auch die Lite­ra­tur in den Vor­der­grund. Ein ein­fühl­sam erzähl­tes Werk mit einer teil­wei­se schön poe­ti­schen Spra­che. Für Jugend­li­che ab 14 Jah­ren und inter­es­sier­te Erwachsene.

Grace­town. Ein klei­ner Vor­ort von Mel­bourne. In einem Brief hat Rachel Hen­ry end­lich ihre Lie­be gestan­den. Dem Jun­gen, den sie schon seit 10 Jah­ren kennt, ihren bes­ten Freund nennt und der eine stän­di­ge On-Off-Bezie­hung mit einer ande­ren führt: “Ich lege die­sen Brief zwi­schen die Sei­ten mit “J.Alfred Pruf­rocks Lie­bes­ge­sang”, weil du das Gedicht liebst und weil ich dich lie­be. Ich weiß, du bist mit Amy zusam­men, aber scheiß drauf — sie liebt dich nicht, Hen­ry. Sie liebt sich selbst, und zwar ziem­lich. […] Mor­gen fah­re ich. Bit­te ruf mich an, wenn du das hier liest, egal wie spät es ist.” (Zitat aus “Das tie­fe Blau der Wor­te S.9) Doch Hen­ry, dem sie sogar einen Hin­weis auf die­sen Brief hin­ter­ließ, hat sich nicht bei ihr gemel­det. Er hat sich nicht ein­mal von ihr ver­ab­schie­det, als sie mit ihrer Fami­lie nach Sea Ridge in das Haus ihrer Groß­mutter zog, die drin­gend Hil­fe benö­tig­te. Nun sind drei Jah­re ver­gan­gen und seit­dem ist viel pas­siert. Denn Rachels Bru­der Cal ist Cath Crowley - Das tiefe Blau der Wortegestor­ben. Er ist ertrun­ken. Seit­dem kann Rachel eben­so wie ihre Mut­ter ein­fach nicht mehr schwim­men gehen. Und sie — die tol­le Noten hat­te und deren Leben schon bis ins kleins­te Detail vor­aus­ge­plant war — fällt durch die Abschluss­prü­fung und schmeißt die Schu­le. “Dei­ne Gran sagt, du isst nicht genug”, sagt sie [ihre Tan­te Rose] im Wei­ter­ge­hen. “Und sie sagt, du hast dich in einen Zom­bie ver­wan­delt, der sich in sei­nem Zim­mer ver­steckt, den gan­zen Tag schläft und die Näch­te mit sei­ner Mut­ter, die auch zu einem Zom­bie gewor­den ist, am Strand ver­bringt.” (Zitat S.60) Da Rachel nicht wirk­lich weiß, was sie mit ihrem Leben nun anfan­gen soll, hat ihre Tan­te Rose, die in Grace­town lebt, ihr einen Job in dem Kran­ken­haus, in dem sie selbst als Ärz­tin arbei­tet, besorgt. “Laut unse­rer Fami­li­en­ge­schich­te strei­ten Gran und Rose sich schon, seit Rose drei Jah­re alt war, über alles und nichts. Gran fin­det, Rose flucht zu viel, arbei­tet zu viel und kommt viel zu sel­ten nach Hau­se. “Wenn sie dich zu mir geschickt hat, muss es wirk­lich schlimm sein. (Zitat S.61) Rachel zieht also wie­der zurück nach Grace­town. Zurück in ihren Hei­mat­ort. Zurück zu Hen­ry. Den sie auf kei­nen Fall wie­der­se­hen will. Doch dann platzt der Job im Kran­ken­haus und Rose hat ihr aus­ge­rech­net in der Buch­hand­lung, die Hen­rys Fami­lie gehört, eine Stel­le besorgt…

Cath Crowley - Das tiefe Blau der WorteDer Roman mit dem wirk­lich bild­hüb­schen Cover wird in per­so­na­ler Erzähl­wei­se sowohl aus Rachels, als auch Hen­rys Sicht erzählt. Am Anfang habe ich ein wenig gebraucht, um mit den Figu­ren warm zu wer­den, Rachel ist sehr distan­ziert und Hen­ry wirkt mit sei­nem leid­li­chen Stän­dig-auf-sei­ne-Ex-War­ten irgend­wie nicht gera­de sehr (typisch) männ­lich (Mein Plan ist, auf dem Sofa lie­gen zu blei­ben, mit kur­zen Unter­bre­chun­gen, um aufs Klo zu gehen oder ein über­ba­cke­nes Sand­wich zu essen, bis Amy zu mir zurück­kommt. Sie kommt immer zu mir zurück. Es ist nur eine Fra­ge der Zeit.” (Zitat S.35)), aber — trotz zunächst ruhi­ge­ren Tönen — nimmt die Geschich­ten einen dann doch schnell gefan­gen und ins­ge­samt gese­hen ist “Das tie­fe Blau der Wor­te” ein wirk­lich sehr schön kom­po­nier­tes Buch. Dafür sor­gen neben dem ange­neh­men Erzähl­ton auch die ein­ge­scho­be­nen Brie­fe, die eine ganz beson­de­re Rol­le spie­len. Denn in der Buch­hand­lung, in der Rachel bald dar­auf wie­der arbei­tet, gibt es außer­ge­wöhn­li­che Abtei­lung: Die Brief­bi­blio­thek. Dies ist “… eine Abtei­lung mit Büchern, die nicht zu ver­kau­fen sind. Kun­den kön­nen dar­in lesen, aber sie kön­nen sie nicht mit nach Hau­se neh­men. Sie kön­nen Lieb­lings­wör­ter oder ‑sät­ze umkrin­geln und Kom­men­ta­re an den RandCath Crowley - Das tiefe Blau der Worte schrei­ben. Und sie kön­nen in den Büchern Brie­fe an ande­re hin­ter­le­gen, die auch zum Lesen dort­hin kom­men.” (Zitat S.30) Eine wirk­lich schö­ne Idee, die Cath Crow­ley in ihren Roman mit ein­ge­floch­ten hat. Eben­so kunst­voll fand ich die “Lese­zei­chen­at­trap­pe” zu Beginn jedes Kapi­tels: ein auf­ge­druck­tes Lese­bänd­chen, das einen Schnör­kel bil­det und zugleich noch den Text der Über­schrift des Kapi­tels abbil­det — einen Satz­teil aus dem dar­auf fol­gen­den Kapi­tel. Was aber beson­ders beein­dru­ckend ist, ist neben den vie­len lite­ra­ri­schen Erwäh­nun­gen (die Fami­lie emp­fiehlt sich oft Roma­ne) und Bezü­gen zu Büchern auch die Her­vor­he­bung der Kraft der Wor­te. Etwas, wovon Rachel zunächst gar nicht über­zeugt ist. Wor­te kön­nen an Trau­er — ihrer Mei­nung nach — zum Bei­spiel gar nichts aus­rich­ten. Hen­ry ver­sucht sie da auf geschick­te Art und Wei­se vom Gegen­teil zu über­zeu­gen und am Leben (und der Lie­be) wie­der teil­ha­ben zu las­sen. Das Ende ist berührend. 

Fazit: Eine sehr zar­te und behut­sam erzähl­te Lie­bes­ge­schich­te, die eine schö­ne Ver­bin­dung zur Aus­drucks­kraft des Men­schen schafft.

Wenn dir der Erzähl­stil von Cath Crow­ley gefälltLesealternativen, lies unbe­dingt noch ihre ande­ren Bücher: “Graf­fi­ti Moon” und “Lie­der eines Som­mers” (toll!). Eine gute Lese­al­ter­na­ti­ve ist auch “Der Som­mer, als du wie­der­kamst” von Emi­ly Mar­tin, in dem sich die Haupt­fi­gu­ren auch nach län­ge­rer Zeit erst wie­der­se­hen. Unheim­lich packend und roman­tisch erzählt! Das glei­che kann ich von “Wenn du mich küsst” von Julia­na Stone behaup­ten. Ein Roman, in dem Lie­bes­brie­fe eine gro­ße Rol­le spie­len, ist “To all the boys I’ve loved befo­re” von Jen­ny Han. Die Trau­er­the­ma­tik wird auch in “Wie viel Leben passt in eine Tüte?” von Don­na Freitas behan­delt. Hin­sicht­lich der sanft erzähl­ten Lie­bes­ge­schich­te muss­te ich sofort an “Ele­a­n­or & Park” von Rain­bow Rowell den­ken. Oder lies “Lass mich nicht los” von Sarah Alder­son.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: Carlsen
ISBN: 978-3-551-31949-4
Erscheinungsdatum: 3.Dezember 2020
Einbandart: Taschenbuch
Preis: 8,99€ 
Seitenzahl: 400 
Übersetzer: Claudia Feldmann
Originaltitel: "Words in deep blue"
Originalverlag: Penguin Random House

Australisches Originalcover: 
Cath Crowley - Das tiefe Blau der Worte











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(4,5 von 5 mög­li­chen Punkten)

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Australisches Cover: Homepage von Cath Crowley

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