In “Ein Schimmer von Glück” zeigt die deutsche Autorin Bettina Belitz, dass sie neben opulenter Fantasy (“Splitterherz”-Trilogie) und großartigen Liebesgeschichten auch mit Pferden etwas anfangen kann. Dies ist bereits ihr dritter (unabhängig) zu lesender Roman, in dem eines dieser Paarhufer eine ganz besondere Rolle spielt. Während ihre letzten beiden Bücher tatsächlich auch für Jungs waren, ist das aktuelle Werk diesmal ein reines Mädchenbuch. Eine Geschichte über Selbstfindung, die Rettung eines kranken Pferdes und eine entstehende Liebe. Gefühlvoll und sehr unterhaltsam geschrieben. Jetzt neu als Taschenbuch erschienen. Für Mädchen ab 12 Jahren und interessierte Erwachsene.
Die 15-jährige Mira (die eigentlich Miracle heißt) ist gerade mit ihrer Mutter auf dem Weg zum Flughafen. Seit vier Jahren haben sie keinen Urlaub mehr gemacht. Doch die heiß ersehnte Reise nach Mallorca wird durch einen überraschenden Anruf jäh zunichte gemacht. Denn Miras Vater (und Exmann ihrer Mutter), den sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hat, hat Mist gebaut. Er hat wohl vor längerer Zeit einen Bauernhof gekauft, der auch auf Miras Mutter eingetragen ist und hat nun auf einmal das Weite gesucht. “Keiner weiß, wo er steckt, und er hat Tiere zurückgelassen. Das Amt ist schon informiert worden und auf dem Weg dahin. […] Es tut mir leid. Ich muss jemanden organisieren, der sich um die Angelegenheit kümmert, und zwar sofort. Denn die nehmen mich gerade in Sippenhaft und drohen mit Strafanzeigen.” (Zitat aus “Ein Schimmer von Glück” S.8ff) Das gefällt Mira gar nicht. Doch sie muss unbedingt raus aus Frankfurt. Um nicht mehr daran denken zu müssen, was gestern Abend passiert ist. Dafür ist ihr auch ein abgelegener Bauernhof in Mecklenburg recht. Und so überzeugt sie ihre Mutter statt einfach hier zu bleiben, direkt vor Ort nach dem Rechten zu sehen. “Was ist eigentlich los mit dir seit heute früh? Du kommst mir verändert vor.” “Nichts. Ich will einfach nur weg”, log ich mit gesenkten Lidern. In Wahrheit war meine gesamte Welt zerbrochen. An einem einzigen Abend hatte ich meine beste Freundin verloren und den Jungen, in den ich seit Monaten heimlich verliebt war, gleich mit dazu.” (Zitat S.11) Angekommen auf dem Bauernhof herrschen nicht nur üble Wetterbedingungen, sondern auch ein reges Tierchaos. Hühner, die nicht gefüttert wurden. Tiere, die schon zum Nachbarn gebracht wurden, damit sie versorgt werden. Und ein einsames, ziemlich krankes Pferd im Stall. Ein Pferd, das Mira seltsamerweise fasziniert: “Doch dann roch ich plötzlich etwas — und vor allem spürte ich etwas und es zog mich magisch in
das Innere des Schuppens. Hier drinnen wartete ein Wesen auf mich, groß und lebendig. Es atmete. Schwer, langsam, geplagt. Die Wärme seines Fells legte sich sanft auf meine nassen, kalten Wangen und für eine Sekunde glaubte ich, das Glitzern seiner Augen aus der Dunkelheit aufschimmern zu sehen.” (Zitat S.30). Und auch wenn niemand so recht daran glauben will, dass das Pferd jemals wieder gesund werden wird, so tut Mira dies und setzt alles in Bewegung, damit es Bonnie bald wieder besser gehen wird. Hilfe erhält sie auch von dem Nachbarsjungen Slawa…
“Ein Schimmer von Glück” wartet mit einem schönen Cover auf (bezieht sich auf die Hardcoverausgabe, siehe unten) — genau passend zur Zielgruppe des Buches: Junge Mädchen, die dabei sind erwachsen zu werden, Pferde und Romantik lieben und einfach gut unterhalten werden wollen. Denn genau das bietet dieser schöne Schmöker. Eine Protagonistin, in die man sich leicht hineinversetzen kann, mit der man mitfühlt und vor allem mitfiebert, wenn sie um Bonnies Leben kämpft und nichts unversucht lässt: “Daran dass mir meine beste Freundin in den Rücken gefallen war und mein Vater auf Nimmerwiedersehen abgehauen war, konnte ich nichts ändern. Sie hatten mich, ohne mit der Wimper zu zucken, im Stich gelassen. Doch ich würde nicht so sein. Ich hatte in Bonnies Augen gesehen, dass sie leben wollte, und als sie ihren Kopf in meinen Schoß gelegt hatte, hatte ich am ganzen Körper gespürt, dass sie mir vertraute. Warum auch immer! Ich würde sie nicht aufgeben. Nicht ohne einen Versuch, ihr Leben zu retten…” (Zitat S.36ff) Wird Mira es tatsächlich gelingen mit ihren Methoden Bonnie zu helfen? Oder wird am Ende alles umsonst sein? Diese Fragen ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch und erhalten die Spannung. Auch ein wenig Spiritualität ist in den Roman eingebaut, wenn Slawa von den Lakota-Indianern erzählt, denn bei denen gibt es ein sogenanntes “…Geheimnispferd, das nur einen einzigen Menschen hat, der es versteht und in ihm das sieht, was es in Wahrheit ist. Und irgendwann können diese Menschen auch sich selbst in ihrem Pferd erk
ennen.” (Zitat S.119) Doch “Ein Schimmer von Glück” ist neben einer (sehr zarten, äußerst reduzierten) Liebesgeschichte (“…ich stellte überrascht fest, dass ich seine tiefe, dunkle Stimme zu mögen begann.” (Zitat S.86)) auch die Geschichte einer zerbrochenen Freundschaft und der einer Familie. Was ist zwischen Mira und ihren Freunden Billie und Janis vorgefallen? Und was hat es mit der Vergangenheit ihres Vaters auf sich? Weshalb hat er den Bauernhof so überraschend verlassen und ein krankes Pferd, das er über alles geliebt hat, zurückgelassen? Bettina Belitz hat einen sehr angenehmen Schreibstil. Und okay, ein paar kitschige Momente gibt es, aber die verzeiht man ihr gerne, denn das Gesamtpaket, das passt. Das Ende ist dann richtig schön dramatisch.
Fazit: Eine schöne Mädchengeschichte und was zum Träumen!
Übrigens: die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten.
Wie bereits erwähnt, hat Bettina Belitz noch zwei andere Pferdebücher geschrieben, die beide komplett unabhängig voneinander zu lesen sind und unter anderem auch für Jungs geeignet sind: “Freihändig” und “Sturmsommer”. Dann kannst du noch ihre “Luzie & Leander”-Schutzengel-Reihe lesen, ihre bekannte “Splitterherz”-Reihe, mit der sie erfolgreich geworden ist. Eine großartige Liebesgeschichte ist “Vor uns die Nacht”. Sehr spannend fand ich auch “Linna singt”. Oder lies noch “Mit uns der Wind” und “Pantersommernächte”. Etwas aktueller ist noch ihre “Diamantkrieger-Saga”. Wenn du inhaltliche Alternativen zu “Ein Schimmer von Glück” suchst, dann könnte der erste Band der bekannte “Elena”-Reihe “Gegen alle Hindernisse” etwas für dich sein, in dem ein junges Mädchen sich heimlich eines verletzten Pferdes annimmt, an das auch niemand mehr glaubt. Toll fand ich auch “Nur dieser eine Sommer…” von Becky Citras und “Dark Horse Mountain” von Kyra Dittmann. Mehr über die Geschichten der Lakota-Indianer findest du in “Talitha Running Horse” von Antje Babendererde.
Bibliografische Angaben:Verlag: Carlsen ISBN: 978-3-551-31891-6 Erscheinungsdatum: 3.September 2020 Einbandart: Taschenbuch Preis: 7,99€ Seitenzahl: 288 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Original-Hardcover:
![]()
Kasimiras Bewertung:
(4 von 5 möglichen Punkten)