Ein total abgefahrenes, richtig cooles Buch hat der britische Autor Andy Mulligan geschrieben: “Der zweite Kopf des Richard Westlake” macht genau das zum Thema, was der Titel beeinhaltet. Eine fiktive Abnormalität, die den Alltag eines Jungen im wahrsten Sinne des Wortes völlig auf den Kopf stellt. Anders, faszinierend, nachdenklich machend. Zudem richtig spannend und flüssig zu lesen! Ideale Lektüre fur Jungs, die eigentlich nicht so gerne oder so viel lesen. Auch als Klassenlektüre oder für eine Buchverstellung sehr gut geeignet. Für Jugendliche ab 13 Jahren.
Richard Westlake ist 11 Jahre alt, als er eines Morgens einen seltsamen Kloß in seinem Hals fühlt. Außerdem hat er Fieber. Der Arzt vermutet zunächst noch eine Erkältung, bis er die seltsame Schwellung an seiner Luftröhre bemerkt. Richard bekommt auch schlecht Luft. Sofort und sicherheitshalber schickt der Arzt den Jungen ins Krankenhaus. Und tatsächlich, was in den darauffolgenden Stunden mit Richard geschieht, das geht über alles hinaus, was eine Erkältung für Symptome je mit sich bringen könnte: dem inzwischen bewusstlosen Jungen wächst ein zweiter Kopf! Die Eltern sind total geschockt, auch Richard selbst kann es nicht fassen. Was geschieht da mit ihm? Der neue Kopf kann denken, sprechen, ist Teil von ihm und hat doch einen ganz “eigenen Kopf”. Er nennt sich Rikki und ist gerade das Gegenteil vom dem ruhigen, vorbildlichen, stets höflichen Richard. Er sagt das, was er denkt. Er provoziert — sobald sie wieder zur Schule gehen — andere Mitschüler und hat ziemlich radikale Ansichten. Überall eckt Rikki an und verspürt eine regelrechte Wut auf das Leben. Bald hat Richard kaum mehr Freunde und dann gibt es da auch noch Dr. Warren, der ihm angebliche medizinische Hilfe verspricht, aber irgendwie auch nichts Gutes im Schilde zu führen scheint…
“Der zweite Kopf des Richard Westlake” ist aus der Sicht eines allwissenden Erzählers geschrieben und bietet daher einen idealen Überblick über sämtliche Charaktere. Das Cover ist sehr passend gewählt und wird überdeutlich klar, wenn man den Inhalt dazu kennt. Ein zentrales Thema des Romans ist die Verarbeitung von Trauer, die Richard seit einiger Zeit — auch wenn dies nur bruchstückhaft angedeutet wird — fest im Griff hat. Sein geliebter Großvater, in dessen Haus die Familie lebt und dem Richard sehr nahe stand, ist vor Kurzem gestorben. Der Junge war sogar dabei, als der alte Mann, mit dem er die Leidenschaft für Flugzeuge teilte, einen Herzinfarkt erlitt. Und seine Eltern sprechen nicht über den Verlust. Das Zimmer des Großvaters ist bereits einem Büro für den Vater gewichen. Und auch von Rikki hat man den Eindruck, dass er über die Geschehnisse, die den Verstorbenen betreffen, nicht sprechen will: “Ich werde alles auf den Müll werfen. Nichts von den Sachen ist irgendwas wert, Richard, und das genau ist es, was wir lernen müssen — sonst werden wir nicht überleben. Deshalb wurde ich geboren, mein Freund: um dich stark zu machen. […] Also los, wisch dir die Tränen ab. Und werd endlich erwachsen.” (Zitat aus “Der zweite Kopf des Richard Westlake”, Seite 81). Und doch hat man als Leser unweigerlich den Eindruck, dass gerade an der Auseinandersetzung mit diesem schweren Verlust kein Weg vorbeiführt.
Während im ersten Teil des Buches noch viel über den Alltag in der Schule, beim Fußballspielen und über Rikkis Frotzeleien berichtet wird, kommt im hinteren Teil der Geschichte richtig viel Spannung auf. Richard und Rikki geraten in die Fänge von Dr. Warren, der eigentlich nur einen riskanten Eingriff durchführen möchte, um die beiden voneinander zu trennen und Rikkis Gehirn unter die Lupe zu nehmen. Jede Menge Action und die Frage, wie das wohl ausgehen wird, lassen den Leser buchstäblich an den Seiten kleben. Und man wird diesen Roman so schnell nicht aus den Händen legen!
Die wohl beste Alternative zu “Der zweite Kopf des Richard Westlake” ist “Die Liga der 17: Unter Strom” von Richard Paul Evans. In diesem Spannungsroman hat die Hauptfigur ebenfalls eine seltsame körperliche Komponente: es fließt Strom durch seinen Körper und er kann Stromschläge verteilen. Gejagt wird er bald ebenfalls von einem Wissenschaftler, der sich seine Fähigkeit zu nutze machen will. Hier ist zwar nicht das Thema Trauer in dem Buch verarbeitet, sondern die Themen Mobbing und Anderssein durch das Tourette-Syndrom, unter dem der Protagonistin leidet. Es gibt dazu sogar noch eine Fortsetzung: “Die Liga der 17: Im Netz des Feindes”. Wenn dich Bücher interessieren, die ähnlich provokant sind, dann lies doch noch “Butter” von Erin Jade Lange oder “Die Liga der Guten” von Rüdiger Bertram.
Bibliografische Angaben:Verlag: Rowohlt ISBN: 978-3-499-21679-4 Erscheinungsdatum: 1.Oktober 2014 Einbandart: Taschenbuch Preis: 9,99€ Seitenzahl: 416 Übersetzer: Uwe-Michael Gutzschhahn Originaltitel: "The boy with two heads" Originalverlag: Random House Britisches Originalcover:
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Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 möglichen Punkten)
--------------------------------------------------------------------------------- Britisches Cover: Homepage von Random House
Fiktive Abnormalität meintest du, oder? Das macht mehr Sinn.
Stimmt, das klingt besser! Danke für den Tipp:-)