Andy Mulligan — Der zweite Kopf des Richard Westlake

Andy Mulligan Der zweite Kopf des Richard Westlake16.Dezember 2014

Ein total abge­fah­re­nes, rich­tig coo­les Buch hat der bri­ti­sche Autor Andy Mul­ligan geschrie­ben: “Der zwei­te Kopf des Richard West­la­ke” macht genau das zum The­ma, was der Titel beein­hal­tet. Eine fik­ti­ve Abnor­ma­li­tät, die den All­tag eines Jun­gen im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes völ­lig auf den Kopf stellt. Anders, fas­zi­nie­rend, nach­denk­lich machend. Zudem rich­tig span­nend und flüs­sig zu lesen! Idea­le Lek­tü­re fur Jungs, die eigent­lich nicht so ger­ne oder so viel lesen. Auch als Klas­sen­lek­tü­re oder für eine Buch­ver­stel­lung sehr gut geeig­net. Für Jugend­li­che ab 13 Jahren.

Richard West­la­ke ist 11 Jah­re alt, als er eines Mor­gens einen selt­sa­men Kloß in sei­nem Hals fühlt. Außer­dem hat er Fie­ber. Der Arzt ver­mu­tet zunächst noch eine Erkäl­tung, bis er die selt­sa­me Schwel­lung an sei­ner Luft­röh­re bemerkt. Richard bekommt auch schlecht Luft. Sofort und sicher­heits­hal­ber schickt der Arzt den Jun­gen ins Kran­ken­haus. Und tat­säch­lich, was in den dar­auf­fol­gen­den Stun­den mit Richard geschieht, das geht über alles hin­aus, was eine Erkäl­tung für Sym­pto­me je mit sich brin­gen könn­te: dem inzwi­schen bewusst­lo­sen Jun­gen wächst ein zwei­ter Kopf! Die Eltern sind total geschockt, auch Richard selbst kann es nicht fas­sen. Was geschieht da mit ihm? Der neue Kopf kann den­ken, spre­chen, ist Teil von ihm und hat doch einen ganz “eige­nen Kopf”. Er nennt sich Rik­ki und ist gera­de das Gegen­teil vom dem ruhi­gen, vor­bild­li­chen, stets höf­li­chen Richard. Er sagt das, was er denkt. Er pro­vo­ziert — sobald sie wie­der zur Schu­le gehen — ande­re Mit­schü­ler und hat ziem­lich radi­ka­le Ansich­ten. Über­all eckt Rik­ki an und ver­spürt eine regel­rech­te Wut auf das Leben. Bald hat Richard kaum mehr Freun­de und dann gibt es da auch noch Dr. War­ren, der ihm angeb­li­che medi­zi­ni­sche Hil­fe ver­spricht, aber irgend­wie auch nichts Gutes im Schil­de zu füh­ren scheint…

Der zwei­te Kopf des Richard West­la­ke” ist aus der Sicht eines all­wis­sen­den Erzäh­lers geschrie­ben und bie­tet daher einen idea­len Über­blick über sämt­li­che Cha­rak­te­re. Das Cover ist sehr pas­send gewählt und wird über­deut­lich klar, wenn man den Inhalt dazu kennt. Ein zen­tra­les The­ma des Romans ist die Ver­ar­bei­tung von Trau­er, die Richard seit eini­ger Zeit — auch wenn dies nur bruch­stück­haft ange­deu­tet wird — fest im Griff hat. Sein gelieb­ter Groß­va­ter, in des­sen Haus die Fami­lie lebt und dem Richard sehr nahe stand, ist vor Kur­zem gestor­ben. Der Jun­ge war sogar dabei, als der alte Mann, mit dem er die Lei­den­schaft für Flug­zeu­ge teil­te, einen Herz­in­farkt erlitt. Und sei­ne Eltern spre­chen nicht über den Ver­lust. Das Zim­mer des Groß­va­ters ist bereits einem Büro für den Vater gewi­chen. Und auch von Rik­ki hat man den Ein­druck, dass er über die Gescheh­nis­se, die den Ver­stor­be­nen betref­fen, nicht spre­chen will: “Ich wer­de alles auf den Müll wer­fen. Nichts von den Sachen ist irgend­was wert, Richard, und das genau ist es, was wir ler­nen müs­sen — sonst wer­den wir nicht über­le­ben. Des­halb wur­de ich gebo­ren, mein Freund: um dich stark zu machen. […] Also los, wisch dir die Trä­nen ab. Und werd end­lich erwach­sen.” (Zitat aus “Der zwei­te Kopf des Richard West­la­ke”, Sei­te 81). Und doch hat man als Leser unwei­ger­lich den Ein­druck, dass gera­de an der Aus­ein­an­der­set­zung mit die­sem schwe­ren Ver­lust kein Weg vor­bei­führt.
Wäh­rend im ers­ten Teil des Buches noch viel über den All­tag in der Schu­le, beim Fuß­ball­spie­len und über Rik­kis Frot­ze­lei­en berich­tet wird, kommt im hin­te­ren Teil der Geschich­te rich­tig viel Span­nung auf. Richard und Rik­ki gera­ten in die Fän­ge von Dr. War­ren, der eigent­lich nur einen ris­kan­ten Ein­griff durch­füh­ren möch­te, um die bei­den von­ein­an­der zu tren­nen und Rik­kis Gehirn unter die Lupe zu neh­men. Jede Men­ge Action und die Fra­ge, wie das wohl aus­ge­hen wird, las­sen den Leser buch­stäb­lich an den Sei­ten kle­ben. Und man wird die­sen Roman so schnell nicht aus den Hän­den legen!

LesealternativenDie wohl bes­te Alter­na­ti­ve zu “Der zwei­te Kopf des Richard West­la­ke” ist “Die Liga der 17: Unter Strom” von Richard Paul Evans. In die­sem Span­nungs­ro­man hat die Haupt­fi­gur eben­falls eine selt­sa­me kör­per­li­che Kom­po­nen­te: es fließt Strom durch sei­nen Kör­per und er kann Strom­schlä­ge ver­tei­len. Gejagt wird er bald eben­falls von einem Wis­sen­schaft­ler, der sich sei­ne Fähig­keit zu nut­ze machen will. Hier ist zwar nicht das The­ma Trau­er in dem Buch ver­ar­bei­tet, son­dern die The­men Mob­bing und Anders­sein durch das Tour­et­te-Syn­drom, unter dem der Prot­ago­nis­tin lei­det. Es gibt dazu sogar noch eine Fort­set­zung: “Die Liga der 17: Im Netz des Fein­des”. Wenn dich Bücher inter­es­sie­ren, die ähn­lich pro­vo­kant sind, dann lies doch noch But­ter” von Erin Jade Lan­ge oder Die Liga der Guten” von Rüdi­ger Bert­ram.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: Rowohlt
ISBN: 978-3-499-21679-4
Erscheinungsdatum: 1.Oktober 2014
Einbandart: Taschenbuch
Preis: 9,99€
Seitenzahl: 416
Übersetzer: Uwe-Michael Gutzschhahn
Originaltitel: "The boy with two heads"
Originalverlag: Random House

Britisches Originalcover:
Andy Mulligan Der zweite Kopf des Richard Westlake










Kasimiras Bewertung:

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(5 von 5 mög­li­chen Punkten)

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Britisches Cover: Homepage von Random House

2 Kommentare

  1. Ann-Kathrin

    Fik­ti­ve Abnor­ma­li­tät mein­test du, oder? Das macht mehr Sinn.

    Antworten
    1. Kasimira (Beitrag Autor)

      Stimmt, das klingt bes­ser! Dan­ke für den Tipp:-)

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