Andreas Thamm — Heldenhaft

Kasimira7.Februar 2019

Hel­den­haft” ist das ers­te Jugend­buch des deut­schen Autoren Andre­as Thamm. Ein Roman über einen ein­zig­ar­ti­gen Som­mer, über Freund­schaft und ers­te Lie­be. Erzählt aus der Sicht eines Jun­gen, des­sen Freund nach einem Jahr aus dem Gefäng­nis frei­kommt und des­sen Auf­tau­chen alles ver­än­dert. Eine Geschich­te über die Not Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men und neben­bei erwach­sen zu wer­den. Ein unter­halt­sam erzähl­tes Buch, eine lei­se Geschich­te, die laut ist zwi­schen den Zei­len und die Gedan­ken­welt eines Her­an­wach­sen­den authen­tisch wider­gibt. Für Jugend­li­che ab 14 Jah­ren und inter­es­sier­te Erwachsene.

Es ist Som­mer. In einer namen­lo­sen Klein­stadt. Die Feri­en ste­hen kurz bevor. Und da sind der 17-jäh­ri­ge Andre­as, genannt Andi, und sein bes­ter Freund Fer­di­nand, genannt Fer­di, die sich seit Grund­schul­zei­ten schon ken­nen. In der sieb­ten Klas­se waren sie dann zu dritt gewe­sen und Mitch, der sit­zen­ge­blie­ben war, stieß zu ihnen. Bes­te Freun­de. Mitch war cool. “Er war die muti­ge, wit­zi­ge Drauf­gän­ger­ver­si­on unse­rer eige­nen klei­nen Ichs.” (Zitat aus “Hel­den­haft” S.6) Zu Mitch, der zwei Jah­re älter ist, sahen Andi und Fer­di auf. Mit ihm konn­te man Blöd­sinn machen und Aben­teu­er erle­ben. Er kann­te die gan­zen abge­fah­re­nen OrteKasimira, an denen man sich her­um­trei­ben konn­te, die ver­las­se­nen Rui­nen oder die leer ste­hen­den Fabri­ken im Indus­trie­ge­biet. “Mitch war ein Proll, aber eben auch ein schlau­er Proll. Falls es so etwas gibt. Die Art von Typ, der mei­ner Mut­ter zwar ins Blu­men­beet pisst, sie dann aber “gnä­di­ge Frau” nennt, wenn er im Anschluss um Ver­zei­hung bit­tet.” (Zitat S.65) Manch­mal gab er mit sei­nen Schul­ver­wei­sen an oder ließ im Super­markt etwas mit­ge­hen. Aber er stand auch regel­mä­ßig für sei­ne Freun­de ein; droh­te ande­ren Prü­gel an, wenn sie sich über Fer­di lus­tig mach­ten. Doch Mitch hat gro­ße Schei­ße gebaut. Schwe­re Sach­be­schä­di­gung, schwe­re Kör­per­ver­let­zung. Ist im Gefäng­nis gelan­det. Auch Andi und Fer­di muss­ten damals gegen ihn aus­sa­gen. Sie haben nur die Wahr­heit gesagt — alles, was sie wuss­ten. Was im Grun­de nichts war. War­um er ein Schre­ber­gar­ten­haus ange­zün­det hat, in dem sich Men­schen befan­den, davon konn­ten sie nichts berich­ten. Aber dann auf der Geburts­tags­par­ty von Andis Schwes­ter ist Mitch auf ein­mal wie­der da. Und er for­dert einen Gefal­len von den bei­den Freun­den, zum Aus­gleich von damals. Bald über­schla­gen sich die Ereignisse…

KasimiraHel­den­haft” war­tet mit einem inter­es­san­ten Cover auf. Fun­kelnd, explo­siv und nur von kur­zer Dau­er. Eben­so wie der Som­mer, den die Haupt­per­son durch­lebt. Im ers­ten ein­lei­ten­den Kapi­tel, das die Über­schrift “Der Som­mer, als es pas­sier­te” trägt, gibt es einen kur­zen Über­riss über den Roman, über das, was den Leser erwar­ten wird, erzählt aus der Per­spek­ti­ve von Andi: ” Ich erin­ne­re mich nicht wegen des Wet­ters an die­sen Som­mer, son­dern weil es der Som­mer war, in dem alles pas­sier­te: Mitch kam zurück und wir wur­den kurz ein biss­chen kri­mi­nell. Lea und ich kamen uns näher, und ich nahm mir vor, sie zu ret­ten. Und Fer­di, na ja, Fer­di war auch am Start. Zum Glück, denn sonst wäre ich ja ganz allein gewe­sen mit dem gan­zen Mist.” (Zitat S.5) Es ist ein Som­mer, der alles ver­än­dern wird und der Andi, den durch­gän­gi­gen Ich-Erzäh­ler des Buches, für immer prä­gen wird. Und genau das ist es auch, was er zu Beginn bereits ver­rät: “Es war ein Som­mer, den ich nie ver­ges­sen wer­de. Das ist nur ein Aus­schnitt aus einem Leben. Ein Aus­schnitt, der wahr­schein­lich irgend­wie wich­tig ist, um zu ver­ste­hen, wer aus dem Andi von damals gewor­den ist und war­um.” (Zitat S.6) Die Spra­che des Romans ist sehr locker und ein­fach, teils auch sehr jugend­sprach­lich. Man kann sich gut hin­ein­ver­set­zen in Andi, in sei­ne KasimiraSchwär­me­rei für sei­ne Nach­ba­rin Lea, sei­ne Freund­schaft zu Fer­di, aber auch der zu Mitch, der den “gefähr­li­chen” Teil der Geschich­te dar­stellt. Das unbe­re­chen­ba­re, außer Kon­trol­le gera­ten­de Ele­ment des Buches. Denn was Mitch angeht, stellt sich schnell ein ungu­tes Gefühl ein, das so man­che Andeu­tun­gen des Ich-Erzäh­lers unter­mau­ern. Was genau ist damals pas­siert? Was hat Mitch zu sei­ner Straf­tat geführt? Und was wird jetzt pas­sie­ren, da er wie­der da ist? Die Rück­blen­den, die immer wie­der in das aktu­el­le Gesche­hen ein­ge­fügt wer­den, machen das Gan­ze inter­es­sant. Ich wür­de jetzt nicht behaup­ten, dass “Hel­den­haft” über eine beson­ders gro­ße Span­nungs­kur­ve ver­fügt, aber es ist den­noch unter­halt­sam geschrie­ben und irgend­wie möch­te man doch immer ger­ne wis­sen, wie es wei­ter­geht — zumal es immer wie­der Ereig­nis­se gibt, die zusam­men­hangs­los erwähnt wer­den und die man für den Ver­lauf der wei­te­ren Geschich­te noch nicht so recht ein­ord­nen kann, wie zum Bei­spiel das Schie­ßen auf Fische (wobei ich da auch gegen Ende nicht wirk­lich eine gro­ße Bedeu­tung für fin­den konn­te;-)). Zuwei­len schleicht sich auch ein phi­lo­so­phi­scher Unter­ton in den Roman: “Ich weiß, dass es meis­tens nicht stimmt, wenn Leu­te sagen, das ist mir so pas­siert. Sachen pas­sie­ren, weil Men­schen vor­her KasimiraEnt­schei­dun­gen tref­fen. Man­che Ent­schei­dun­gen sind schlau und ande­re dumm. So ein­fach ist das und des­we­gen ist alles so schwer.” (Zitat S.88) Denn im Grun­de stellt “Hel­den­haft” einen Schritt auf dem Weg zum Erwach­sen­wer­den dar. Einen Moment, in dem mora­li­sche Wei­chen gestellt und in dem ent­schie­den wer­den muss, wel­cher Weg genom­men wird. Wel­chen Wer­ten man treu bleibt und wel­che man ver­rät. Wenn man das Buch zu Ende gele­sen hat, bleibt jedoch irgend­wie das unschein­ba­re, zar­te Gefühl, dass so viel doch irgend­wie nicht pas­siert ist. Dass Hel­den­tum manch­mal doch auch nur im Klei­nen statt­fin­den kann.

Fazit: Ein tol­les Buch für Jungs, das durch sei­ne Authen­ti­zi­tät glänzt.

RomaLesealternativenne über das Erwach­sen­wer­den gibt es zahl­rei­che. Einen, den ich mir von der Stim­mung her als Alter­na­ti­ve zu “Hel­den­haft” sehr gut vor­stel­len könn­te, ist “Pond­e­ro­sa” von Micha­el Sie­ben. Rich­tig gut und ergrei­fend fand ich auch “Was wir nicht woll­ten” von Dani­el Höra, das sich zudem mit Schuld und Ver­ant­wor­tung aus­ein­an­der­setzt. Oder lies ein Buch eines wei­te­ren deut­schen Autoren: “Kein ein­zi­ges Wort” von Andre­as Jung­wirth, das Mut und Zivil­cou­ra­ge in den Vor­der­grund stellt und einen Jun­gen zeigt, der ler­nen muss sei­nen eige­nen Weg zu gehen.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: Magellan
ISBN: 978-3-7348-5035-6
Erscheinungsdatum: 16.Januar 2019
Einbandart: Hardcover
Preis: 17,00€ 
Seitenzahl: 256 
Übersetzer: -
Originaltitel: - 
Originalverlag: -
Originalcover: -

Kasimiras Bewertung:

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(4 von 5 mög­li­chen Punkten)

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