“Heldenhaft” ist das erste Jugendbuch des deutschen Autoren Andreas Thamm. Ein Roman über einen einzigartigen Sommer, über Freundschaft und erste Liebe. Erzählt aus der Sicht eines Jungen, dessen Freund nach einem Jahr aus dem Gefängnis freikommt und dessen Auftauchen alles verändert. Eine Geschichte über die Not Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und nebenbei erwachsen zu werden. Ein unterhaltsam erzähltes Buch, eine leise Geschichte, die laut ist zwischen den Zeilen und die Gedankenwelt eines Heranwachsenden authentisch widergibt. Für Jugendliche ab 14 Jahren und interessierte Erwachsene.
Es ist Sommer. In einer namenlosen Kleinstadt. Die Ferien stehen kurz bevor. Und da sind der 17-jährige Andreas, genannt Andi, und sein bester Freund Ferdinand, genannt Ferdi, die sich seit Grundschulzeiten schon kennen. In der siebten Klasse waren sie dann zu dritt gewesen und Mitch, der sitzengeblieben war, stieß zu ihnen. Beste Freunde. Mitch war cool. “Er war die mutige, witzige Draufgängerversion unserer eigenen kleinen Ichs.” (Zitat aus “Heldenhaft” S.6) Zu Mitch, der zwei Jahre älter ist, sahen Andi und Ferdi auf. Mit ihm konnte man Blödsinn machen und Abenteuer erleben. Er kannte die ganzen abgefahrenen Orte, an denen man sich herumtreiben konnte, die verlassenen Ruinen oder die leer stehenden Fabriken im Industriegebiet. “Mitch war ein Proll, aber eben auch ein schlauer Proll. Falls es so etwas gibt. Die Art von Typ, der meiner Mutter zwar ins Blumenbeet pisst, sie dann aber “gnädige Frau” nennt, wenn er im Anschluss um Verzeihung bittet.” (Zitat S.65) Manchmal gab er mit seinen Schulverweisen an oder ließ im Supermarkt etwas mitgehen. Aber er stand auch regelmäßig für seine Freunde ein; drohte anderen Prügel an, wenn sie sich über Ferdi lustig machten. Doch Mitch hat große Scheiße gebaut. Schwere Sachbeschädigung, schwere Körperverletzung. Ist im Gefängnis gelandet. Auch Andi und Ferdi mussten damals gegen ihn aussagen. Sie haben nur die Wahrheit gesagt — alles, was sie wussten. Was im Grunde nichts war. Warum er ein Schrebergartenhaus angezündet hat, in dem sich Menschen befanden, davon konnten sie nichts berichten. Aber dann auf der Geburtstagsparty von Andis Schwester ist Mitch auf einmal wieder da. Und er fordert einen Gefallen von den beiden Freunden, zum Ausgleich von damals. Bald überschlagen sich die Ereignisse…
“Heldenhaft” wartet mit einem interessanten Cover auf. Funkelnd, explosiv und nur von kurzer Dauer. Ebenso wie der Sommer, den die Hauptperson durchlebt. Im ersten einleitenden Kapitel, das die Überschrift “Der Sommer, als es passierte” trägt, gibt es einen kurzen Überriss über den Roman, über das, was den Leser erwarten wird, erzählt aus der Perspektive von Andi: ” Ich erinnere mich nicht wegen des Wetters an diesen Sommer, sondern weil es der Sommer war, in dem alles passierte: Mitch kam zurück und wir wurden kurz ein bisschen kriminell. Lea und ich kamen uns näher, und ich nahm mir vor, sie zu retten. Und Ferdi, na ja, Ferdi war auch am Start. Zum Glück, denn sonst wäre ich ja ganz allein gewesen mit dem ganzen Mist.” (Zitat S.5) Es ist ein Sommer, der alles verändern wird und der Andi, den durchgängigen Ich-Erzähler des Buches, für immer prägen wird. Und genau das ist es auch, was er zu Beginn bereits verrät: “Es war ein Sommer, den ich nie vergessen werde. Das ist nur ein Ausschnitt aus einem Leben. Ein Ausschnitt, der wahrscheinlich irgendwie wichtig ist, um zu verstehen, wer aus dem Andi von damals geworden ist und warum.” (Zitat S.6) Die Sprache des Romans ist sehr locker und einfach, teils auch sehr jugendsprachlich. Man kann sich gut hineinversetzen in Andi, in seine Schwärmerei für seine Nachbarin Lea, seine Freundschaft zu Ferdi, aber auch der zu Mitch, der den “gefährlichen” Teil der Geschichte darstellt. Das unberechenbare, außer Kontrolle geratende Element des Buches. Denn was Mitch angeht, stellt sich schnell ein ungutes Gefühl ein, das so manche Andeutungen des Ich-Erzählers untermauern. Was genau ist damals passiert? Was hat Mitch zu seiner Straftat geführt? Und was wird jetzt passieren, da er wieder da ist? Die Rückblenden, die immer wieder in das aktuelle Geschehen eingefügt werden, machen das Ganze interessant. Ich würde jetzt nicht behaupten, dass “Heldenhaft” über eine besonders große Spannungskurve verfügt, aber es ist dennoch unterhaltsam geschrieben und irgendwie möchte man doch immer gerne wissen, wie es weitergeht — zumal es immer wieder Ereignisse gibt, die zusammenhangslos erwähnt werden und die man für den Verlauf der weiteren Geschichte noch nicht so recht einordnen kann, wie zum Beispiel das Schießen auf Fische (wobei ich da auch gegen Ende nicht wirklich eine große Bedeutung für finden konnte;-)). Zuweilen schleicht sich auch ein philosophischer Unterton in den Roman: “Ich weiß, dass es meistens nicht stimmt, wenn Leute sagen, das ist mir so passiert. Sachen passieren, weil Menschen vorher Entscheidungen treffen. Manche Entscheidungen sind schlau und andere dumm. So einfach ist das und deswegen ist alles so schwer.” (Zitat S.88) Denn im Grunde stellt “Heldenhaft” einen Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden dar. Einen Moment, in dem moralische Weichen gestellt und in dem entschieden werden muss, welcher Weg genommen wird. Welchen Werten man treu bleibt und welche man verrät. Wenn man das Buch zu Ende gelesen hat, bleibt jedoch irgendwie das unscheinbare, zarte Gefühl, dass so viel doch irgendwie nicht passiert ist. Dass Heldentum manchmal doch auch nur im Kleinen stattfinden kann.
Fazit: Ein tolles Buch für Jungs, das durch seine Authentizität glänzt.
Romane über das Erwachsenwerden gibt es zahlreiche. Einen, den ich mir von der Stimmung her als Alternative zu “Heldenhaft” sehr gut vorstellen könnte, ist “Ponderosa” von Michael Sieben. Richtig gut und ergreifend fand ich auch “Was wir nicht wollten” von Daniel Höra, das sich zudem mit Schuld und Verantwortung auseinandersetzt. Oder lies ein Buch eines weiteren deutschen Autoren: “Kein einziges Wort” von Andreas Jungwirth, das Mut und Zivilcourage in den Vordergrund stellt und einen Jungen zeigt, der lernen muss seinen eigenen Weg zu gehen.
Bibliografische Angaben: Verlag: Magellan ISBN: 978-3-7348-5035-6 Erscheinungsdatum: 16.Januar 2019 Einbandart: Hardcover Preis: 17,00€ Seitenzahl: 256 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: -
Kasimiras Bewertung:
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