“Blossom” ist der Debütroman der deutschen Autorin Amelia Cadan und zugleich der erste Band einer Dilogie, kann aber auch komplett eigenständig gelesen werden. Ein romantischer Gentleman, dessen Herz gebrochen wurde, trifft auf eine taffe, eigensinnige Schönheit, die eine hohe Mauer um sich herum aufgebaut hat und normalerweise niemanden in ihre Karten schauen lässt. Eine Liebes — und Familiengeschichte, die durch Tiefgang, besondere Charaktere und große Gefühle glänzt. Ein Auftakt, der sich lohnt. Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.
Der 22-jährige Leith spielt Baseball und studiert Jura. Soll die Kanzlei seiner Familie eines Tages übernehmen. Doch ihn plagt Liebeskummer, seit seine langjährige Freundin mit ihm Schluss gemacht hat. “Wir waren seit dem ersten Semester zusammen. Seit über drei Jahren. Wir sind immer eines dieser College-Pärchen gewesen, die alles gemeinsam machen und nirgendwo ohne den anderen auftauchen.” (Zitat aus “Blossom” S.10) Als er die Theaterprobe zu “Romeo und Julia” heimlich beobachten will, um herauszufinden, was am neuen Freund seiner Ex so besonders sein soll, wird er von der eigenwilligen Jun, die die Hauptrolle der Julia spielt, erwischt. “Ihre Art frustriert mich, sie triggert irgendetwas in mir. Wie sie einen ansieht, als stehle man ihr das Sonnenlicht. Dass Schauspieler einen Hang zur Arroganz haben, ist ja nichts Neues — aber Jun Sakura verleiht dem Wort Arroganz definitiv eine neue Dimension.” (Zitat S.20) Sie hat kurz zuvor von ihrem Professor einen Tadel bekommen, weil sie diesem für die anstehende Gala noch immer keine Begleitperson genannt hat. Von den Schauspielern wird erwartet, dass sie den ganzen Abend nach der Aufführung auf der Gala bleiben. In einer Kurzschlussreaktion fragt Leith Jun, ob sie ihn begleiten will. Diese lehnt hochmütig ab. “Dass ich hingehen muss, bedeutet noch lange nicht, dass ich es mit einem eifersüchtigen, privilegierten Baseballspieler tun werde, der es nicht ertragen kann, dass seine Freundin mit ihm Schluss gemacht hat.” (Zitat S.21) Sie kann Leith nicht ausstehen, dessen Eltern Partner der Kanzlei ihres Stiefvaters Steven sind. Auch mit Letzterem kommt sie überhaupt nicht klar. Doch Steven will, dass ausgerechnet Jun ihn
auf die Gala begleitet. “Unsere Kanzlei hat einen beträchtlichen Betrag gespendet. Und da deine Mutter mich nicht wird begleiten können… wirst du es tun.” (Zitat S.28) Juns Mutter war früher ein berühmtes Model und ist tablettensüchtig geworden. “Ihre Augen sind ausdruckslos auf eine Weise, die ich niemals auf der Bühne spielen könnte. Weil darin nichts ist. Kein einziges Gefühl. Der Anblick friert mein Herz ein.” (Zitat S.23) Manchmal kann diese sich gar nicht um die achtjährigen Zwillinge kümmern, sodass Jun, die ihre Geschwister über alles liebt, sämtliche Dinge organisiert: “Denn wie oft bin ich diejenige, die sie morgens weckt, den Zwillingen Frühstück macht, Vanity die Haare kämmt und einen letzten Blick auf Nytes Hausaufgaben wirft — und sie anschließend in die Schule fährt? Wie oft rufen sie mich an, weil es nichts zu essen gibt und sie Mom nicht finden?” (Zitat S.26) Nun hat Steven sie wieder in einer Entzugsklinik geschickt. Aber auf die Gala will Jun ihn auf keinen Fall begleiten und lügt
, bereits mit Leith dorthin zu gehen. Muss ihn also wohl oder übel doch noch fragen. Bald darauf kommt Leith ihr unerwartet näher und erkennt, dass Jun einiges zu verbergen hat. “Sie spielt schon wieder eine Rolle. Die echte Jun hätte sich diese Blöße niemals gegeben. — Nur: Sie spielt sie verdammt gut.” (Zitat S.47) Er versucht hinter ihre Fassade zu schauen, aber das kann Jun auf keinen Fall zulassen…
Das Cover hat etwas Unscheinbares und zugleich etwas Schönes an sich. Der Roman wird sowohl aus Juns, als auch aus Leiths Sicht in der jeweiligen Ich-Perspektive erzählt. Die Charaktere sind sehr faszinierend gezeichnet, allen voran Jun, die sich stark und unverletzlich gibt: “Ich brauche keinen Ritter in schimmernder Rüstung.” (Zitat S.39), was auch Leith sofort klar ist. Dennoch wird ihm rasch bewusst, dass sich mehr verbirgt hinter ihren hohen Mauern: “Vin hatte Recht. Diese Frau ist ein Eiszapfen. Trotzdem… Ich frage mich, was sich hinter den Kulissen ihrer Familie abspielt. Carmichael ist ein netter Typ, der seine Frau und die Kinder auf Händen trägt. Oder zumindest die Zwillinge.” (Zitat S.49) Juns Mutter wirkt durchgehend leider etwas blass und allzu viel Raum nimmt sie in “Blossom” nicht ein. Dafür geht eine immer stärker werdende Bedrohung von Juns Stiefvater Steven aus. “Steven […] ist ein Monster, das meiner Mutter die Seele ausgesaugt hat, bis nichts mehr von ihr übrig geblieben ist als diese Hülle, die zwei Schritte von mir entfernt auf dem Sessel hockt und ins Leere starrt.” (Zitat S.23) Das Verhältnis zwischen Steven und Jun kann man als Leser erst allmählich ergründen. Weiß nicht genau, was sich hinter dieser Beziehung verbirgt. “Seine Worte treffen mich. Jedes einzelne findet sein Ziel und hinterlässt Schmerzen, die mich noch tagelang verfolgen werden. […] “Was willst du?”, frage ich tonlos. Denn er will immer etwas. Immer, wen er meine Mutter zu Scherben zertritt, will er
etwas. Von mir.” (Zitat S.24) Die daraufhin sich ergebende Thematik wird sehr behutsam und ohne zu detailliert zu sein geschildert. Die Liebesgeschichte bewegt sich zwischen erotischen Momenten, langsam einstürzenden Mauern und viel Emotionalität. Denn Gefühle in Worte zu fassen, das gelingt Amelia Caden zweifellos sehr gut: “Ich balle die Hände zu Fäusten und spüre Verzweiflung in mir aufwallen. Aber ich ringe sie nieder. Wut ist das Einzige, was ich gebrauchen kann. Alle andere — Hoffnungslosigkeit, Trauer, Verzweiflung, Verbitterung, Angst und Panik — sind Gefühle, die ich mir nicht leisten kann.” (Zitat S.23) Das Ende ist sehr bewegend und Mut machend, wenn auch fast etwas überstürzt. Eine Triggerwarnung zu Beginn des Buches und ein Anhang mit weiterführenden (Hilfs-)Informationen wären jedoch noch ganz nützlich gewesen.
Wenn dir “Blossom” gefallen hat, dann freu dich auf den zweiten Teil der Dilogie: “Blush”, der Ende Juli 2022 erscheinen wird. Sehr gute Lesealternativen, an die ich beim Lesen sofort denken musste, sind “Jetzt ist alles, was wir haben” von Amy Giles, das sich wirklich lohnt und “You are (not) safe here” von Kyrie McCauley. Ein zusätzlicher Geheimtipp ist “In deinem Licht und deinem Schatten” von Louisa Reid. Gut könnte ich mir auch “Nur noch ein einziges Mal” von Colleen Hoover und “Everything we feel” von Sarah Alderson vorstellen.
Bibliografische Angaben:Verlag: cbj ISBN: 978-3-570-16642-0 Erscheinungsdatum: 21.März 2022 Einbandart: Broschur Preis: 13,00€ Seitenzahl: 400 Übersetzer: - Originaltitel: - Originalverlag: - Originalcover: - Trailer zum Buch:
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