“Eine Leiche zum Tee” von der deutschen Autorin Alexandra Fischer-Hunold lässt ein junges Mädchen, die neben ihrem Schwarm eigentlich nur Kuchen und Torten backen im Kopf hat, in einem kleinen beschaulichen, englischen Dorf auf einen Mordfall stoßen! In bester Miss Marple Manier versucht sie diesen zu lösen. Mit britischer, bezaubernd humorvoller Note liefert dieses Buch für Jugendliche ab 11 Jahren eine schöne Unterhaltung. Und für interessierte Erwachsene, die für einen Kriminalfall zum Tee immer noch nicht zu alt sind;-)
Die 13-jährige Amy lebt nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Großtante Clarissa. Sie ist eher etwas unscheinbar und schüchtern. Liebt Liebesromane und backt unheimlich gerne. Letzteres kommt vor allem ihrer Tante zugute, die nach ihrer Pensionierung (sie war vorher Lehrerin & Direktorin an einer Grundschule) einen kleinen Tearoom eröffnet hat. Amy, die zugleich Hundebesitzerin eines kleinen Terriers ist, schwärmt seit einiger Zeit für Finn, einen Jungen aus ihrer Schule. Sie hat sich sogar, um ihm in ihrer Freizeit näher zu sein, bei der unbeliebten, grantigen Rubinia Redcliff angemeldet, einer berühmten Pianistin, die seit ihrer Rheumaerkrankung nur noch vereinzelt Konzerte gibt und Klavierunterricht erteilt: “Was das Klavierspielen angeht, bin ich ziemlich talentbefreit. Aber die Chance, die gleiche Luft zu atmen, die Finn vor mir geatmet hatte, war es wert, sich zu schinden. Das und die Gewissheit, einmal in der Woche in seine kristallblauen Augen blicken zu dürfen und ihm ein leises “Hallo!” entgegenzuseufzen, bevor er einen seiner Lieblingskekse aus seinem Rucksack kramte und sich auf sein schwarzes Bike schwang.” (Zitat S.6) Finn ist äußerst begabt, erhofft sich sogar von seiner Klavierlehrerin eine Empfehlung für eine Musikhochschule. Und nun möchte Amy — anlässlich der Fünfhundertjahrfeier ihres Dorfes — es endlich wagen, Finn anzusprechen! Doch dann überschlagen sich plötzlich die Ereignisse. “In unserem beschaulichen, verschlafenen Dörfchen Ashford-on-Sea an der Südwestküste Englands war tatsächlich ein Mord begangen worden. Der erste seit über achtzig Jahren. Schauerhaft! Aber noch viel schlimmer als der Mord war die Tatsache, dass der Mörder einer von uns sein musste.” (Zitat S.5) Es ist ausgerechnet Rubinia Redcliff, die “Schreckschraube und eine gefühlskalte Eiskönigin” (Zitat S.6), die man tot aufgefunden hat. Der Sergeant geht von einem Unfall aus. Rubinia Redcliff litt an einer
Nussallergie, von der sie auch ständig jedem erzählte. Gestorben ist sie laut Obduktion an einem anaphylaktischen Schock. Man fand eine Packung Kekse am Tatort. Doch Tante Clarissa geht von etwas anderem aus. Von einem Mord. Sie, die heimliche “Miss Marple” von Ashford-on-Sea. “Niemand ging zu unserem brummigen Dorf-Sergeant Oliver Oaks. Brauchte jemand kriminalistische Hilfe oder einen Rat, suchte er ihn bei meiner Großtante.” (Zitat S.9) Unfreiwillig findet Amy heraus, dass neben vielen anderen Personen des Ortes, die Rubinia Redclif gehasst haben, auch ausgerechnet Finn ein Motiv gehabt hat, die Klavierlehrerin zur Strecke zu bringen. Was, wenn ihre Tante ihren Schwarm verdächtigen wird? Das darf auf keinen Fall passieren. Und so muss Amy, die eigentlich eher Expertin in Sachen Liebesromanen ist, plötzlich in die Fußstapfen ihrer Tante treten und seine Unschuld beweisen…
Das Cover von “Eine Leiche zum Tee” wirkt sehr passend. Nur beim näheren Betrachten macht der schwarze Hintergrund des kleinen Dorfes etwas unschlüssig. Soll das Schwarze die Silhouette eines Kopfes darstellen? Unten wirkt das Schmale wie ein Hals, aber die Form eines Gesichts von der Seite passt nicht so ganz… mhm. Schön gemacht ist auf jeden Fall die Zeichnung im Innenteil, die man sowohl vorne als auch hinten findet, und das fiktive Ashford-on-Sea mit den wichtigsten Bauwerken zeigt. Der Einstieg in die Geschichte, die durchgängig aus Amys Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben ist, hat mir sehr gut gefallen. Diese britische Lebensart, die dörfliche Idylle des kleinen Ortes und vor allem Tante Clarissa mit ihrem Tearoom. Da läuft einem buchstäblich das Wasser im Munde zusammen, wenn allerlei Törtchen und anderes Gebäck aufgezählt werden… Auch Amy ist eine sehr sympathische Persönlichkeit, die allmählich aus ihren Schneckenhäuschen herauskommen muss: “Ich hasse es aufzufallen. Ich ziehe das Gleiche an wie alle anderen, trage meine Haare wie alle anderen und finde das Gleiche gut wie alle anderen. Denn so halte ich mich unauffällig im Hintergrund. Darin bin ich gut. So gut, dass ich es beinah schaffe, mit der Tapete, der Schultafel oder der Wand in meinem Rücken zu verschmelzen. Einen Jungen anzusprechen, war für mich so etwas wie mein
persönlicher Mount Everest.” (Zitat S.12) Manchmal wirkt Amy etwas sehr quirlig, aber auf angenehme Art und Weise. Der Roman ist recht turbulent erzählt. Er glänzt jetzt nicht durch die größten Spannungsbögen (die Tätersuche ist ein bisschen wie ein Abklappern von einzelnen Figuren), ist aber eigentlich immer sehr unterhaltsam. Schön ist vor allem der humorvolle Unterton, der sich durch die Geschichte zieht. Mit viel Ironie begleitet man die Protagonistin auf ihrem Weg den wahren Mörder zu finden. Eine kleine Liebesgeschichte ist natürlich auch mit dabei;-)
Dir gefällt der Erzählstil von Alexandra Fischer-Hunold? Die Autorin hat unzählige Bücher geschrieben, hauptsächlich Erstlesetitel. Eine Spannungsreihe für Kinder ab 8 Jahren von ihr ist zum Beispiel die “Sherlock von Schlotterfels”-Serie. Auch hat sie einige Titel für die Reihe “Tatort Erde” geschrieben, die schon ab 10 Jahren zu lesen sind. Zum Beispiel “Koalas spurlos verschwunden. Ein Ratekrimi aus Australien” und “Zum Dinner ohne Alibi. Ein Ratekrimi aus England”. Noch mehr Überblick über ihre zahlreichen Veröffentlichungen findest du hier. Eine gute inhaltliche Alternative ist auf jeden Fall die Neuerscheinung “Ellingham Academy: Was geschah mit Alice?” von Maureen Johnson, das mir sehr gut gefallen hat! Toll ist ebenso die gewiefte Ermittlerin Ruby Redfort, die wirklich richtig cool ist und bereits in Serie gegangen ist: “Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold” (Band 1), “Ruby Redfort: Kälter als das Meer” (Band 2), “Ruby Redfort: Schneller als Feuer” (Band 3), “Ruby Redfort: Dunkler als die Nacht” (Band 4), “Ruby Redfort: Giftiger als Schlangen” (Band 5) und “Ruby Redfort: Tödlicher als Verrat” (Band 6). Oder lies die “Ein Fall für Wells & Wong”-Reihe von Robin Stevens: “Mord ist nichts für junge Damen” (Band 1), “Teestunde mit Todesfall” (Band 2), “Mord erster Klasse” (Band 3), “Feuerwerk mit Todesfolge” (Band 4) und “Mord unterm Mistelzweig” (Band 5). Zwei weitere Neuerscheinungen dieses Jahr in guter Miss Marple/Sherlock Holmes-Manier sind “Agatha Oddly — Das Verbrechen wartet nicht” von Lena Jones und “Der Fall des verschwundenen Lords: Ein Enola-Holmes-Krimi” von Nancy Springer.
Bibliografische Angaben:Verlag: Ueberreuter ISBN: 978-3-7641-7082-0 Erscheinungsdatum: 15.Februar 2019 Einbandart: Hardcover Preis: 14,95€ Seitenzahl: 320 Übersetzer: Originaltitel: Originalverlag:
Kasimiras Bewertung:
(4 von 5 möglichen Punkten)
Wrer ist der Mörder in eine Leiche zum Tee
Das Ende kann ich leider nicht verraten;-) Das Lesen an sich ist ja das Vergnügen, nicht es vorher schon zu wissen…