“Wunderworte” von der amerikanischen Autorin Abby Cooper ist ein Roman über ein Mädchen mit einer außergewöhnlichen Krankheit. Worte, die man über sie sagt, erscheinen auf ihren Armen und Beinen. Eine berührende Geschichte über das Erwachsenwerden, über Freundschaft, Mut und Selbstvertrauen. Ein Buch, das buchstäblich unter die Haut geht! Bezaubernd und sehr angenehm erzählt. Für Kinder ab 10 bis 12 Jahren und interessierte Erwachsene.
Die 12-jährige Elyse ist ein ganz besonderes Mädchen. Schon kurz nach ihrer Geburt, als der Arzt sie als “wunderschön” bezeichnete, wurde dies offensichtlich, als genau jenes Wort plötzlich auf ihrer Haut erschien. Dies geschah mit allen Wörtern, mit denen sie jemand beschrieb. Sie tauchten auf ihren Armen oder Beinen auf. Eine sehr seltene Krankheit, wie ein Facharzt bald darauf feststellte, die den Namen CAV trägt, was die Abkürzung für Cognadijvisibilitis ist. “CAV bedeutete juckende schlimme Worte und beruhigende gute Worte. Es bedeutete, dass ich aufpassen musste, mit wem ich meine Zeit verbrachte, damit ich mehr Gutes als Schlechtes zu hören bekam. Es bedeutete, immer darauf zu achten, wie andere über mich sprachen.” (Zitat S.26) Denn all die negativen Dinge, die jemand zu Elyse sagt, bleiben zwei bis vier Wochen auf ihrer Haut und jucken unaufhörlich, bis sie schließlich wieder verschwinden. Deshalb wurden alle anderen Kinder im Kindergarten und auch in der Grundschule von Dr. Patel — Elyses behandelndem Arzt — zuvor auch darüber ausführlich informiert. “Die Kinder auf meiner Schule wussten, das sie keine schlimmen Sachen zu mir sagen durften, aber die aus anderen Schulen kannten mich ja nicht. Immer, wenn ich auf fremde Leute traf […], war jemand bei mir. Eine Freundin, Mom, Dad. Irgendwer. Und die schauten dann die Fremden ganz böse an, und wenn es aussah, als würde jemand gleich was Böses sagen, hielten sie mir schnell die Ohren zu.” (Zitat S.37) Doch jetzt kommt Elyse auf die Middle School und eigentlich möchte sie nicht, dass Dr. Patel schon wieder ihre Krankheitsgeschichte erzählt. Sie hat ja auch Jeg, ihre beste Freundin, die schon seit dem Kindergarten wie ein Bodyguard auf sie achtgibt. Aber seltsamerweise scheint die auf einmal sehr viel Zeit mit Läster-Ami zu verbringen, der Oberzicke der Klasse. Sie schminkt sich seit Neuestem auch und hat sogar auf Anraten der neuen Freundin ihre Frisur
verändert. Und Läster-Ami kann Elyse scheinbar gar nicht ausstehen… Doch zum Glück gibt es da noch den mysteriösen Briefeschreiber, der Elyse seit einiger Zeit blaue, klein zusammengefaltete Briefe zukommen lässt und ihr seine anonyme Hilfe anbietet. Der ihr Tipps gibt, um mutig zu sein und aus sich herauszukommen. Wer ist der Unbekannte? Elyse will das auf jeden Fall herausfinden…
Abby Cooper hat mit Elyses mysteriösen Krankheit eine wirklich schöne Grundidee für einen Roman entwickelt. Denn sie macht auf geschickte Art und Weise deutlich, welch große Macht Worte haben können. Dies hat auch Elyse schnell erkannt: “Manche Leute glauben, ein einzelnes Wort könne nicht viel bewirken. Da liegen sie falsch.” (Zitat S.7) Vor allem verletzende Worte schmerzen sie nicht nur innerlich, sondern auch erkennbar auf ihrem Körper, und sie jucken ganz furchtbar. Die Autorin macht somit auf ein wichtiges Thema auf sensible Weise aufmerksam: Wie verhalte ich mich meinen Mitmenschen gegenüber? Wähle ich manche leicht gesagten Worte über andere vielleicht in Zukunft mit mehr Bedacht? Aber auch: was denke ich über mich selbst? Denn — jetzt wo Elyse älter geworden ist und sich selbstreflektierender verhält — tauchen auf einmal nicht nur die Worte, die andere über sie denken, auf ihren Armen und Beinen auf, sondern auch jene, die sie über sich selbst denkt. Der Roman, der durchgehend aus ihrer Sicht in der Ich-Perspektive erzählt wird und sämtliche Wörter, die auf ihrer Haut erscheinen in einem größeren Schriftbild abgedruckt zeigt, besticht durch eine sehr angenehme und flüssige Erzählweise. Eine Geschichte, die Spaß macht zu lesen und jede Menge kluge, unaufdringliche Weisheiten bereithält: Du bist okay, so wie du bist. Auch wenn andere von dir manchmal etwas Schlechtes denken, darfst du dich trotzdem in Ordnung fühlen. Und du musst auch nicht auf jede Meinung hören. Tolle Botschaften, eine sympathische Protagonistin, ein schönes Happyend — was will man mehr?;-)
Fazit: Äußerst lesenswert!
Eine sehr gute Alternative zu “Wunderworte” ist “Wunder” von Raquel J. Palacio. Ein Mädchen, das geheime Nachrichten eines Unbekannten erhält, der es gut mit ihr meint, findest du in “Absender: Glück” von Julie Buxbaum. Eine schöne Freundschaftsgeschichte ist auch “Papierfliegerworte” von Dawn O’Porter. Oder lies das Gute-Laune-Buch “Das Blubbern von Glück” von Barry Jonsberg. Sehr gelungen fand ich ebenso “Wohin meine Flossen mich tragen” von Kate Gordon (Mut zu haben auch mal gegen den Strom zu schwimmen) und “Mut ist der Anfang vom Glück” von Heike Karen Gürtler (Mut zu haben zu sich selbst zu stehen).
Bibliografische Angaben:Verlag: Dressler ISBN: 978-3-7915-0039-3 Erscheinungsdatum: 20.März 2017 Einbandart: Hardcover Preis: 16,99€ Seitenzahl: 304 Übersetzer: André Mumot Originaltitel: "Sticks & Stones" Originalverlag: Square Fish Books Amerikanisches Originalcover:
Kasimiras Bewertung:
(5 von 5 möglichen Punkten)
------------------------------------------ Amerikanisches Cover: Homepage von Abby Cooper Abbildungen: Abfotografiert von Cover