Margit Ruile — Dark Noise

Margit Ruile - Dark Noise13.September 2018

Die deut­sche Autorin Mar­git Rui­le hat mit “Dark Noi­se” einen Thril­ler geschrie­ben, der es in sich hat! Eine Geschich­te über tota­le Über­wa­chung, die unge­heu­er­li­chen Mög­lich­kei­ten der Bild­re­tu­sche und eine geheim­nis­vol­le Unter­grund­grup­pe. Brand­ak­tu­ell und unter­halt­sam. Ein Buch, das nach­denk­lich macht. Jetzt neu als Taschen­buch erschie­nen. Beson­ders gut geeig­net für Jungs ab 14 Jah­ren und Erwachsene.

Zafer führt ein Leben in Abge­schie­den­heit. Er arbei­tet als Bild­re­tu­scheur und ver­lässt sei­ne Woh­nung nur dann, wenn es unbe­dingt sein muss. Er mag kei­ne Leu­te um sich her­um und erhält nur ab und zu Besuch von sei­ner klei­nen Schwes­ter. “Er hass­te die Stra­ßen mit den vie­len Men­schen, die U‑Bahnen, das Gedrän­gel. So vie­le Details, so vie­le Klei­nig­kei­ten. Ohren, Augen, Kör­per, Bewe­gun­gen, Haa­re. Per­fekt erschaf­fen. […] Manch­mal ertapp­te er sich dabei, dass er sich wünsch­te, die Sze­ne in der U‑Bahn anzu­hal­ten, um sie sich etwas genau­er anzu­se­hen.” (Zitat aus “Dark Noi­se” S.9) Sein Com­pu­ter, sein Bild­be­ar­bei­tungs­pro­gramm — das ist sei­ne Welt. Sein Reich, in dem er sich wohl fühlt und in dem er krea­tiv sein kann: “Nur vor sei­nem Rech­ner war er sicher. Hier konn­te er alles tun, die Zeit ver­lang­sa­men, sich in ihr vor und zurück bewe­gen, und vor allem konn­te er Margit Ruile Dark Noiseden Rech­ner in den Ruhe­zu­stand ver­set­zen, wann immer er woll­te.” (Zitat S.10) Da Zafer sei­ne Auf­trä­ge zuge­mailt bekommt, kann er völ­lig eigen­stän­dig und in sei­nen eige­nen vier Wän­den unge­stört arbei­ten. Er muss Film­se­quen­zen einer mit­tel­klas­si­gen Soap retu­schie­ren. Mikro­fo­ne ver­schwin­den las­sen und Schleich­wer­be-Arti­kel unkennt­lich machen. Bis er plötz­lich einen Auf­trag eines ihm unbe­kann­ten Absen­ders erhält: er soll einen Mann von den Bil­dern einer Über­wa­chungs­ka­me­ra aus einem Hotel­flur ver­schwin­den las­sen. Für Zafer kein Pro­blem. Die Ent­loh­nung ist unge­wohnt hoch und sein nächs­ter Auf­trag des sel­ben Unbe­kann­ten folgt prompt: Einen ande­ren Mann in einem Park­haus auf­tau­chen las­sen, obwohl er dort gar nicht war? Nichts leich­ter als das… Doch dann wird Zafer klar, dass er mit­ten in einen Mord­fall hin­ein­ge­ra­ten ist. Ein Jour­na­list wur­de getö­tet und der Haupt­ver­däch­ti­ge ist aus­ge­rech­net der Mann, der doch nie­mals in dem Park­haus gewe­sen ist…

Dark Noi­se” ent­hält packen­de The­ma­ti­ken und inter­es­san­te Cha­rak­te­re. Beson­ders Zafer, aus des­sen Haupt­au­gen­merk die Geschich­te erzählt wird, stellt zusam­men mit sei­ner Tätig­keit eine fas­zi­nie­ren­de Figur dar: “Ja, es gab die in der Son­ne, zu denen Margit Ruile Dark Noisealle auf­sa­hen, aber es gab auch die im Schat­ten, die unbe­merkt neue Wel­ten schu­fen. Und er war einer von ihnen. Er war der Schöp­fer, ein klei­ner Gott an sei­nem Rech­ner, der die Geschi­cke der ande­ren lenk­te, ganz allein, hier aus der Dun­kel­heit her­aus. Er konn­te eine Figur ver­schwin­den las­sen, so als wäre sie nie da gewe­sen.” (Zitat S.52) Die­se Arbeit zu ver­fol­gen, die­se “Magie” mit­zu­er­le­ben, wie er die Film­se­quen­zen bear­bei­tet, liest sich sehr span­nend. Dass Mar­git Rui­le aus der Film­bran­che kommt und unter ande­rem als Dreh­buch­lek­to­rin gear­bei­tet hat, merkt man dem Erzähl­ton des Buches auch an. Wie sie in Sze­nen förm­lich “hin­ein­zoomt”, bei­spiels­wei­se an Zafers Woh­nung zu Beginn des Buches. Die Spra­che ist ange­nehm, manch­mal sogar recht kunst­voll. Was mir zuwei­len etwas selt­sam vor­kam, war die außer­ge­wöhn­li­che Erzähl­per­spek­ti­ve: “Ich fan­ge nicht mit mir an. Das kann ich nicht. Denn die­ses Ich, das ich jetzt bin, wun­dert sich über die Figur, die sie war. Die bei­den sind nicht deckungs­gleich. Ich dre­he mich um und schaue zurück auf jeman­den, den ich gut ken­ne. Sehr gut ken­ne. Nen­nen wir ihn — Zafer. Zafer wohnt also in einer Stadt, die ich Margit Ruile Dark Noisenicht ver­ra­te…” (Zitat S.7) Zwi­schen­durch gibt es immer wie­der kur­ze Ein­schü­be einer “Ich”-Perspektive, die dann in die per­so­na­le Erzähl­sicht, in Zafers Blick­win­keln, wie­der hin­ein­wech­selt. Das wirkt zum Teil etwas ver­wir­rend und befremd­lich: “Zafer, mein Zafer, geis­tert noch durch das Nichts. Aber hier läuft er schon über die Brü­cke in sein neu­es Leben und ich fan­ge an, die Sze­ne­rie zu bevöl­kern. Mit Din­gen. mit Men­schen. Sta­tis­ten und Requi­si­ten. Din­ge, an denen Zafer jetzt vor­bei­geht…” (Zitat S.18) Ab einem Vier­tel des Romans taucht dann eine neue Figur auf: eine jun­ge Stra­ßen­künst­le­rin namens Emi­ly, der Zafer eines Tages begeg­net und die ihn sofort fas­zi­niert. Somit ist auch eine uner­war­te­te, klei­ne Lie­bes­ge­schich­te in das Buch mit ein­ge­bun­den. Der Titel ist gut gewählt und erklärt sich das ers­te Mal an fol­gen­der Stel­le: “Dark Noi­se” : “Dun­kel­strom”, las er. “Ein gerin­ges, durch Wär­me ent­stan­de­nes Rau­schen auf digi­ta­len Bil­dern.” (Zitat S.31) Ist jedoch auch der Name jener geheim­nis­vol­len Unter­grund­grup­pe, der Emi­ly ange­hört und die in dem Thril­ler eine gro­ße Rol­le spielt. Das Ende ist packend, aber lei­der für mich noch in eini­gen Din­gen (vor allem den Moti­ven der Per­so­nen) etwas ungeklärt.

Wenn dir “Dark Noi­se” gLesealternativenefal­len hat, kannst du auch noch die Vor­ge­schich­te zu dem Buch lesen, die es als E‑S­hort-Book zu kau­fen gibt: “Dark Noi­se: Argos sieht alles” oder ein wei­te­res Buch von Mar­git Rui­le namens “Dele­ted: Traue nie­man­dem”. Noch neu­er von ihr ist “God’s Kit­chen”, das Anfang des Jah­res erschie­nen ist. Wenn du Thril­ler magst, die aktu­el­le, bri­san­te The­men behan­deln, dann lies auf jeden Fall noch etwas von der Erfolgs­au­torin Ursu­la Pozn­an­ski, wie zum Bei­spiel Ere­bos”, Ela­nus”, “Lay­ers” oder das gan­ze neue “Tha­la­mus”. Das The­ma Über­wa­chung fin­dest du eben­so in Litt­le Brot­her” und “Litt­le Brot­her: Home­land” von Cory Doc­to­row, der all­ge­mein sehr viel über Gamer, Hacken, Inter­net­kri­mi­na­li­tät schreibt. Oder lies “Sta­te of Ter­ror” von Sam Mills aus der Rei­he “21st Cen­tu­ry Thrill”.

Bibliografische Angaben:
Schilder was wo wer wannVerlag: Loewe
ISBN: 978-3-7432-0237-5
Erscheinungsdatum: 17.September 2018
Einbandart: Taschenbuch
Preis: 9,95€ 
Seitenzahl: 288 
Übersetzer: -
Originaltitel: - 
Originalverlag: -
Originalcover: -

Kasimiras Bewertung:

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(3,5 von 5 mög­li­chen Punkten)

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